Leitartikel

Made in China

d'Lëtzebuerger Land vom 16.08.2019

Den ganzen Kalten Krieg und die Goldenen Dreißiger über waren die USA die Weltmeister der Handelsfreiheit, zumindest um Zugang zu fremden Märkten zu erhalten und in internationalen Gremien Protektionismus als eine Bedrohung für den Frieden und die Demokratie darzustellen. Auch wenn sie selbstverständlich ihre eigenen politisch einflussreichen Landwirte bezuschussten und mit Rüstungsaufträgen Forschung und Entwicklung in der Privatwirtschaft finanzierten. Diese Zeiten scheinen nun der Vergangenheit anzugehören. Die USA haben selbst ihre Verbündeten mit Strafzöllen belegt oder bedroht, von Stahlprodukten bis Pkws, und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erzählt immer wieder gern, wie es ihm als einzigem gelungen war, Präsident Donald Trump für kurze Zeit zu zähmen.

Aber der tatsächliche Feind der USA im Handelskrieg ist China, das zum wichtigsten Konkurrenten der USA geworden ist und dessen Bruttoinlandsprodukt inzwischen dasjenige der USA übertrifft. Wie hierzulande ist auch in den US-Supermärkten fast alles, was nicht gerade als kurzfristige Konsumgüter angeboten wird, made in ­China. Deshalb versuchen die USA, mit Strafzöllen und Boykottmaßnahmen die weitere Entwicklung des Wirtschaftswachstums und der technischen Innovation in China so gut es geht zu bremsen, die in China gefertigten iPhones gegen die chinesiscshen Huawei-Handys zu verteidigen.

Aber vielleicht ist es schon zu spät, weil die Volkswirtschaften mit ihren Lieferketten, Rohstoffversorgungen und Absatzmärkten so stark voneinander abhängig sind, dass jeder Versuch einer erneuten Entflechtung für alle Beteiligten sehr kostspielig wird. Deshalb sind die USA ständig damit beschäftigt, Handelsabkommen anzubieten, aufzuzwingen und mit unannehmbaren Forderungen zu verhindern, Strafzölle anzudrohen, abzublasen, zu verhängen und aufzuschieben - zuletzt um Preiserhöhungen im bevorstehenden Weihnachtsgeschäft zu verhindern.

Die chinesische Regierung hat dem bisher mit einem gewissen Langmut zugesehen, dann Strafzölle mit Strafzöllen beantwortet. Nun kommt die Territion: Sie hat gezeigt, dass sie den Kurs ihrer Währung senken kann, um chinesische Industrieprodukte auf den Weltmärkten billiger zu machen. Sie hat mitteilen lassen, dass sie den Export seltener Erden beschränken könnte, die weltweit zu den Grundbestandteilen nicht nur der Elektronikindustrie gehören. Als nächstes könnte ein Hinweis auf die Billion Dollar US-Staatsanleihen in chinesischer Hand kommen. Dass die Botschaft ankommt, zeigt der Kursrückgang vieler Aktien in den vergangenen Tagen.

Die weitere Entwicklung des Handelskriegs bleibt unabsehbar. Will US-Präsident ­Donald Trump nächstes Jahr mit dem Gespenst der „gelben Gefahr“ in den Wahlkampf ziehen oder befürchtet er, mit seinem Handelskrieg von seinen Wählern für eine mögliche Rezession verantwortlich gemacht zu werden? Denn der Handelskrieg droht, die Wirtschaftskonjunktur zu belasten, die ihre Höchstleistungen vielerorts dem Doping der Zentralbanken verdankt.

Das Statec meldete vergangenen Monat in seinem Conjoncture Flash, dass es Banken und Investitionsfonds, selbstverständlich auch der Bauwirtschaft, blendend geht, doch die Industrieunternehmer klagen über die Zurückhaltung ihrer Kunden und stellen schon seit Mitte vergangenen Jahres weniger ein. So als reichten die eigenen Schwierigkeiten der Europäischen Union nicht aus, wo die zweitgrößte Volkswirtschaft den Bruch in zwei Monaten geplant hat und in der viergrößten der Innenminister gerade wieder auf Rom marschiert.

Romain Hilgert
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