Multimedia

Internet Goes Satellit

d'Lëtzebuerger Land du 29.06.2000

Immer mehr Web-Entwickler und Content Provider integrieren Video-inhalte auf ihren Internet-Sites. Virtuelle private Netze (VPN) vieler Unternehmen aus unterschiedlichs-ten Wirtschaftsbereichen ergänzen Fortbildungsprogramme und multimedial aufbereitete Produktinformation zu den Inhalten im hauseige-nen Intranet. Werbekampagnen of-ferieren zunehmend neue, interaktive Funktionen, die eine direkte und individuelle Kommunikation mit den einzelnen Verbrauchern ermöglichen. Derzeit sind die Netze zur Verteilung dieser neuen Anwendungen in verschiedener Hinsicht nur eingeschränkt tauglich, Nutzern qualitativ hochwertige Dienste anzubieten. Mangelnde Reichweiten bzw. fehlende Bandbreiten vieler Netzinfrastrukturen bremsen derzeit die Marktentwicklung für neue inhaltliche Formate, die längst nicht mehr nur von traditionsreichen Medienunternehmen erstellt werden.

Daher ist die technische Voraussetzung für eine möglichst breite Marktakzeptanz ein Hochgeschwindigkeits-Internetanschluss, der die neuen Angebote verbraucherfreundlich und kostengünstig in Haushalte und Unternehmen liefert. Um bestehende Engpässe bei der Zulieferung abgefragter oder re-gelmäßig angelieferter IP-Dienste (Internet-Protokoll) zu beseitigen und den Empfang kostengünstig und in höchster Qualität zu gewährleisten, ist ein breitbandiger Zugang unumgänglich. Attraktive Internet-Portale, IP-Multicast-Kanäle sowie interaktive Anwendungen beanspruchen stetig wachsende Übertragungskapazitäten, um audiovisuell angereicherte Internet- und Multimedia-Dienste bis zum Nutzer zu führen. Schmalbandige Anbindung mit den ruckelnden, briefmarkengroßen Multimedia-"Erlebnissen" wie sie die meisten heutigen Internetanschlüsse bieten, sind für die Entwicklung von personalisierten "Webcasting"-Diensten für den Massenmarkt auf Dauer nicht zumutbar. 

Als Multimedia-Autobahnen bieten sich an: Schmalbandige Telefonnetze, die mittels millionenschwerer In-vestitionsprogramme in xDSL-Techniken allmählich "aufgebohrt" werden, ISDN- und Glasfasernetze, so-wie bestehende Kabel- oder Satel--litendirektempfangsnetze. Wie Satelliten bietet Kabel, wo vorhanden, den breitbandigen Zugang zu den Endverbrauchern.

Die Kombination aus breitbandigem Zugang und Verbreitungsrechten von Inhalten sind der Kontext für eine dynamische Entwicklung der Informations- und Kommunikationsbranche. Zahlreiche Fusionen und Übernahmen zwischen Telekommunikations- und Medienun-ternehmen setzen ein deutliches Zeichen. Medienkonzerne teilen sich das Terrain mit den dot.coms. Netzbetreiber konsolidieren bei der Bereitstellung immer größerer und leistungsfähiger Infrastrukturen zur interaktiven Verbreitung zahlreicher thematischer Dienste. Die Verbreitungsrechte an Inhalten zur Ge-staltung personalisierter Nutzerportale sowie der Zugang zu breitbandigen Netzen bilden die Grundlage für die rasch voranschreitende Konvergenz zwischen traditionellen und neuen Medien. Film, Fernsehen, Internet, digitale Publikationen und eine Vielzahl interaktiver Anwendungen wie E-Commerce oder Online-Banking verschmelzen zu einem neuen Medienerlebnis, das auf di-versen Empfangsgeräten individuell und flexibel jederzeit abrufbar ist.

Satelliten bieten den maßgeblichen Vorteil, sofort jederzeit und flächendeckend empfangbar zu sein, während im Bereich terrestrischer In-frastrukturen das neue Telekommunikationszeitalter auf sich warten lässt. So haben auch heute noch mehr als 50 Prozent der Haushalte europaweit gar keinen Zugang zu Kabelnetzen.

Astra, das weltweit führende Satellitensystem für den Direktempfang, bietet Breitbandzugang zu Millionen von Haushalten mittels kleiner Empfangsantennen. Europaweit sind es mehr als 28 Millionen. Inklusive Kabelweiterverbreitung erreicht das heute aus neun Satelliten bestehende Astra-System mehr als 78 Millionen Haushalte. Astra liefert längst nicht mehr nur Fernseh- und Radioprogramme für ein Millionen-Publikum, sondern verstärkt auch Zugang zu IP-Streaming und Webcast-Anwendungen. Ziel ist der Em-pfang neuer Multimedia- und Internet-Dienste auf bestehenden Empfangsgeräten bzw. die Erschließung neuer Nutzerpotentiale für Astra-Satelliten-Übertragungen. Dabei er-öffnen die Astra-Net Satellitendienste den Internet- und Multimedia-Anwendungen, gebündelt mit frei empfangbaren Fernseh- und Hörfunkkanälen, den Zugang zu PC und künftigen IP-fähigen Set-Top-Dekodern.

Aufgrund ihrer Rundfunk-Eigenschaften und kontinentaler Ausleuchtzonen sind Satelliten optimal geeignet, um ein und dieselbe Information kostengünstig von einem Punkt an viele Empfänger zu verteilen, das so genannte Multicasting von Web-Inhalten. Die verfügbare Übertragungskapazität ermöglicht zum Beispiel qualitativ hochwertige Audio- und Videostreams, breitbandig genug, um reguläre Fernsehpro-gramme als Vollbild auf PC-Schirmen darzustellen. Satelliten werden künftig eine Vielzahl an Informations- und Unterhaltungs-Datenströmen übertragen, auf die von Endverbrauchern bzw. professionellen Nutzern in personalisierter Form zu-gegriffen werden kann. 

