Leitartikel

Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung

d'Lëtzebuerger Land vom 24.11.2017

Vergangene Woche war es nur ein persönlicher „Kommentar“ des Verfassungsrechts-Professors Luc Heuschling, in dem auf 25 Seiten der Regierungsentwurf zum neuen Universitätsgesetz seziert wird. Und wo der Autor zu Feststellungen gelangt wie: „Sous couvert de changement par petites touches, on change le registre“, und dass die beabsichtigten Änderungen in der Führung der Uni eine „concentration des pouvoirs qui prend une ampleur radicalement nouvelle“ zur Folge hätten. Am Mittwoch aber schloss sich dem der Professorenverband (Apul) der Uni an. Setzte hinzu, die Regierung habe keine „Lehren aus der Krise“ der Uni gezogen, und forderte eine „Debatte“ unter „Beteiligung der Universitätsgemeinschaft sowie der Zivilgesellschaft“ über das Universitätsgesetz, aber auch über den „akademischen Kontext in Luxemburg“.

Ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten. Im Moment scheint der Vorstoß vor allem an den Staatsrat gerichtet. Der könnte den Gesetzentwurf noch dieses Jahr begutachten. Anschließend kann die Diskussion im parlamentarischen Hochschulausschuss beginnen und schnell zu Ende sein. Dass in so einer Situation ein Verfassungsrechtler, obendrein ein Luxemburger, eine kritische Stellungnahme schreibt und der Professorenverband sie übernimmt, ist ein schlauer Ansatz, sich bei den Institutionen Gehör zu verschaffen.

Die Apul hat aber Recht, den „akademischen Kontext in Luxemburg“ debattieren zu wollen. Das Problem, um das es geht, ist nicht nur eines der gouvernance der Universität. Für die Regierung scheint die Uni nicht viel mehr als ein Établissement public zu sein, das funktionieren sollte wie andere Établissements publics: künftig straffer top-down geführt. Vorbild für Führungseffizienz soll, wie Luc Heuschling herausgestellt hat, die Post nach dem Postgesetz von 2016 sein.

Dass die Regierung offenbar meint, die Uni sollte ähnlich funktionieren wie die Post, dürfte nicht nur mit Erwartungen an einen „impact socio-économique“ der einzigen Uni im Land zu tun haben. Sondern mit einem Misstrauen gegenüber Akademischem generell. Das hat Tradition, äußerte sich in den Siebzigerjahren in den politischen Diskussionen zum Centre universitaire, setzte sich in den Achtzigern fort, als es um die Centres de recherche publics ging, und in den Neunzigern, als die damalige Ministerin Erna Hennicot-Schoepges und die CSV sich eine Uni Luxemburg nur als eine Art „Elite-Uni“ vorstellen konnten. Nach dem Regierungswechsel erhielt der Diskurs einen neuen Dreh, als es hieß, Forschung und Hochschullehre müssten mehr dem Wachstum und der wirtschaftlichen Diversifizierung dienen.

Doch wer meint, eine Uni gehöre geführt wie eine Firma, und Bottom-up-Entscheidungsprozesse für Energieverschwendung hält, ignoriert, dass die Wissenschaft ein hochkompetitives Metier ist. Um darin bestehen zu können, muss Akademikern vertraut werden, selbst am besten zu wissen, was sie tun; wenngleich sie sich auch irren können. Bei Luc Heuschling ist interessanterweise zu lesen, selbst im „angelsächsischen Raum“, dem das Führungsmodell der Uni Luxemburg angeblich entlehnt ist, ist es keineswegs die Regel, dass Strategieentscheidungen ein Board trifft, in dem kein einziger Universitätsangehöriger Stimmrecht hat, wie in Luxemburg, und dass ein Gremium aus gewählten Vertretern, wie der Universitätsrat hier, den Rektor lediglich berät. Ein Klima des Vertrauens um die Akademiker einer Uni zu schaffen, ist auch für den Studienbetrieb wichtig: Ein Universitätsstudium kann nicht nur, sondern soll schwer sein. Dann müssen die Studenten ihren Lehrern vertrauen können, sie zu geleiten. Wer den Eindruck aufkommen lässt, eine Uni und ihre Wissenschaftler gehörten gemanagt, höhlt dieses Vertrauen aus – kann zu verstehen geben, dass ein Studium leicht sein kann, zieht schwache Studenten an und macht aus der Uni vielleicht keine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, aber eine mit beschränkter Hoffnung.

Peter Feist
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