Kulturhuef Grevenmacher

Lebendiges Museum

d'Lëtzebuerger Land vom 23.03.2012
„Hier kommen unsere Büros hinein.“ Monika Jacobs, seit 2003 Leiterin des Kulturhuef in Grevenmacher, schließt einen Raum gleich neben der Eingangstür im Erdgeschoss auf, drinnen sieht es noch nach Baustelle aus. Noch sind die Mitarbeiter mit ihren Schreibtischen unter dem Dach des ehemaligen Schlachthofs eingerichtet und Besucher müssen den Weg zu ihnen über mehrere Stockwerke und Gänge erst einmal finden. Damit man näher am Publikum ist, soll sich das ändern. Wie sich so vieles im Kulturhuef in den vergangenen Monaten bereits verändert hat.

Im Juli 2011 wurden das Druckereimuseum und das Spielkartenmuseum Jean Dieudonné zum neuen Luxemburger Druckerei- und Spielkartenmuseum fusioniert, was mehr als nur eine Namensänderung nach sich zog. Nach dem Umbau muss, wer die Dieudonné-Ausstellung sehen will, durch den neuen Eingang, vorbei am Museumsshop und durch die Druckmaschinen-Ausstellung hindurch. Die beiden Museen wurden räumlich enger miteinander verbunden.

Im Druckmaschinenraum ist an diesem Mittwochmorgen viel los, obwohl die Museen eigentlich nur nachmittags geöffnet sind. „Wir wollen ein lebendiges Museum sein“, sagt Jacobs. Dazu beitragen sollen nicht nur die seit mehreren Jahren organisierten Residenzen für Künstler, die auf den Maschinen der Sammlung ihre Entwürfe drucken – jeden Mittwoch arbeitet eine Gruppe Freiwilliger im Museum, die Drucksachen kann man im Shop ebenso erwerben wie die Künstlerdrucke in limitierter Auflage.

In der neuen Dieudonné-Abteilung schreiten die Besucher fortan über den roten Teppich zum „Herzstück“ der Ausstellung, das vor einer Retro-Tapete in Szene gesetzt ist: einem kompletten Original-Dieudonné-Kartenspiel, das zwischen 1820 und 1830 hergestellt wurde. Helles Holz dominiert die Einrichtung, in der mit einfachen Mitteln eine gewisse Interaktivität geschaffen wurde. „Die Ausstellungsraum ist kleiner geworden“, erklärt Jacobs, „bietet aber inhaltlich viel.“ Nämlich einerseits einen Überblick über die Kartenherstellerdynastie der Dieudonnés, deren Aufstieg 1754 mit der Niederlassung von Jean Dieudonné in Grevenmacher begann und die auf ihrem Höhepunkt im beschaulichen Grevenmacher gleich drei Manufakturen betrieb.

Andererseits wird der Spielkartenproduktionsprozess zur Zeit der Dieudonnés erklärt. Von den verschiedenen Drucktechniken (Holzdruck, Kupfer- und Stahlstiche), mit den die Spielkarten vorgedruckt wurden, das Ausmalen der vorgedruckten Figuren, der Illustration der Rückseiten, dem Zusammenkleben der verschiedenen Papierbögen, ihrer Lackierung und nicht zuletzt, der Imprägnierung mit Seife – damit sie besser rutschten. „Das inhaltliche Feedback seit der Neueröffnung ist gut“, freut sich die Leiterin beim Gang durch den neuen Ausstellungsraum. Die konstante Evolution und Verbesserung der Ausstellungen ist für sie ein Muss. Schon allein weil sich das Publikum verändert. „Die Leute reisen heute mehr, sehen mehr. Dadurch steigen auch ihre Erwartungen an uns“, stellt sie fest.

Ein Stockwerk höher ist eine Kindergartenklasse am Werk; sie lernt, wie man Papier schöpft. Die pädagogischen Werkstätten gehören fest zum Konzept des lebendigen Mu-seums. Allein vergangenes Jahr haben über 2 000 Kinder an Workshops teilgenommen, mit ihren Schulklassen, ihrer Kita oder, um ihren Geburtstag zu feiern. Auch für Erwachsene werden regelmäßig Werkstätten rund ums Thema Druck organisiert. Gegen den Begriff „Bastelstunden“ für die Kinder-Ateliers wehrt sich Monika Jacobs. Alle Workshops würden von qualifiziertem Personal durchgeführt, betont sie. Die Workshop-Leiter sind Teil der Mannschaft aus rund 80 freischaffenden oder freiwilligen Mitarbeitern, die vom kleinen, fest eingestellten Team um Jacobs geleitet werden und den Museums- wie Kinobetrieb garantieren.

Das Kino, das 80 Besuchern Platz bietet, wurde 2011 ebenfalls aufgerüstet. Mit dem neuen Digitalprojektor können auch 3D-Fime gezeigt werden. „Ein wichtiger Schritt“, sagt Jacobs. Denn immer weniger Filme würden überhaupt noch in analoger Form, auf 35-Millimeterspulen erscheinen. Ohne Umstellung wäre man in der Filmauswahl immer weiter eingeschränkt worden. Nun kann man eine größere Auswahl und mehr Vorstellungen anbieten.

Wie fast alles wurde auch das zum Kulturhuef gehörende Restaurant erneuert und zum Theater-Café ausgebaut. Hier sollen kleine Konzerte, Kabarett-Vorstellungen stattfinden, im kleinen Rahmen, eine Möglichkeit, die es so im Osten bislang nicht gab, erklärt Jacobs; das Trifolion in Echternach ist verhältnismäßig groß. Dass sich hier, direkt neben dem Spielkartenmuseum, eine Spielkartenkultur entwickelt, findet Jacobs wünschenswert. „Aber forcieren kann man das nicht.“

Michèle Sinner
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