Druckereimuseum Grevenmacher

Drucker, Lettern und Zensoren

d'Lëtzebuerger Land du 18.05.2018

Wer den Rundgang durch die Ausstellung im Grevenmacher Druckereimuseum nimmt, passiert eine Wand mit Zitaten. „L’imprimerie est l’artillerie de la pensée“, hat demnach der französische Schriftsteller Antoine de Rivarol (1753-1801) gesagt, und der US-amerikanische Drehbuchautor Dudley Nichols (1895-1960), der den Western als Filmgenre zu etablieren half, vermutete: „Break up the printing presses and you break up rebellion.“

Wie das zu verstehen ist, soll das Museum im Kulturhuef demnächst besser deutlich machen. Das Kulturzentrum nahe der Mosel, das in einem früheren Schlachthof eingerichtet wurde und im Jahr 2000 seine Türen öffnete, umfasst im Grunde zwei Museen: zum einen die Sammlung von Spielkarten und Produktionsgeräten der lokalen Spielkarten-Herstellerfamilie Dieudonné, zum anderen eine Dauerausstellung über hundert Jahre Druckgeschichte, wie sie sich zwischen Mitte des 19. und Mitte des 20. Jahrhunderts ereignete. Diese Schau präsentiert sich ab
3. Juli neu. Und ging es bisher um den Zeitraum 1850 bis 1950, wird der Bogen demnächst ganz weit gespannt, beginnt mit der Nutzung des Papyrus im dritten Jahrtausend vor Christus und endet im Heute bei den E-Books. „Wir haben den Anspruch, einen Einblick in die Buchdruckgeschichte und einen Ausblick auf die Zukunft zu geben“, sagt Monika Jacobs, die Generalkoordinatorin des Kulturhuef und Verantwortliche des Museums.

Wie das Konzept aufgeht, dürfte in zehn Wochen interessant sein zu besichtigen. Denn mehr Platz als die 380 Quadratmeter Ausstellungsfläche auf zwei Etagen gibt es nicht, und im Erdgeschoss wird auch weiterhin die Sammlung von Druckmaschinen und Schriftsatz-Utensilien gezeigt, die Schenkungen von Druckereien aus Luxemburg und Deutschland sind oder die der Nationale Kulturfonds erworben und dem Museum als Leihgaben zur Verfügung gestellt hat. erwarb. Deshalb soll künftig im Stockwerk über den Maschinen, wo der Rundgang beginnt, „ein Zeitstrahl dokumentieren, wie im Laufe der Menschheitsgeschichte die Weitergabe von Wissen mehr und mehr verschriftlicht wurde, wie der Buchdruck entstand und welche gesellschaftlichen Auswirkungen er hatte, bis ins digitale Zeitalter“, erklärt Monika Jakobs. Auf 14 Tafeln sollen wichtige Entwicklungen noch weiter vertieft werden: Die Erfindung des modernen Buchdrucks mithilfe beweglicher Metall-Lettern durch Johannes Gutenberg im 15. Jahrhundert natürlich, aber auch Erasmus von Rotterdams kritische Edition, die 1516 der erste vollständige gedruckte griechische Text des Neuen Testaments war, oder die Rolle, die der Buchdruck für die Verbreitung der reformatorischen Ideen Martin Luthers spielte. Neben international wichtigen Etappen werden die in Luxemburg erwähnenswerten gezeigt. Etwa die Schreibstube Willibrords in Echternach, die Vergabe des ersten Druckprivilegs im Jahr 1598 an Mathias Birthon oder eine Kopie des Buchdeckels einer 16-seitigen Hahnfibel, die 1626 von Hubert Reuland gedruckt wurde.

Weil im 18. Jahrhundert der Buchdruck immer verbreiteter wurde, entstanden neue Berufe, neben dem Drucker beispielsweise der Schriftgießer, der Buchbinder oder auch der Buchhändler. Und die Zensur kam auf. Das 19. Jahrhundert brachte die Industrielle Revolution. Hatte 350 Jahre lang der Handsatz vorgeherrscht, beschleunigte der in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts von Ottmar Mergenthaler in den USA entwickelte Maschinensatz den Druck enorm und revolutionierte mit der legendären Linotype-Setzmaschine den Zeitungsdruck: Zeitungen konnten nun in einer Morgen-, einer Abend- und bisweilen auch einer Mittagsausgabe erscheinen.

„Neben der Timeline werden wir bestimmte Aspekte der Drucktechnik vertiefter zeigen“, kündigt Monika Jacobs an, „und zwar die Drucklettern, die Druckfarbe und das Papier.“ Im Erdgeschoss, wo die Druckmaschinen zu sehen sind, soll es dann „spielerischer“ zugehen. Die Abfolge der technologischen Innovationen soll so verständlich gemacht und gezeigt werden, was genau unter Handsatz und Maschinensatz zu verstehen ist. Wie sich im Druckergewerbe ganz eigene Traditionen und Arbeiterkulturen entwickelten, werde zu sehen sein, aber auch, wie im 20. Jahrhundert neue technische Möglichkeiten der Weitergabe von Wissen und Informationen zu Kontrolle und verstärkter Zensur führten, wie sie zu Propaganda genutzt wurden und welche Gegenbewegungen entstanden. In der Maschinensammlung soll die Linotype-Setzmaschine „mit ihrer historischen Funktionalität stärker als heute in Szene gesetzt werden“. Dort steht auch ein Exemplar einer OHT, einer Original Heidelberger Tiegeldruckpresse, die technische Vollendung des Hochdrucks mit erhabenen Lettern, der schließlich vom Offsetdruck abgelöst wurde, ehe später der Digitaldruck noch hinzukam.

Die Informationsbroschüre, die der Kulturhuef im ersten Halbjahr 2018 verteilt, kündigt an: „Vorbei ist es mit trockenen Geschichtsstunden! Wir nehmen Sie mit auf eine Zeitreise und Sie erleben die Geschichte des Hochdrucks neu“. Die Generalkoordinatorin sagt dazu, es gehe nicht nur darum, dass Druckereimusuem als solches neu zu definieren. „Wir möchten auch beweisen, dass ein Regionalmuseum sehr attraktiv sein kann.“ Beteiligt an der Neugestaltung der Schau waren die Designer Georges Zigrand und Laurent Daubach sowie der Kunsthistoriker Hans Fellner. 95 000 Euro kosten die Änderungen an der Ausstellung, finanziert werden sie von der Gemeinde Grevenmacher, dem Kulturministerium, der Œuvre Nationale de Secours Grande-Duchesse Charlotte und aus eigenen Mitteln der Kulturhuef ASBL. Die Umbauten finden während des laufenden Ausstellungsbetriebs statt, gleichzeitig erhält der Kulturhuef einen neuen Internetauftritt und eine neue „visuelle Identität“.

Peter Feist
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