Observatoire de l’habitat: Bald soll er kommen, der Grundstückspreisindex

Land in Sicht

d'Lëtzebuerger Land vom 24.10.2014

Mehr als zehn Jahre hat es seit der Gründung des Observatoire de l’habitat 2003 gedauert, doch noch vor Ende dieses Jahres soll es so weit sein: Dann wird das Observatoire einen Grundstückspreisindex veröffentlichen. Ein Hauspreisindex, vom Statistikinstitut Statec erstellt, soll ebenfalls bald folgen, erklärt Julien Licheron vom Sozialforschungszentrum Ceps-Instead in Belval. Damit wird eine große Datenlücke in den Indikatoren zum heimischen Immobilien- und Wohnungsmarkt geschlossen. Feste Daten über die tatsächlichen Verkaufspreise von Grundstücken und Häusern gibt es bisher nicht – erstaunlich in einem Land der Wohnungs- und Hauseigentümer. Was das Observatoire bislang an Informa­tionen über die Hauspreise veröffentlicht, stammt aus Verkaufsangeboten und -inseraten im Internet und in der Presse. Doch dass der Anzeigenpreis nicht unbedingt mit dem übereinstimmt, der nach Verhandlungen zwischen Verkäufern, Käufern und ihren Zwischenhändlern von Immobilienagenturen tatsächlich beim Notar eingetragen wird, dessen ist man sich auch beim Observatoire de l’habitat bewusst. Oft genug wurden Sinn und Zweck von dessen Veröffentlichungen deshalb in Frage gestellt. Zumal Statec und Observatoire jahrelang verschiedene Wohnungspreisindizes veröffentlichten. Möglich war das, weil das Eintragungs- und Liegenschaftsamt seit 2009 alle Angaben über dort registrierte Immobilientransaktionen sammelt, standardisiert und einmal monatlich weiterleitet. Seither ist es möglich, die Angaben über Wohnungsverkäufe mit denen aus den vertikalen Katastern zu kreuzen, die für Mehrfamilienhäuser erstellt werden müssen. So kann überhaupt erst zwischen Ein- und Mehrzimmerwohnungen in verschiedenen Regionen des Landes unterschieden – und deren reeller Verkaufspreis ermittelt werden. Seit 2012, so Licheron, haben Observatoire, Statec, Ceps, Enregistrement, das zuständige Ministerium und die Zentralbank zusammengearbeitet, um einen einheitlichen Index auszuarbeiten, „der die Straße hält“. Vor zwei Wochen veröffentlichten Observatoire und Statec erstmals gemeinsam ihren halbjährlichen Preisindex. Zur Ermittlung der Häuserpreise kann das Observatoire allerdings nicht auf die gleiche Vorgehensweise zurückgreifen, erläutert Julien Licheron. Jeder Notar habe seine „eigene“ Art und Gepflogenheiten, wie er oder sie eine Immobilientransaktion festhält und welche Informationen im Akt niedergeschrieben werden. Deshalb sei eine standardisierte Datenerhebung nicht möglich. Im Akt fehlten oft wichtige Daten über Größe und Zimmeranzahl, die aber für die Kategorisierung wichtig sind. Daten also, die für die Wohnungen durch das vertikale Kataster erhoben werden, das es für Einfamilienhäuser aber nicht gibt. Deshalb wird das Statistikamt die benötigten Angaben durch eine Umfrage bei allen neuen Hausbesitzern ermitteln. „Eine technische Lösung auf Basis von bestehenden administrativen Angaben gab es nicht“, so Licheron. Um seinen Grundstückspreisindex erstellen zu können, hat sich das Observatoire die Genehmigung der Datenschutzkommission geholt, um Zugang zu allen Grundstücksparzellennummern zu erhalten. So können die Nummern verkaufter Parzellen innerhalb der Generalbebauungspläne der Gemeinden lokalisiert werden. Dadurch lässt sich erstens prüfen, ob die Grundstücke im Bauperimeter liegen, und zweitens, wie dicht darauf gebaut werden kann. Wie regelmäßig dieser Index veröffentlicht werden soll, weiß Licheron noch nicht, ist sich aber sicher, dass