Die CSV lässt wieder für den Einheitswasserpreis werben

Die Wasserpreisscheide

d'Lëtzebuerger Land vom 07.01.2010

Es gab hitzige Debatten, als um den Jahreswechsel die Gemeinden ihre Haushalte für 2010 verabschiedeten. Das lag nicht nur an der Krise, die die Einnahmen sinken lässt: So gut wie überall im Land wurden neue Wasserpreise beschlossen – und die Steigerungen sind zum Teil beträchtlich. In Remich etwa stieg der Preis für Wasser und Abwasser zusammen von 2,10 auf 4,13 Euro pro Kubikmeter; in Koerich von 1,50 auf 3,75 Euro, in Petingen von 2,66 auf 4,20 Euro.

Das überrascht nicht. Seit Dezember 2000 steht fest, dass ab Anfang dieses Jahres EU-weit Wasserversorgung und Abwasserbehandlung kostendeckend zu erfolgen haben und nicht mehr subventioniert werden dürfen. Als Luxemburg die EU-Wasserrahmenrichtlinie im Dezember 2008 mit einem reformierten Wassergesetz in nationales Recht übernahm, hatte es die Umsetzungsfrist um fünf Jahre überzogen. Viel Zeit zur Anpassung blieb da nicht mehr.

Jetzt aber wird deutlich, wie unter den Gemeinden, die für Wasser und Abwasser zuständig sind, das Kostendeckungsprinzip ein extremes Stadt-Land-Gefälle in den Preisen generiert. Zwar wissen erst zwölf der 116 Gemeinden ganz genau, welche Preise für sie kostendeckend wären, und kaum eine Handvoll kassiert schon so. Petingen tut es, Esch/Alzette (mit 4,91 Euro/m3) auch. Doch dass in der Stauseegemeinde, wo seit dem Neujahrstag 3,35 Euro/m3 genommen werden, laut jüngsten Berechnungen die Kostendeckung erst bei 9,25 Euro erreicht wäre, dürfte kein Einzelfall bleiben: In Mertzig schätzt man, dass acht Euro statt ­derzeit 4,60 Euro kostendeckend wären, und Esch/Sauer peilt rekordverdächtige elf Euro an.

In erster Linie folgen die extremen Differenzen einer simplen Rentabilitätsbeziehung: Je weniger Wasserkunden man hat, desto teurer wird der Betrieb des Netzes. Kleine Landgemeinden sind da schlechter dran als Städte. Und schon im Frühjahr 2008 stand fest, dass die neuen Preise zu rund 80 Prozent aus Fixkosten für Unterhalt und Abschreibung der Infrastruktur gebildet würden.

Das aber ist politisch problematisch: Wer diese Fixkosten an den Endkunden weiterreicht, gibt diesem praktisch keine Chance, seine Wasserrechnung durch sparsamen Verbrauch zu verbessern, und lädt zur Verschwendung ein. Dann wären alle Erklärungen vom ökologischen Nutzen der Kostenwahrheit beim Wasser Märchen. Damit es nicht so weit kommt, lässt das neue Wassergesetz den Gemeinden viel Spielraum zur Einpreisung fester und variabler Kosten. Doch: Landgemeinden mit unrentablem Netzbetrieb kämen an einem hohen Fixkostenanteil im Preis kaum vorbei.

Weil solche Zustände im kleinen Lande schwer vertretbar wären, und schon gar nicht im von treuen CSV-Wählern bewohnten Nordbezirk, begann die Volkspartei schon vor zwei Jahren für den „landesweit einheitlichen Wasserpreis“ zu werben. Wie der Weg dahin aussehen könnte, scheint jedoch noch so unklar wie damals: Anfragen des Land bei Innenminister Jean-Marie Halsdorf (CSV) blieben seit Mitte Dezember unbeantwortet.

Halsdorfs Schweigen könnte auch damit zu tun haben, dass der Einheitspreis beim gesetzlichen Stand der Dinge eine populistische Forderung ist, die eher dazu dient, Kritiken zuvorzukommen: Nach wie vor sind die Gemeinden für Wasser und Abwasser zuständig, und neben ihnen gibt es fünf interkommunale Wasser- und sechs Abwassersyndikate, die ihre Infrastrukturkosten an die Mitgliedsgemeinden weitergeben. Worum es eigentlich geht, ist die Frage, ob ein System gefunden werden könnte, in dem der Staat in besonderen Fällen punktuell Netzzuschüsse zahlt; was laut Wassergesetz möglich ist. Oder ob anstelle der Syndikate ein einziger Netzbetreiber agieren sollte wie für Strom und Gas: Das könnte die netzbedingten Kosten zumindest bis zum Verteilpunkt in den Gemeinden vereinheitlichen. Dass es von dort nur noch eines kleinen Schritts bedarf zur Netzprivatisierung, die bisher keiner will, liegt auf der Hand. Es sei denn, die Netzzuständigkeit ginge auf den Staat über.

Weil es vom 2.1.2011, dem Datum der spätestmöglichen Einführung kostendeckender Preise, nicht mehr weit ist bis zu den nächsten Gemeindewahlen, steht der Innenminister auch aus der eigenen Partei unter Druck, politisch klärend tätig zu werden. Schon ist der Tandeler député-maire Ali Kaes, der 2008 öffentlichkeitswirksam gegen den Wasser-Gesetzentwurf seines Parteifreunds Halsdorf gestimmt hatte, wieder in Sachen Einheitspreis in den Medien unterwegs. Und dass der Mamer député-maire Gilles Roth Anfang Dezember öffentlich versicherte, „bis zum Ende meiner Amtszeit“ werde der Wasserpreis in Mamer nicht mehr auf kostendeckende 5,55 Euro erhöht, war ebenfalls ein Signal an den Minister. Vorwürfe aus der Opposition gibt es sowieso: „Bisher hat das Innenministerium den Gemeinden lediglich eine Excel-Routine zukommen lassen, mit der sie die neuen Preise berechnen können“, sagt der grüne député-maire ­Camille Gira aus Beckerich.

Keine Hinweise dagegen gibt es zur Staffelung der Preise zwischen Kleinverbrauchern sowie Abnehmern aus Industrie und Landwirtschaft. Die CSV-nahe Bauernzentrale erinnert schon daran, dass ihr ein „Einheitswasserpreis auf niedrigem Niveau“ für die Landwirtschaft „versprochen“ worden sei, und warf Halsdorf in der Ausgabe ihres Organs De Letzebuerger Bauer vom 19. Dezember Untätigkeit vor.

Peter Feist
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