Staatshaushalt 2008

Von der rue de la Congrégation nach Maastricht

d'Lëtzebuerger Land du 25.10.2007

Wie vor einem Jahr vom Parlament verlangt, rechnet für 2008 erstmals ein dritter Band des Entwurfs des Staatshaushalts den Übergang vom Staatsbudget nach dem Gesetz von 1999 über die staatliche Buchführung zum Budget nach den SEC-95-Normen des Maastrichter Stabilitätspakts vor. Der diese Woche erschienene Band zeigt, dass der Unterschied erheblich ist.Denn zum einen beschränkt sich der Maastrichter Haushaltn icht auf die Staatsfinanzen, sondern schließt auch die Finanzen der Gemeinden und der Sozialversicherung ein. Zum anderen verbucht er dadurch einen Teil der Staatsfinanzen anders, nämlich nach dem Prinzip, dass alles aus einem großenTopf kommt. 

Das geringste Problem stellen dabei die Finanzen der Sozialversicherung dar. Denn ihre bisherige Darstellung unterscheidet sich unter dem Strich nur minimal von derjenigen nach SEC 95, nämlich bei den Ausgaben um 59 Millionen Euro oder weniger als ein Prozent, bei den Einnahmen um 100 Millionen Euro. Neben geringfügigen Änderungen muss unter anderem die Mammerent nach dem Prinzip der Konsolidierung der öffentlichen Ausgaben zu den Ausgaben der mit der Auszahlung beauftragten Pensionskassen hinzugezählt werden, auch wenn sie zumLeidwesen des Finanzministers noch immer vom Nationalen Solidaritätsfonds getragen werden. Dafür muss zu den Einnahmen hinzugerechnet werden, wenn der Staat das Defizit der Kindergeldkasse trägt. 

Bei den Gemeindefinanzen wird es da schon schwieriger. Vor allem, weil die 116 Gemeinden, 59 Syndikate und 125 dazu gehörenden öffentlichen Einrichtungen ihre Haushalte oft erst im Dezember oder gar erst im Januar des Haushaltsjahrs selbst verabschieden. So dass von diesem Sektor gar keine verlässlichen Zahlen vorliegen, wenn der Haushalt des Staats und der öffentlichen Hand aufgestellt und vom Parlament verabschiedet wird. Deshalb wird mit Schätzungen auf der Grundlage zurückliegender Haushaltsjahre und demnächst mit Stichproben größerer Gemeinden operiert, bevor eine Gesetzesänderung die Gemeinden dazu bringen soll, ihre Haushalte einige Monate früher zu verabschieden. Den größten Unterschied zwischen der traditionellen Gemeindebuchführung und der Maastrichter Aufbereitung machen die Rückerstattung von Einnahmen und Ausgaben aus, die – wie im Staatshaushalt – laut SEC 95 nicht als Ausgaben beziehungsweise Einnahmen, sondern als Mindereinnahmen und Minderausgaben verbucht werden müssen; am Saldo der Gemeindefinanzen ändertdies aber nichts. 

Am auffälligsten sind die Unterschiede zwischen der Luxemburgerund der Maastrichter Buchführung aber beim eigentlichen Staatshaushalt. Nach nationaler Buchführung sieht der Staatshaushalt für nächstes Jahr Ausgaben von 8,5 Milliarden Euro vor,  nach Maastrichter aber nur von sieben Milliarden und als Zentralverwaltung von 10,7 Milliarden. Derselbe Haushalt plant in der im Parlament deponierten Version Einnahmen von 8,4 Milliarden Euro, in der Maastrichter Version von neun Milliarden und als Zentralverwaltung von 10,1 Milliarden. Denn aus den staatlichen Einnahmen und Ausgaben müssen unter anderem die Einnahmen und Kosten von Krediten und Beteiligungen herausgerechnet werden, weil es sich in de Maastrichter Logik lediglich um Kapital handelt, das seine Erscheinungsform verändert. Für über eine halbe Milliarde Euro müssen im Haushalt für nächstes Jahr Einnahmen und Ausgaben umgebucht werden. So müssen statt als Mindereinnahmen als Ausgaben die staatliche Beteiligung an den Lehrergehältern, die TVA-Abgaben an die Europäische Union, die Akzisenabgaben innerhalb der UEBL und der ab 2008 eingeführte Kinderbonus als Ersatz für eine Steuerermäßigung aufgeführt werden. Was aber amSaldo nichts ändert.

Hauptursache für den großen Unterschied zwischen den Budgetversionen sind die Investitions- und anderen Fonds, die staatlichen Institutionen wie der großherzogliche Hof und das Parlament, die staatlichen Dienste mit getrennter Buchführung und die öffentlichen Einrichtungen. Ihre Speisung erscheint bisher im Staatshaushalt als einmalige Ausgabe des Staats. In der Maastrichter Logik sind das aber nur interne Transfers innerhalb der Zentralverwaltung, so dass sie nicht mehr als Ausgaben des Staats angesehen werden dürfen; als Einnahmen dürfen die Fonds nur eigene Einnahmen, nicht aber die Speisung durchden Staat oder Anleihen verbuchen. Weil alles ein einziger großer Topf ist, müssen die Fonds ihre eigenen Ausgaben dagegen als Ausgaben der Zentralverwaltung ansehen. In Jahren wie dem nächsten, wenn die Fonds viel mehr Geld ausgeben, als sie erhalten, werden so die Ausgaben der Zentralverwaltung und folglich auch ihr Defizit aufgebläht. Weil diese Abrechnung von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr gilt, geht der Effekt der Fonds verloren,als Spardose zu dienen, in die während fetter Jahre viel eingezahltund aus denen in mageren Jahren viel ausgegeben wird. So wird der Fehlbetrag des Staatshaushalts von 20,5 Millionen Euro in seiner Luxemburger Version zu einem Überschuss von1 936,8 Millionenin seiner Maastrichter Version. Doch dafür beträgt der Fehlbetragdes Zentralstaats 568,5 Millionen. Er wird dann mehr als kompensiert durch den Überschuss der Sozialversicherung, so dass die öffentliche Hand einen Gesamtüberschuss von 337,8 Millionen aufweisen soll. 

Die Gemeinden sollen dabei ein kleines Defizit von insgesamt 47,2 Millionen aufweisen, derzeit aber haben die meisten noch nicht mal ein Budget. Erhebliche Unterschiede können sich aber auch noch nachträglich dadurch bemerkbar machen, dass beispielsweise die Gewerbesteuereinnahmen in dem Jahr verbucht werden müssen, in dem die Steuerschuld entstand, und nicht mehr, wenn die Zahlung beim Finanzamt eingegangen ist. 

 

Romain Hilgert
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