er in den kommenden Monaten erstmals vorgestellt werden soll. Die neuen Indizes werden sicher für mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt sorgen, zumal im Segment „Vente“. Dass es bei den Mieten zwischen Anzeigen- und reellen Preisen kaum Unterschiede gibt, weiß das Observatoire, weil die Anzeigen mit den Angaben über die Miethöhe aus der Volksbefragung von 2011 sowie mit denen über die Mietausgaben aus der Langzeitstudie EU-Silc verglichen wurden. Ob das zusätzliche Wissen um die Preise diese wiederum beeinflussen wird? „Transparenz ist ein wichtiges Element“, sagt Licheron, „das für Gleichheit zwischen Verkäufern und Käufern sorgt.“ So, meint der Forscher in der Abteilung Geografie und Entwicklung am Ceps, könnten sich Mieter gegen missbräuchlich hohe Mieten schützen, Grundstücksbesitzer sich eine realistische Idee vom Wert ihrer Parzellen machen. Das Observatoire de l’habitat ermittelt aber nicht nur Preise sondern auch, wie viele Grundstücke überhaupt zur Verfügung stehen. Dazu wurden die Generalbebauungspläne aller Gemeinden digitalisiert, eine Datenbank, die ständig durch neu angenommene Teilbebauungspläne aktualisiert wird. Dadurch kann das Observatoire jeweils zum Jahresende sagen, wie viele Grundstücke zur Bebauung zur Verfügung stehen. In der Theorie zumindest. Denn was tatsächlich bebaut wird oder welche Gebäude abgerissen werden, lässt sich nur schwer verfolgen. Deshalb legt das Observatoire die Luftaufnahmen des Katasteramts über die digitalisierten Pläne. So konnte das Observatoire 2010 feststellen, dass es damals 2 700 Hektar freies, ausgewiesenes Bauland in Luxemburg gab. „Das sind Daten, die weniger Privatleute, als die Gemeindeverwaltungen oder das zuständige Ministerium interessieren“, so Licheron. Die 2 700 freien Hektar hatten damals für manche Schlagzeile gesorgt. Zwischen 2007 und 2010, hatte das Puzzle ergeben, waren 400 Hektar bebaut worden. Und, so etablierten die Ceps-Forscher, die Baudichte steigt. Dies vor allem deshalb, weil mehr Mehr- als Einfamilienhäuser gebaut werden, so Licheron, denn in Bauzonen für Mehrfamilienhäuser liege die Dichte fast unverändert bei 80 Wohneinheiten pro Hektar, in Zonen für Einfamilienhäuser quasi unverändert bei 15 Wohneinheiten pro Hektar. Höher oder wesentlich anders als in der Vergangenheit wurde demnach nicht gebaut. Anfang 2015, schätzt Licheron, werde die neue Erhebung auf Basis der Luftaufnahmen bereit sein, die 2013 angefertigt wurden. Die Ergebnisse sind von großer politischer Relevanz, weil die Regierung im Bereich Wohnungsbau viel vorhat. Vize-Premier Etienne Schneider (LSAP) hatte während des Wahlkampfs dafür geworben, die Bauperimeter zu öffnen, um das Grundstücksangebot zu erweitern und dadurch die Preise auf dem Immobilienmarkt zu senken. Und ein Großteil der projets d’envergure, die im Sektorplan Logement vorgesehen sind, liegen außerhalb der Perimeter. Sollte sich herausstellen, dass innerhalb der Permiter immer noch tausende Hektar ungenutzt brachliegen, riskiert die Regierung unangenehme Fragen beantworten zu müssen. In den kommenden Jahren, so Licheron, will sich das Observatoire verstärkt mit den kommunalen Bauvorschriften beschäftigen und der darin vorgeschriebenen, jeweils unterschiedlichen maximalen Baudichte. „Das ist eine Frage, die uns auch im Rahmen der Grundstückspreisanalyse beschäftigt. Inwiefern beeinflussen die Bauvorschriften die Grundstückspreise? Wie gut oder schlecht die Grundstücke rentabilisiert werden können, ist ein wichtiger Preisfaktor.“

Michèle Sinner
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