Luxemburgensia

Durch das Schlüsselloch der Hofbibliothek

d'Lëtzebuerger Land du 20.07.2000

Weitgehend unbekannt, befindet sich eine der größten Bibliotheken des Landes auf Schloss Berg: die nur der großherzoglichen Familie zugängliche Hofbibliothek. Mit einer Ausstellung im Palais verschafft sie sich erstmals gezielt Öffentlichkeit.

Der Bibliothekar von Schloss Berg, Gast Mannes, schätzt den Umfang der Hofbibliothek auf 30 000 Bücher. Das heißt größer sind hierzulande nur die Nationalbibliothek mit 900 000 Büchern, die Bibliotheken des Seminars und des Centre universitaire mit jeweils 120 000, die Stadtbibliothek Luxemburg mit 48 000 und die Bibliothek des Kunst- und Geschichtsmuseums mit 40 000 Büchern.

Die Hofbibliothek von Schloss Berg geht auf die Büchersammlung von Herzog Adolph von Nassau-Weilburg (1817-1905) zurück. Als Adolph 1890 Großherzog von Luxemburg wurde, blieben seine Bücher auf Schloss Bieberich, er ließ aber hierzulande weiter sammeln. 1934 kamen auch die Biebericher Bestände nach Schloss Berg.

Folglich stammt das Gros der Bücher aus dem 19. und 20. Jahrhundert, mit einem Schwerpunkt auf der Geschichte der Nassauer Dynastie. Der Jäger und Reiter Adolph interessierte sich unter anderem für Pferdebücher, gut vertreten sind aber auch Belletristik, Musikwerke, Hebraica, Kunsteinbände und Widmungsexemplare. Neben Adolph genoss auch Prinz Felix (1893-1970), der Gemahl von Großherzogin Charlotte, den Ruf des Bibliophilen.

In den letzten Jahrzehnten kaufte die Hofbibliothek systematisch sämtliche Luxemburgensia. Die Sammlung wird aber auch durch Nachkäufe von Werken aus dem 16. bis 18. Jahrhundert und sogar einzelne Inkunabeln ergänzt - in letzter Zeit unter anderem durch das erst Mitte der Siebzigerjahre von der Nationalbibliothek erworbene und in der Seminarbibliothek nur in fünf Bänden vorhandene 19-bändige Magnum bullarium romanum, mit dem sich der bedeutendste Verleger der Luxemburger Geschichte, André Chevarlier, 1727 anscheinend an den Rand des Ruins brachte.

Doch schon die Fotos im Ausstellungskatalog zeigen, dass die der großherzoglichen Familie vorbehaltenen Bücher in erster Linie der Größe nach geordnet sind. Obwohl sich seit 1968 Bibliothekare um die Sammlung kümmern, sind bis heute lediglich etwa zehn Prozent ordnungsgemäß katalogisiert. Eine vollständige Katalogisierung, die später sogar auf Internet veröffentlicht werden soll, dauert noch mindestens ein halbes Dutzend Jahre. So lange darf man auch gespannt sein, ob auf Schloss Berg der Forschung bisher unbekannte Werke lagern.

Im Palais sind zur Zeit 169 ausgewählte Widmungsexemplare - Bücher, Portfolien, Aquarelle und Gelegenheitsgedichte und -kompositionen - von Schloss Berg zu sehen, die den Nassauer und Luxemburger Fürsten mit meist überschwänglichen Widmungen, wie "dem Durchlauchtigsten Herzoge und Herrn in unterthänigster Ehrfurcht", zwecks Sponsoring geschenkt wurden oder gar in Unikaten für sie verfasst wurden.

Die Ausstellung im Saal der Stadtwaage reicht von einer handgemalten Schreibfibel für die Prinzenkinder von 1774 über eine geologische Abhandlung des später viel gehassten königlichen "Referendairs" Stift von 1831 und einem monarchistischen Gedicht des in Luxemburg vorübergehend vor den Nazis geretteten späteren Herausgebers des DDR-Satiremagazins Eulenspiegel, Karl Schnog, über Luxemburger Dichter und Historiker bis zu Politikern wie Nehru und Schewardnadse.

Interessenten werden leider genötigt, im Fremdenverkehrsamt auf Place d'Armes eine ganze Führung durch den Palais zu buchen, um die Ausstellung besuchen zu können.

En hommage à... Mit Widmung für... Dedicated to... bis zum 2. September montags bis freitags von 13.30 bis 18.30 Uhr und samstags von 9.30 bis 11.30 Uhr. Reservierungen unter der Telefonnummer 22 28 09, 220 Franken einschließlich 80-seitigem Katalog.

Romain Hilgert
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