Beschäftigungsinitiativen

Geschickt eingefädelt

d'Lëtzebuerger Land vom 29.01.2009

Eigentlich wollte Arbeitsminister François Biltgen mit der Gesetzesvorlage 5144, die er vor nicht weniger als sechs Jahren im Parlament hinterlegte, unter den Beschäftigungsinitiativen aufräumen. Die hatten in den vergangenen Jahren eher durch dubiose Buchführung als mit Erfolgen bei der Reintegration von Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt Schlagzeilen gemacht. Das ist dem Minister nicht wirklich gelungen. Auch der Versuch, das Statut der Initiativen definitiv zu regeln, ist fehlgeschlagen. Und das wäre seit den jüngsten Gerichtsurteilen, die klarstellten, dass die Beschäftigungsinitiativen bei öffentlichen Ausschreibun­gen nicht mitmachen können, weil dies nur gewerbliche Firmen dürfen, umso dringender gewesen. Einiges – zum Beispiel der Versuch, die Initiativen zu zwingen, ihr Statut von einer gemeinnützigen Vereinigung zur einer Firma zu ändern – hat der Staatsrat verhindert. Weil man eine Firmenform vorgeschlagen hatte, die es im Luxemburger Recht noch nicht gibt. Zusätzlich drängt sich aber der Verdacht auf, als hätte der Parlamentsausschuss Arbeit und Beschäftigung, besetzt von OGBL- und LCGB-Größen, die eigenen Bedingungen diktiert. LCGB-Mitglied Ali Kaes war gar Berichterstatter, das beanstandeten am Mittwoch bei der Abstimmung bedauerlicherweise nicht einmal die Vertreter von DP und dei Gréng. Die „großen Parteien“ überließen es ausschließlich der ADR, diese Kritik anzubringen.

Dabei sind die Spielregeln nicht wirklich transparenter geworden. Anstatt, dass sich die Beschäftigungsinitiativen, wie von Arbeitsminister François Biltgen ursprünglich geplant, auf das Organisieren „sozio-ökonomischer Maßnahmen“ beschränken und dort solche Arbeitslose beschäftigen, die, aus welchen Ursachen auch immer, so weit vom Arbeitsmarkt entfernt sind, dass es keine Hoffnung auf eine Anstellung dort gibt, während sich Privatfirmen auf die (Re-)Integration von nicht ganz so weit entfernten Arbeitssuchenden konzentrieren, drehte der Ausschuss den Spieß um. Alle Arbeitgeber, also Initiativen und Privatfirmen, dürfen künftig beides: integrieren und sozio-ökonomische Maßnahmen organisieren. Dafür müssen sie beim Arbeitsminister eine Zulassung beantragen und eine Konvention abschließen, in der die Finanzierung geregelt wird. 

Dabei ist nicht definiert, was genau diese „sozio-ökonomischen Maßnahmen“ eigentlich sind, welche Art von Arbeiten in diesem Rahmen durchgeführt werden können. Nur soviel: Ihr Ziel ist es, dem Bezugsempfänger im Rahmen eines Arbeitsvertrages eine Anstellung und eine sozio-ökonomische Begleitung zu bieten. Somit werden diese Maßnahmen zu festen Strukturen, in denen die Arbeitssuchenden auch mit unbefristeten Arbeitsverträgen eingestellt werden können. Der Beschäftigungsfonds kann – das wird wenig transparent in der Konvention festgehalten – bis zu 100 Prozent des Lohnes der dort beschäftigten Arbeitssuchenden übernehmen.

Außerdem können Verwaltungskosten und die Kosten für das Betreuungspersonal ebenfalls vom Fonds finanziert werden. Wohlbemerkt können auch Privatunternehmen solche Maßnahmen durchführen, die könnten dann, theoretisch, mit vom Beschäftigungsfonds bezahlten Arbeitskräften auch an Ausschreibungen teilnehmen. Da es wahrscheinlich wenig Privatunternehmen gibt, die solche Strukturen aufbauen wollen, werden es dennoch die Initiativen sein, die von den neuen Spielregeln profitieren werden. Denn dürfen sie als gemeinnützige Vereinigungen eben nicht an Ausschreibungen teilnehmen hält nichts sie davon ab, private Aufträge anzunehmen – auch das, der Bezuschussung aus dem Beschäftigungsfonds sei Dank, quasi ohne Kosten. Damit haben sich die Initiativen den zweiten Arbeitsmarkt geschaffen, behalten sich aber das Recht vor, auf dem ersten aktiv zu sein. Hinzu kommt, dass nicht, wie von Biltgen ursprünglich geplant, nur Arbeitsuchende, die von der Adem als „sehr weit vom Arbeitsmarkt entfernt“ eingestuft sind, an den Maßnahmen teilnehmen werden. Im Gesetz steht nichts mehr darüber, wer wie in welche Maßnahme gelangt. So können durchaus auch qualifizierte Arbeitslose in eine solche aufgenommen werden. Da Gast Gyberien (ADR) und der unabhängige Aly Jearling am Mittwoch im Parlament bemängelten, wenn die Arbeitlosen erst einmal einen festen Vertrag in der Tasche hätten, gebe es keinen Anreiz mehr, sich um eine Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bemühen, blieb Biltgen nicht viel anderes übrig als zu kontern. Mit dem Argument, dass er lieber Geld aus dem Beschäftigungsfonds dafür ausgebe, dass die Arbeitslosen in einer solchen Maßnahme beschäftigt seien, als dass der Fonds dafür zahle, dass sie nichts tun. 

Dass würde auch die Motivation und das Selbstwertgefühl der Betroffenen stärken. Auch das ist allerdings fraglich, denn ob sie fest eingestellt werden oder mittels eines contrat appui-emploi oder eines contrat d’initiation à l’emploi: Der Fonds bezahlt maximal immer nur den Mindestlohn für unqualifizierte Arbeitskräfte. Wirkliche Perspektiven wird leider auch das den Betroffenen nicht bieten. 

Michèle Sinner
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