Deutsche Banken

Im Umbruch

d'Lëtzebuerger Land vom 24.03.2011

Geschlossen. Zum 1. April 2011 legt die deutsche Mittelstandsbank IKB definitiv den Schlüssel unter die Matte ihrer Luxemburger Tochtergesellschaft. Das Institut, frühes und prominentes Opfer der Subprime-Krise, musste restrukturieren, dazu gehörte die Schließung in Luxemburg.

Die IKB ist kein Einzelfall. Die Konsolidierungsbewegungen auf dem deutschen Bankenmarkt haben in den vergangenen Monaten und Jahren ihre Spuren in Luxemburg hinterlassen, wo die deutsche die größte ausländische Bankenfraktion bilden. Sie stellen mit Ernst-Wilhelm Contzen den ersten nicht-luxemburgischen Präsidenten der Bankenvereinigung ABBL. 45 deutsche Bankinstitute wurden Ende des vergangenen Jahres gezählt. Ende dieses Jahres werden es nach abgeschlossenen Übernahmen und Fu-sionen ein paar ­weniger sein. Restrukturierung ist meistens Synonym für Stellenabbau. Das ist in diesem Fall nicht anders. Doch ist nicht alles negativ. Einige Institute, allen voran die Sparkassen- und die Gruppe der Genossenschaftsbanken nutzen den Umbruch für neue Offensiven.

Prominente Krisenopfer sind neben der IKB die Filialen der deutschen Landesbanken, an denen traditionell die deutschen Sparkassenverbände und die Bundesländer beteiligt sind. Die Mutterkonzerne erhielten, wie auch bei der IKB, während der Finanzkrise öffentliche Finanzspritzen. Ihnen wurde deswegen von den EU-Wettbewerbsbehörden aufgetragen, sich auf ihr Kerngeschäft und ihren Heimatmarkt zu konzentrieren. West LB und LBBW, die Landesbanken von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, beschlossen, sich aus Luxemburg zurückzuziehen. Sie haben ihr Luxemburger Privatbankgeschäft an den Luxemburger Ableger des Dienstleistungsanbieters der deutschen Sparkassen, die Deka Bank deutsche Girozentrale Luxemburg, verkauft, die 40 LBBW-Mitarbeiter integriert.

Waren es sicherlich die EU-Vorgaben, die dieses Entscheidungen nach sich zogen, so war es ohnehin fraglich, ob die Landesbanken, deren ursprüngliche Funktion die einer Art Mini-Zentralbanken für die Sparkassen und Hausbanken der Länder waren, im Geschäft mit der reichen Kundschaft in Luxemburg mitmischen sollten, wo das Bankgeheimnis Steuerflüchtigen Unterschlupf gewähren kann. Doch für ihre Aktionäre, die Sparkassen, ist diese Kundschaft attraktiv, weswegen man sie über die Deka Bank, die bald zu 100 Prozent den Sparkassen gehören soll, halten will. Seit dem Jahreswechsel funktioniert die frühere West LB Luxembourg unter dem Namen VM Bank unter der Führung der Deka Bank Luxembourg, die 81 Mitarbeiter übernommen hat.

Die Fondssparte der LBBW, die LRI Invest, deren Namen noch an die frühere Präsenz der von LBBW übernommenen Landesbank Rheinland-Pfalz erinnert, wurde im November 2010 von Augur Capital aufgekauft.

Ebenfalls zum Verkauf steht derzeit das Privatkundengeschäft der HSH Nordbank, an dem die Banque de Luxembourg Interesse bekundet hat. Doch sogar wenn der Deal gelingt, warnt der Verantwortliche des Gewerkschaftsbüros der Aleba, Félix Walisch, könnten dennoch viele Arbeitsplätze in Gefahr sein. Denn bei der HSH Luxembourg sind lediglich noch 28 Mitarbeiter beschäftigt. Ihnen arbeiten rund 100 Beschäftigte von HSH Norbank Securities zu, deren Stellen auch im Fall eines Verkaufs des HSH Privatkundengeschäfts an die BDL gefährdet seien, glaubt Walisch. Rund 280 Stellen wurden bei der IKB und den Landesbankfilialen seit Ausbruch der Finanzkrise gestrichen.

Doch auch bei den privatkapitalisierten Banken gibt es mehrere Baustellen. Der Verkauf der BHF Bank, über den die Deutsche Bank und die Liechtensteiner LGT seit Ende vergangenen Jahres exklusiv verhandeln, zieht sich hin. Die BHF, die eine Tochtergesellschaft in Luxemburg hat, ist durch die 2010 abgeschlossene Übernahme von Sal Oppenheim in den Besitz der Deutschen Bank gekommen. Die Commerzbank verdaut immer noch die ebenfalls 2010 abgeschlossene Übernahme der Dresdner Bank. Die Unicredit Luxembourg verkaufte 2010 einen Teil ihres Privatkundengeschäfts an die DZ Bank. Für rund 350 Stellen verhandelten die deutschen Banken seit 2008 Sozialpläne mit den Gewerkschaften.

Dass es auch nach der Finanzkrise und den Steuerhinterziehungsskandalen eine Zukunft für deutsches Private Banking in Luxemburg gibt, zeigen Deka Bank und DZ Bank auf ihre jeweilige Art. Zwar wird die Deka Bank die von West LB und LBBW übernommenen Kunden weiterhin direkt von Luxemburg aus bedienen. Doch im sich zuspitzenden Wettkampf um die Privatbankklientel setzt die Sparkassengruppe auf ihr weites Zweigstellennetzwerk in Deutschland. Die Rolle der Deka soll auch künftig vorrangig die des Produkt- und Dienstleistungslieferanten für die über 400 Sparkassen in Deutschland sein, wie ein Unternehmenssprecher erklärt.

