Fusion Cegedel, Soteg und SaarFerngas

Mitnahmeeffekt

d'Lëtzebuerger Land du 29.01.2009

Es soll alles ganz schnell gehen. Ab jetzt. Obwohl die Angebotsunterlagen noch nicht bei der CSSF eingereicht sind, rechnen Jean Lucius, Noch-Direktor der Soteg und bald einer von drei Vorständen der neuen regionalen Energiegesellschaft, und Etienne Schneider, Regierungsrat und Vorstandsmitglied der Energie-NewCo damit, dass das Kaufangebot in vier bis sechs Wochen abgewickelt und der squeeze-out eventuell verbleibender Cegedel-Aktionäre vollzogen sein wird. Dann wird die Fusion Cegedel-Soteg-Saar Ferngas vollendet sein und das Delisting der Cegedel von der Börse erfolgen, teilten sie am Mittwoch mit.

Vergangenen Freitag bereits hatten die „großen“ Aktionäre ihre Anteile an Cegedel und Saar Ferngas an die Soteg übertragen, die als Hülle für die Konzernzusammenführung dient. Am neuen Energie-Champion besitzt der Staat 28,3 Prozent, die SNCI 10,8; ArcelorMittal 25,3; E.on Ruhrgas 10,8; RWE Energy 19,8 und Electrabel 5,1 Prozent. Der NewSoteg hingegen gehören 82,82 Prozent an der Cegedel und 96,88 Prozent an Saar Ferngas (SFG). 

Die NewCo-Verantwortlichen haben keine Zweifel daran, dass die verbleibenden Anleger – der Streubesitz der Cegedel beträgt also rund 17 Prozent – beherzt zugreifen werden, wenn das Angebot anläuft. Der Preis beträgt 178,44 Euro abzüglich der bereits im Januar ausgezahlten Sonderdividende von 14,87 Euro pro Aktie. Das sei ein Aufschlag von über 50 Prozent gegenüber dem Handelspreis von Anfang Januar 2008, vor den ersten Presseberichten über die Fusionspläne. Rund 180 Millionen wird das Angebot die NewSoteg kosten, Geld, das sie sich von der Bank leiht. Angesichts der vor Zuversicht strotzenden Verantwortlichen, kann man sich fragen, weshalb das Angebot überhaupt so hoch ist. Was wiederum zur Frage der Bewertung der einzelnen Firmen führt. 

Letztendlich haben sich die Aktionäre darauf geeinigt, dass die Cegedel rund 1,1 Milliarden Euro wert ist, Saar Ferngas 510 Millionen und Soteg 490 Millionen Euro. Dass Saar Ferngas nun doch auf über eine halbe Milliarde Euro bewertet wurde, ist besonders interessant, weil der Rechtsstreit vor den deutschen Gerichten darum, wem die Firma eigentlich gehören darf – ArcelorMittal oder RWE –, noch nicht in letzter Instanz ausgefochten ist (d’Land, 16.5.2008). Am Freitag demonstrierten die um Wirtschaftsminister Jeannot Krecké versammelten Firmenbosse dennoch Einigkeit. Die RWE-Vertreter versicherten, man wolle ArcelorMittal den saarländischen Gasanbieter nicht mehr streitig machen. Trotzdem kämpft RWE weiter gegen das Kartellamt, das dem Konzern die Übernahme von SFG verboten hatte, so Leonard Birnbaum, RWE am Freitag. Heimlich aber werden sich die RWE-Bosse ins Fäustchen lachen, weil sie nun doch zu 20 Prozent Teilhaber am Gaslieferanten sind.

Vor allem aber straft diese Bewertung alle die „Kleinanleger“ der Cegedel Lügen – Luxempart-Energy und die Anwälte von Deminor inklusive –, die noch vor weniger als einem Jahr tobten, SFG sei nicht einmal die 367 Millionen Euro wert, die ArcelorMittal dafür bezahlt habe. Luxempart, die ihre Cegedel-Beteiligung an RWE abgetreten hat, kassiert dafür das schöne Sümmchen von 187 Millionen Euro und setzt damit die eigenen Interessen durch.

Fragt sich, wie es mit den Interessen der Allgemeinheit ist. Damit der Staat größter Teilhaber der Gesellschaft und damit auch der Netzinfrastruktur wird, so, wie es Jeannot Krecké versprochen hatte, musste die öffentliche Hand ArcelorMittal 2,5 Prozent der neuen Gesellschaft abkaufen – was die Auszahlung der Sonderdividende an die Cegedel-Aktionäre Anfang des Jahres erklärt. Dieses Geld braucht der Staat, um die 2,5 Prozent bezahlen zu können. Einen technische Formalität, wie Schneider am Mittwoch erklärte. Das kann man allerdings bezweifeln. Denn damit hat sich der Staat einen Vorschuss auf ein Kaufangebot geben lassen, an dem er nicht teilnimmt und sich 32,7 Millionen Euro auszahlen lassen. Ob man das als Mitnahmeeffekt bezeichnen kann? Dementsprechend viel haben natürlich auch die anderen Großaktionäre erhalten, die ihre Anteile am Freitag an die Soteg übertragen haben. Da hatte Krecké bereits erklärt, im Aktionärspakt sei vorgesehen, dass andere öffentliche Anbieter sich dem Konzern anschließen könnten, und wie die Teilhaberstruktur sich dadurch ändern werde. Wenig bis nichts war allerdings über die zukünftige Preispolitik der Energiefirma zu erfahren. Es sei im Interesse der Firma, kompetitive Preise zu bieten, hieß es. So gut seien die Preise der Cegedel bereits jetzt, so Schneider, dass man McDonalds in Österreich beliefere, der BigMac im Skiurlaub demnach mit Cegedel-Strom gebraten werde. Doch keiner der Aktionäre ist bisher für das Backen kleiner Brötchen bekannt; sie werden eine Dividende sehen wollen. 

Bereits jetzt entspricht die Informationspolitik der eines Unternehmen, das nicht an der Börse notiert ist. Weder will man sagen, wie hoch die erwarteten Synergien sind, noch welches Investitionsvolumen – von den bereits bekannten Projekten von Cegedel und Soteg abgesehen – man vorgesehen hat. Nur dass die NewCo upstream viel aktiver werden will, also beim Bezug von Gas, sprich bei der Stromherstellung, möglichst viele Zwischenhändler ausschalten möchte. Dazu gehörten Projekte in erneuerbaren Energien, die derzeit noch zu unkonkret seien, um darüber zu sprechen, sowie die Beteiligung an Gasfeldern, damit bis zu zehn Prozent des Gasbedarfs aus eigenen Feldern gedeckt werden könne. Durch die Fusion habe man das nötige Kapital und das Wissen, auch solche Projekte anzugehen, so Jean Lucius am Mittwoch. 

Michèle Sinner
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