Die kleine Zeitzeugin

F mit Sternchen

d'Lëtzebuerger Land vom 30.06.2017

F mit Sternchen, den Großherzog! Ja, denkt sich die Alte, die so LalaLinke, gut, ihr jungen Menschen, dass es euch gibt, eine muss es ja sagen. Gut dass ihr Antipartys macht und Antisprüche klopft, auch wenn sie anspruchsvoll sind, noch nicht spruchreif. No nation, no border, manchmal, wenn es gerade knallt, nicht weit weg, freuen sich auch ältere Linke, dass Menschen in Uniformen sich hinstellen und eventuell den Weg verstellen. Das Kapital ist volatil, das Motto der Kapitalverbrecher längst schon No nation, no border. Wer aber in etwas großzügigeren Zeiträumen unterwegs ist, dem muss irgendwann ein Licht aufgehen, die Sprüche sind einfach gut.

Einst war Nationalfeiertag einfach ein Nationalfreiertag, wie die katholischen Freiertage. Wer Geld hatte war sonstwo, wer keins hatte, schlief lange und schaute Serien. Rote Löwen waren für die, die einen Vogel hatten, die anderen gingen mit dem Hund spazieren oder mit ihrer Maus. Viele merkten nur daran, dass die Geschäfte zu waren, dass Nationalfreiertag war. Wirklich Motivierte fuhren wirklich in die Stadt, wegen dem Freudenfeuer, das immer wieder ins Wasser fiel. Sie lagerten zwischen Gänseblümchen unter einer der Selbstmörderbrücken, um sich am Himmel aufblühende Sternensträuße reinzuziehen. Dann trollten sie sich heim. Jetzt ist Party, ziemlich überall, megasuper, Cool & Kotz, Alkoholleichen pflastern die Avenuen. Großherzogs schmeißen eine Gartenparty.

Die großherzoglichen Werbedarsteller sind im Dauereinsatz, Großherzog-Muffelinnen kriegen sie auf allen Kanälen und im Mainstream serviert. Die Monarchie-Nonstop-Serie ist beruhigend wie Kuba-Fernsehen. Old school oder nationalistisch ist sie aber gar nicht, welt- und geldoffen wie wir sind. Je nach Szene und Zielgruppe sind die Hauptdarsteller_innen todernst und gefasst, dann wieder royal relax. Während des nationalen Hyperhypes wechseln sie das Kostüm und die Kostümierung mehrmals am Tag, sie marschieren, salutieren, präsentieren, repräsentieren, unter mittelgroßen Tieren. Sie drücken Hände am Fließband, sie nehmen Bücklinge und Kratzfüße entgegen, lassen sich umzingeln, umschleimen, besichtigen und ironisch beäugen. Charmant, jovial, zurückhaltend freundlich oder impulsiv, je nachdem. Das Naturell soll erkenntlich sein, das macht sie natürlich mit all ihren menschlichen Fehlern und Schwächen.

Der Einsatz ist heavy, ist das überhaupt noch menschenrechtskonform? Hat die Aristokratie keine Gewerkschaft? Immerhin ist sie unsere wichtigsten Werbeträgerin. Wer winkt schon den Banken zu? Die Selbstdarsteller der Monarchie-Soaps, der Monarchie-Homestorys, des identitätsstiftenden Nationaltheaters spielen die ihnen zugedachten Rollen, dennoch sind sie unmaskiert, authentisch. So authentisch, dass man bisweilen den Eindruck hat, dass sie alles über sich ergehen lassen. Dass sie tot sind. Kurz: Wie große Schauspielerinnen eben.

Oder sind sie gar keine? Sind sie nicht zynisch-realistische Repräsentanten einer Monster-Präsentation, wirklich gut bezahlt, gut logiert, weil es bessere Optionen für sie im neoliberalen Angebot derzeit nicht gibt? Den Pakt bezahlen sie immerhin mit ihrem Leben. Sie müssen Erbprinz und Erbprinzgemahlin spielen und zugleich sein. Es gibt keine Pause in der Werbeserie zur besten Sendezeit mit den besten Einschaltquoten.

Sind sie das, was sie darstellen, vielleicht wirklich, in echt, mit Leib und Seele, und glauben sie daran?

Und gibt es jemand, der sonst noch „daran“ glaubt? Zur Gartenparty bei Großherzogs werden die forces vives der Gesellschaft geladen. Sie wissen, dass sie spielen, und sie wissen, dass das Volk, wer auch immer das ist, es auch weiß. Der Staat spielt Hofstaat. Die Monarchie-Deko ist eine geile Deko, die optimale Kulisse für den coolen Staat. Was gibt es hinter der Deko?

Pop-Monarchie, Post- und Partydemokratie, das Autovolk zuckt die Achseln. Spielt es noch mit? Wie lange noch?

Gut, dass die Jungen Linken Antipartys machen.

Abseits dieses Affentheaters.

Michèle Thoma
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