Telematik im Verkehr

Viele nützliche Daten

d'Lëtzebuerger Land vom 31.01.2014

Wer in letzter Zeit in einem RGTR-Überlandbus unterwegs war, hat sie vermutlich schon entdeckt: die Bildschirme, auf denen eine Reklame-Diashow für M-Live abgespielt wird. So heißt das Telematik-Vorhaben des Verkéiersverbond, das dem öffentlichen Transport einen gehörigen Qualitätsschub verpassen soll. Bis Jahresende erhält jeder der rund tausend RGTR-Busse, aber auch jeder CFL-Bus und jeder Tice-Bus Bildschirme, auf denen die Haltestellenfolge angegegeben und in Echtzeit die zu jedem Halt noch verbleibende Fahrzeit angezeigt wird. Die Busfahrer-Cockpits werden mit einem Touchscreen ausgerüstet, über den der Fahrer mit einer Leitzentrale kommuniziert, die ihn durch den Verkehr lotst. An ausgewählten Haltestellen werden Echtzeit-Anzeigetafeln in Betrieb gehen. Ähnlich wie das in Luxemburg-Stadt für den örtlichen Busbetrieb schon seit zwei Jahren funktioniert, werden sie nicht nur darüber informieren, welcher Bus demnächst laut Fahrplan ankommt, sondern wann tatsächlich mit ihm zu rechnen ist.

M-Live wird aber nicht nur die Information der Fahrgäste verbessern und per GPS ein besseres Dispatching der Busse ermöglichen. Das im Hintergrund arbeitende Leitsystem, das der Staat sich 23 Millionen Euro kosten lässt, wird neue Verkehrsdaten generieren. Parallel dazu bereiten die CFL eine Telematik für ihre Züge vor. Wann sie installiert sein wird, kann die Bahn noch nicht sagen, aber abgesehen vom verbesserten Dirigieren der Züge soll auch diese Technik, die den schönen Namen Aramis trägt, den Passagieren in Zügen und auf Bahnhöfen Echtzeitinformationen liefern. Da stellt sich die Frage, wie man all die neuen Daten mit den schon bestehenden Datenflüssen kombiniert, und ob man daraus neue Informationsprodukte entwickeln lässt – nicht nur für den öffentlichen Transport, sondern auch für die Auofahrer.

Zumal Intelligente Verkehrssysteme (IVS) ein großes Thema sind und seit 2010 eine EU-Richtlinie die Mitgliedstaaten ermuntert, in „prioritären“ Bereichen IVS anzuschieben. Welche das sind, präzisierte die EU-Kommission vor zwei Jahren: Leitsysteme für den städtischen Verkehr zum einen, Informationssysteme für die Passagiere zum zweiten, Smart Ticketing zum dritten. Fernziel ist ein EU-weites System.

Luxemburg wird noch dieses Jahr von all dem etwas erhalten, auch ein Smart Ticketing. Die Telematik über M-Live und das Leitsystem des Stater Busbetriebs wird Basis für eine neue „Mobilitätskarte“, die die viel gescholtene e-Go-Karte ersetzt. Die neue M-Card soll nicht nur nutzerfreundlicher werden als e-Go. Neue Services anbieten soll sie auch: Sie wird das Bezahlen in Bussen und Bahnen gestatten, aber auch in Parkings und bei Carsharing-Anbietern und Fahrradverleihen. Ab kommenden Herbst am Luxemburger Hauptbahnhof, und nach und nach auch andernorts, wird man mit der Karte einen „Fahrradkäfig“ nutzen können, in dem bis zu 50 Räder sicher geparkt werden können. Über die M Card soll es auch Preisnachlässe auf P&R-Plätzen geben, falls man zur Weiterfahrt den öffentlichen Transport nimmt.

Auf elektronischem Wege den öffentlichen und den Autoverkehr mit Informationen zu versorgen, wäre jedoch noch etwas anderes. Abzusehen ist bereits, dass das Cita-Leitsystem auf den Autobahnen künftig auch über die freien Kapazitäten in P&R-Plätzen informieren könnte. Mit dem neuen Parkhaus in Belval, in das vor allem französische Grenzpendler gelenkt werden sollen, um vom benachbarten Bahnhof den Zug in die Hauptstadt zu nehmen, soll das getestet werden.

Derweil denkt eine von der neuen Regierung eingesetzte Arbeitsgruppe ganz grundsätzlich darüber nach. was das Land an Verkehrstelematik benötigt, ob sich um die vielen Verkehrsdaten Geschäftsmodelle entwickeln lassen und Luxemburg womöglich gar ein Telematik-Pionier werden könnte. Die Autoindustrie hätte man dabei vermutlich auf seiner Seite. BMW etwa erklärte schon vor Jahren, die Zukunft gehöre Geräten, die den Autofahrer nicht nur über die Verkehrslage informieren, sondern in die man einen Fahrzweck und die optimale Kombination aus der nächsten Autbahnabfahrt, dem nächsten P&R-Platz samt Platzangebot, wie auch den nächsten von dort abfahrenden Bus angeboten erhält. Und am besten sollte sich auch der Busfahrschein im Auto lösen lassen. So dass Telematik das Auto ein Stück konkurrenzfähiger gegenüber dem öffentlichen Transport machen könnte – was hierzulande ja eigentlich vermieden werden soll.

Doch die Welt ist komplex, und was eine hiesige Start-up nicht entwickelt, schafft womöglich eine Firma wie Google, die schon seit geraumer Zeit versucht, Zugang zu Verkehrsdaten in möglichst vielen Ländern zu erhalten. Weshalb die Arbeitsgruppe auch klären soll, ob Daten, die Telematiksysteme generieren, generell offen zugänglich werden sollen oder ob man ein den Zugang an Bedingungen knüpfen kann.

Peter Feist
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