Die Armee und ihr Generalstabschef

Führungskrisen

d'Lëtzebuerger Land vom 20.01.2011

Seit Donnerstag dieser Woche hat die Armee wieder einen neuen Generalstabschef. Durch einen großherzoglichen Erlass hat Armeeminister Jean-Marie Halsdorf (CSV) den Ende 2010 durch ein Gerichtsurteil wieder in sein Amt eingeführten Generalstabschef zum zweiten Mal abgesetzt und dessen Nachfolger zum zweiten Mal zum neuen Generalstabschef ernannt. Der dritte Generalstabschef, der für einige Tage mobilisierte stellvertretende Generalstabschef, ist wieder weggetreten. Halsdorfs Vorgänger Jean-Louis Schiltz (CSV) hatte seinerzeit mit dem Segen seiner Regierungskollegen den höchsten Offizier überraschend für ungeeignet an der Spitze der reformierten Armee gehalten und kaltgestellt. Drei Generalstabschefs binnen weniger Wochen liest sich nicht nur so, sondern ist wahrscheinlich ziemlich lächerlich. Um so mehr, als mangels militärischer Tradition, wie der ehemalige Armeeminister Charles Goerens (DP) in einem Rundfunkinterview klagte, alle Vorgänge in der Armee gerne als Possen belächelt werden.

Doch die Armee ist keinesfalls das einzige für die Sicherheit zuständige Korps, das eine Führungskrise erlebte. Ende 2009 hatte Premier Jean-Claude Juncker (CSV) nach einem größeren Maß an Desorganisation im wenige Jahre zuvor reformierten und solide aufgerüsteten Service de renseignement dessen Direktor von seiner Verantwortung entbunden. Erernannte ihn zum Ersten Regierungsrat und gewährte ihm unbezahlten Urlaub, damit der Beamte zum Sicherheitsverantwortlichen eines deutschen Rüstungskonzerns werden konnte.

Bleibt das dritte für die Sicherheit verantwortliche Korps: Anfang 2008 hatte der damalige Justizminister Luc Frieden (CSV) nach eigenen Aussagen „keine andere Wahl gehabt“, als den Generaldirektor und den Generalsekretär der Polizei abzuberufen. Der Staatsanwalt hatte ihnen in einem Brief an den Justizminister Missachtung der Strafprozessordnung und Justizbehinderung bei der Aufklärung der mutmaßlich von Elitegendarmen verübten Terroranschläge der Achtzigerjahre vorgeworfen.

Damit ist es binnen drei Jahren in den drei für die äußere und innere Sicherheit zuständigen Korps, Polizei, Armee und Nachrichtendienst, zu Führungskrisen und zur Abberufung ihrer obersten Befehlshaber gekommen. Wobei wohl die Umbruchsituation, der äußere Druck zu einem Zeitpunkt, wenn die internationale Terrorhysterie die Kalte-Kriegs-Panik abgelöst hat, und die Verringerung der sozialen Sicherheit, das Ihre zu mancher der Krisen beigetragen haben mögen.

Doch auch wenn die Verantwortung jedes Mal anders gelagert ist, ist es keineswegs ein Zufall, dass die politische Verantwortung in allen Fällen CSV-Ministern zufällt. Denn das Staats- und das Innenministerium sind historische Machtpositionen der Christlich-Sozialen, und auch Justiz und Armee sind ihnen wichtig, da das Versprechen, für innere und äußere, wirtschaftliche und soziale Sicherheit zu sorgen, den ganzen und höchst erfolgreichen politischen Geschäftsfundus der CSV darstellt. Doch im Gegensatz zu diesem Wahlkampfversprechen scheinen sie ihrer Aufgabe nicht richtig gewachsen, für eine reibungslose Führung der ihnen unterstellten Korps und damit letztlich für die Gewährung der Sicherheit zu sorgen. Darüber dürfte wohl nicht jeder böse sein, dem es an Vertrauen in schwarze Law-and-Order-Politiker mangelt. Aber es bedeutet nicht, dass Politiker anderer Parteien besser geeignet wären. Wie der Auftritt von LSAP-Minister Nicolas Schmit vor einem Monat auf einer Polizeiwache zeigte.

Romain Hilgert
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