Bei CSV und LSAP stehlen im Süden Newcomer altbekannten Gesichtern und Parteigrößen die Show. DP-Spitzenkandidat Claude Meisch profitiert nicht vom Aufschwung

Heimspiel?

d'Lëtzebuerger Land du 25.10.2013

Ganz so stark wie im Norden und im Osten hat die CSV im Heimatbezirk ihres Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker nicht verloren. Die Entwicklung spiegelt die auf nationaler Ebene wider: CSV (32,4 Prozent), LSAP (25,2 Prozent) und déi Gréng (9,78 Prozent) verlieren – DP (12,74 Prozent), déi Lenk (5,73 Prozent) und Piraten (3,03 Prozent) gewinnen.

Insgesamt 87 152 Wahlzettel holten die Wahlbüromitarbeiter am Sonntag aus den Urnen – rund 5 000 mehr als bei den letzten Kammerwahlen 2009. Minus 3,38 Prozent waren es am Ende der Auszählung für die CSV, da war sie mit 32,24 Prozent der Stimmen immer noch stärkste Partei. Dennoch war ein Sitz weg, ihr bleiben im Süden noch acht. Für Jean-Claude Juncker selbst war es ein Verlust von über 11 000 Stimmen. Natürlich war die CSV im Süden ohne eines ihrer Zugpferde angetreten. François Biltgen, der mittlerweile Richter am Europäischen Gerichtshof ist, hatte bei den letzten Kammerwahlen noch fast 40 000 Stimmen für seine Partei geholt.

Marc Spautz, der kurz vor dem verfrühten Ende der Legislaturperiode zu Ministerehren kam, konnte vergangenen Sonntag als einziger von den wiedergewählten CSV-Mandatsträgern sein persönliches Ergebnis um 3 500 auf 28 052 Stimmen steigern. Damit platzierte er sich auf der CSV-Liste als Zweiter vor dem langjährigen Regierungsmitglied Jean-Marie Halsdorf. Zu den Verlierern auf der CSV-Liste gehört neben Halsdorf auch der ehemalige Minister und Parteipräsident Michel Wolter; sowohl der frühere TV-Moderator Félix Eischen als auch der kurz vor den Wahlen zum Fraktionschef aufgestiegene Gilles Roth erzielten ein besseres Ergebnis als er.

Die Wiederwahl geschafft haben außerdem die ehemalige Leistungssportlerin Nancy Kemp-Arendt und Sylvie Andrich-Duval. Das ist Notarin Christine Doerner nicht gelungen. Auch der Parteigeneralsekretär und Bürgermeister Bettemburgs – wo er mit DP und Grünen gegen die stärkere LSAP koaliert – Laurent Zeimet hat den Sprung ins Parlament nicht auf Anhieb geschafft. Er könnte allerdings als Erster nachrücken, wenn die CSV an der nächsten Regierung beteiligt würde. Am schlimmsten hat es bei den Christlich-Sozialen den ehemaligen LCGB-Präsidenten Robert Weber erwischt, der mit 16 810 Stimmen den letzten Platz belegt hat und am Montag bei RTL seinen Rückzug aus der Politik ankündigte.

Die Sozialisten mussten im Süden, ihrer ehemaligen Hochburg, zum dritten Mal in Folge Stimmverluste (-2,97 Prozent) hinnehmen. Trotzdem konnten sie ihre sieben Mandate retten. Angesichts der Tatsache, dass bei der LSAP gleich mehrere prominente Gesichter fehlten, die bei vergangenen Wahlen gepunktet hatten, vielleicht gar kein so schlechtes Ergebnis. Denn die dem linken Parteiflügel zugerechnete Vera Spautz hatte ihr Mandat 2012 aus Protest gegen die Politik der Regierungskoalition abgegeben. Ein Verlust in den Augen derer, denen die LSAP zu liberal geworden ist. Lydie Err wurde 2012 Ombudsfrau. Auch Lucien Lux fehlte im Süden, weil er im Zentrum antrat. Ob das im Endeffekt ein Nachteil für die Süd-LSAP war? Lux verpasste im Zentrum den Einzug ins Parlament.

LSAP-Spitzenreiter bleiben Jean Asselborn, Mars Di Bartolomeo, Alex Bodry und Lydia Mutsch in unveränderter Reihenfolge und mit Stimmenverlusten von zwischen 2 500 (Mutsch) und rund 9 700 Stimmen (Di Bartolomeo). Großer Gewinner der LSAP-Südliste ist der Monnericher Bürgermeister und Staatsrat Dan Kersch, der aus dem Stand mit rund 21 000 Stimmen Abgeordneter wurde. Damit hat er den Sassenheimer Bürgermeister Georges Engel überholt, der 2012 nach der Ernennung Errs zur Ombudsfrau ins Parlament aufgerückt war. Auch Generalsekretär Yves Cruchten schaffte am Sonntag den Einzug ins Parlament. Taina Bofferding gelang dies mit 213 Stimmen weniger als Cruchten nicht. Dennoch konnte sie sich noch vor der langjährigen Abgeordneten Claudia Dall’Agnol und vor dem Mamer Schöffen Roger Negri platzieren. Roland Schreiner, der Schifflinger Bürgermeister, der 2012 Vera Spautz im Parlament ersetzt hatte und der sich im Dossier Asphaltwerk Um Monkeler anders als Dan Kersch sehr um Sachlichkeit bemüht hatte, wurde nicht wiedergewählt und lag abgeschlagen auf dem 15. von 23 Plätzen.