Die genossenschaftliche DZ Bank hat ihrerseits ihr Privatkundengeschäft mit dem der kleineren Schwesterorganisation der WGZ fusioniert, sie heißt nunmehr DZ Privatbank. Seit kurzem bietet sie ihre Dienstleistungen und Produkte unter der Leistungsmarke VR Private Banking an. Sie setzt auf eine andere Strategie, um ihre Position auf dem deutschen Markt auszubauen. Die Luxemburger Tochterfirma unterstützt nicht nur das Netz der genossenschaftlichen Institute von sehr variabler Größe in Deutschland, sondern gründet eigene Filialen in der Bundesrepublik. Neben München, Hannover und Stuttgart sollen in diesem Jahr Präsenzen in Düsseldorf, Hamburg und im Rhein-Main-Gebiet aufgebaut werden, wie der Vorsitzende der Geschäftsleitung Andreas Neugebauer dem Luxemburger Wort kürzlich erklärte.

Beiden Vorgehensweisen ist gemein, dass die Kunden in Deutschland angeworben werden sollen, anstatt sie nach Luxemburg zu locken. Ons-horing, wie es im Bankersprache heißt, übersetzt: schwarzgeldfreies Private Banking. Onshoring liegt seit der Steueroasendebatte bei Kunden und Banken im Trend. Das sieht man nicht zuletzt an den Daten, welche die Unterorganisation der ABBL, die Private Banking Group, selbst zur Verfügung stellt. Während in anderen europäischen Ländern auch 2008 und 2009 im Privatkundengeschäft Netto-Neumittelzuflüsse festgestellt wurden, musste 2009 in Luxemburg ein Rückgang von fünf Prozent registriert werden. Es ist anzunehmen, dass davon vor allem die deutschen Banken betroffen waren. Auch weil deren eher älteren Kundschaft dazu neigt, den Nachlass zu regeln, bevor Kinder und Enkel erben.

Die Rolle der Luxemburger Einheiten wird es dabei sein, die Produkte zu liefern, sagt Walter Koob, Partner bei KPMG. Luxemburger Spezialfonds und SPFs (Sociétés de patrimoine familial) sollen bei der Anlage und Strukturierung der Vermögen dienen. Das Beispiel der DZ Privatbank, als Luxemburger Gesellschaft eigene Niederlassungen in Deutschland zu eröffnen, wird Schule machen, glaubt Koob.

Wer allerdings nur auf Private Banking setzt, wird in Zukunft zu kämpfen haben. Zwar zeigen die Daten der Private Banking Group, dass das Kundenpotenzial in Westeuropa und Deutschland groß ist, auch wenn die Reichen hier nicht so superreich sind wie in Nah- und Fernost, auf die sich die Promotionsbemühungen der Verbände in den vergangenen Jahren konzentrierten. Doch Gewinne und Margen schrumpfen im Privatbankgeschäft und auf die Wünsche und Forderungen der superreichen Klientel, die viele Banken am Standort ins Auge gefasst haben, nicht nur die deutschen, müssen sie sich erst noch einstellen.

Wichtig ist vor allem, glaubt auch Koob, dass die Banken ein klares Geschäftsmodell haben, die Position als Kompetenzzentrum einer Sparte innerhalb des Konzerns halten. Das muss nicht unbedingt das Privatkundengeschäft sein. Ernst-Wilhelm Cont-zen, Geschäftsleiter der Deutschen Bank und Präsident der ABBL, rückt nicht zuletzt immer wieder das internationale Kreditgeschäft als Möglichkeit zur Diversifizierung am Luxemburger Bankenstandort in den Vordergrund, weil die Deutsche-Bank-Tochter in Luxemburg hierauf spezialisiert ist.

Die Commerzbank International ihrerseits wirbt auf ihrer Webseite damit, dass sie das Kompetenzzentrum fürs Wealth Management wie auch für den Edelmetallhandel innerhalb der Commerzbankgruppe ist. Auch ihre Präsenz in Luxemburg wird sich bis 2014 noch verringern. Bis dahin hat sie Zeit, die EU-Vorgabe zu erfüllen, ihre Hypothekenbank Eurohypo zu veräußern, deren 100-prozentige Tochter die Luxemburger Eurohypo europäische Pfandbriefbank S.A. ist.

Vor zehn, fünfzehn Jahren, sagt Koob, sei noch das Universalbank-Modell vorherrschend gewesen. Das Fondsgeschäft spielte nicht die Rolle wie heute. Doch in Luxemburg präsent zu sein, um ein wenig von allem und nichts wirklich zu machen, wird sich niemand mehr leisten können. Koob betont, die deutschen Banken am Platz seien alle ausreichend kapitalisiert. Doch am allgemeinen Druck auf die Tochtergesellschaften ausländischer Mutterkonzerne, den die neuen Eigenkapitalregeln Basel III verstärken, ändert das nichts. Die machen einerseits durch höhere Eigenmittelanforderungen eine Reihe von Aktivitäten uninteressanter. Andererseits wird man sich in den Zentralen jenseits der Grenzen öfters und vorsorglich überlegen, ob die Standortvorteile, die Luxemburg bietet immer noch so gut sind, dass es sich lohnt, wertvolle Eigenmittel in Tochtergesellschaften zu binden.

Michèle Sinner
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