Die Industrie arbeitet bereits an der nächsten Etappe: Digitale Empfangsgeräte, mit leistungsstarker Speicherkapazität ausgestattet, erlauben den individuellen Zugang bzw. die persönliche Nutzung der übermittelten Informationen zu jedem gewünschten Zeitpunkt. Caching-Techniken (d.h. das temporäre Speichern übermittelter In-halte auf einer lokalen Festplatte), in Kombination mit der Breitband-Übertragungskapazität von Satelliten, können nicht nur bestehende Engpässe im World Wide Web allmählich aufheben und den Online-Verkehr insgesamt beschleunigen, sie verschaffen Internet-Nutzern auch den ganz persönlichen, flexiblen Zugang zu den neuen Angeboten. Datenübertragung via Satellit ist zudem erheblich schneller als herkömmliche Leitungsnetze. So dauert beispielsweise die Übertragung einer zehn Mbyte großen Datei nur zwei Sekunden, wenn sie mit 38Mbit/s über Astra-Satellit direkt zu einem Server übertragen wird. Zum Vergleich: Ein Standard-Telefonmodem mit einer Datenübertragungsrate von 28,8 Kbit/s benötigt für eine gleich große Datei 48 Minuten, eine ISDN-Verbindung immerhin noch 22 Minuten.

Romain Bausch, Generaldirektor und Präsident des Management-Komitees der Société européenne des Satellites (SES), die an der Luxemburger und Frankfurter Bör-se notierte Betreibergesellschaft von Astra, formulierte die Unternehmensziele kürzlich so: Seit Jahren verfolge die SES eine Strategie der konsequenten Ausweitung der Ge-schäftstätigkeiten und der geografischen Expansion. Ziel sei der Ausbau des Astra-Systems zum Multimedia-Kiosk am Himmel und die Schaf-fung eines globalen, satellitenge-stützten Breitband-Kommunikationsnetzes. 

1995 läutete das Unternehmen die Ära des digitalen Satellitenfernsehens in Europa ein, zwei Jahre später folgten die ersten Multimedia-Anwendungen über Astra. Mit Astra-Net verfügt die SES heute über ein offenes, weil standardbasiertes DVB/IP-Multimedia-Service-Netz. Astra-Net zählt zurzeit 39 Service Provider-Kunden aus elf europäischen Ländern, und der Schwerpunkt der angebotenen Dienste liegt in der Unternehmenskommunikation. Anwendungen wie das sichere und adressierte Übertragen von Dateien, IP-Streaming, Bandbreiten "auf Abruf" für Multicast- und Webcast-Angebote sowie TCP/IP-basierte Highspeed Internet-Dienste eignen sich jedoch glei-chermaßen zur Entwicklung eines echten Massenmarktes. In enger Zu-sammenarbeit mit Hard- und Softwareanbietern, Entwicklern von Ver-schlüssel-ungs-sys-temen und den Produzenten multimedialer Inhalte wird die SES in den kommenden Monaten diesen Markt gezielt angehen.

Die Reichweite dieser Breitband-Dienste beschränkt sich mittlerweile nicht mehr auf Europa. Nach dem Kauf 1999 einer strategischen Beteiligung an AsiaSat, dem führenden Satelliten-Betreiber im asiatisch-pa-zifischen Raum im Jahre 1999, wur-de eine Astra-Net-identische Multimediaplattform in Hong Kong in-stalliert. Die Kombination der Ausleuchtzonen von Astra und AsiaSat erlaubt nunmehr, Multimedia- und Internet-Dienste in einem Gebiet anzubieten, in dem _ der Weltbevölkerung leben. Zur Verwirklichung einer wahrhaft globalen Abdeckung werden in nächster Zeit Multimedia-Plattformen in anderen Erdteilen installiert.

Die Astra-Satellitenkommunikation wird ebenfalls interaktiv. Schon ab der zweiten Jahreshälfte werden Broad Band Interactive-Dienste (BBI) das Infrastrukturangebot für die multimediale Kommunikation abrunden. Diese gestatten es künftigen Nutzern, nach Bedarf auf Bandbreiten bis zu zwei Mbit/s für die Zuführung von Inhalten oder die Nutzung eines Rückkanals zuzugreifen. Durch den Einsatz einer sende- und empfangsfähigen kleinen, auf die Astra-Satelliten orientierten Parabolantenne sind Nutzer in der Lage, genau dann ihr breitbandiges Übertragungsnetz einzusetzen, wenn es benötigt wird. Dieses quasi virtuelle Netz erlaubt den bedarfsorientierten Aufbau der Em-pfangs- und Sendestationen in Europa und bietet den Vorteil, dass nur dann Kosten anfallen, wenn ein An-wender das System auch tatsächlich einsetzt. 

Pioneer Consulting schätzt, daß sich der Wert der weltweiten Satelliten-Dienstleistungen zwischen 1998 und 2007 verfünffachen und 120 Milliarden Dollar erreichen wird. Breitband-Dienste werden als integraler Bestandteil dieser Enwicklung gesehen: 2007 dürften rund 20 Millionen Abonnenten einen Breitband-Umsatz von 21 Milliarden Dollar ge-nerieren. SES/Astra ist gerüstet, um in der Satelliten-Breitbandkommunikation der Zukunft eine maßgebliche Rolle zu spielen.

 

Der Autor ist Communications- und PR-Manager bei SES Multimedia s.a.

 

Harald Melzer
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