Die DP konnte am Sonntag im Süden 2,63 Prozent zulegen. Im Vergleich zu 2009 stieg die Zahl der Listenstimmen von 88 688 auf 145 429. Erstgewählter der Liberalen ist Claude Meisch mit 22 255 Stimmen, dessen persönliches Ergebnis gegen den DP-Trend geht: Der Fraktionschef büßte im Vergleich zu 2009 83 Stimmen ein. Eugène Berger hingegen verbesserte sein Resultat um rund 4 000 Stimmen, bleibt aber deutlich hinter Meisch zurück. Vom Aufschub profitiert hat der Journalist und Bettemburger Gemeindepolitiker Gusty Graas, der von 1999 bis 2004 parlamentarische Erfahrung gesammelt hatte und nun ein Comeback auf dem Krautmarkt feiert. Im Falle der Regierungsbeteiligung der DP könnte Max Hahn, JDL-Präsident, Dippacher Gemeinderatsmitglied und Feuerwehrmann, ins Parlament nachrutschen. Je nachdem, ob ein oder zwei Liberale aus dem Süden Regierungsverantwortung bekämen, könnte auch noch Tänzerin und Choreografin Sylvia Camarda auf dem Krautmarkt vereidigt werden.

Die Grünen verlieren im Süden 0,5 Prozent. Manuel Huss hat seinen Vater Jean auf der Liste ersetzt und etwas mehr als die Hälfte der Stimmen (7 368) erhalten, die Huss Senior 2009 geholt hatte. Felix Braz, der Jean-Claude Juncker und Luc Frieden in den vergangenen Monaten immer wieder scharf angegriffen hatte und sich die gouvernance zum Steckenpferd für die Wahlen gemacht hatte, hat sein persönliches Resultat von vergangenen Wahlgang um rund 2 000 Stimmen auf rund 19 800 verbessert. Josée Lorsché konnte ihr Mandat ebenfalls verteidigen. Sollte es zu einer Dreierkoalition kommen und Felix Braz Minister werden – am Dienstag fungierte er auf RTL schon mal als Sprecher der Grünen – würde der Differdinger Schöffe Roberto Traversini ins Parlament einziehen.

Am Sonntagabend feierte Serge Urbany déi Lénk als Wahlgewinnerin. Dabei ist von den kleinen Parteien im Süden déi Lénk weder die größte insgesamt, noch die größte Gewinnerin. Erstere ist mit 7,52 Prozent die ADR, die mit dem ehemaligen Frisinger Bürgermeister Gast Gybérien und dem ehemaligen Doppelagenten und Diplomaten Fernand Kartheiser an der Spitze auch nach dem Zerfall der Partei auf nationaler Ebene nur 0,39 Prozent einbüßte. Sowohl Gybérien wie Kartheiser haben ihre Mandate gesichert. Die PID von Ex-ADR-Mitglied Jean Colombera erhielt 1,35 Prozent der Stimmen. 2009 hatte die Bürgerliste von Ex-ADR-Mitglied Aly Jaerling 0,81 Prozent der Stimmen erreicht.

Größte Gewinnerin ist im Süden die Piratenpartei, die aus dem Stand 3,03 Prozent holen konnte. Ihr Spitzenkandidat Marc Goergen holte 5 033 Stimmen – nur 743 Stimmen weniger als KPL-Chef Ali Ruckert. Letzerere konnte trotz leichten Gewinnen (+0,24 Prozent) dennoch keinen Sitz ergattern.

Déi Lénk konnte bei den ersten Wahlen, bei denen sie ohne ihren Übervater André Hoffmann antrat, ihr Resultat um 1,6 auf 5,7 Prozent verbessern. Sie konnte sicher einen Teil der Wähler einsammeln, die sich von der LSAP verabschiedet haben. Serge Urbany, der im Rahmen der Srel-Affäre als einziger Abgeordneter für die Abschaffung des Geheimdiensts plädiert hatte und die Regierung auch wegen des Cargolux-Debakels scharf angegriffen hatte, erhielt 8 780 Stimmen (im Vergleich zu 3 216 beim Wahlgang 2009). Damit kann er immer noch nicht mit Hoffmann gleichziehen, der 2009 10 770 Stimmen erhalten hatte. Umso bemerkenswerter ist der große Zuwachs an Listenstimmen für déi Lénk, die von rund 39 300 2009 auf über 66 800 stieg. Ein Hinweis, dass immer mehr Wähler finden, dass links neben der LSAP noch viel Platz ist. Marc Baum belegt bei déi Lénk den zweiten Rang und wird, wenn déi Lénk an ihren Rotationsprinzip festhält, Serge Urbany in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode im Parlament ablösen.

Michèle Sinner
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