Steuertabelle

Nicht mehr ungerechter

d'Lëtzebuerger Land du 01.05.1997

Daß die Steuertabelle sozial ungerechter wird, war nach der Kabinettsitzung in Senningen, einer interfraktionellen Zusammenkunft und dem Treffen des Premiers mit OGB-L und LCGB nicht mehr zu hören. In seiner Erklärung zur Lage der Nation am Mittwoch will Jean-Claude Juncker ankündigen, daß der Einkommenssteuertarif für physische Personen ab 1. Januar 1998 - wenn möglicherweise die Allgemeine Sozialabgabe zur Finanzierung der Pflegeversicherung eingeführt wird - für jede Einkommensstufe der Steuertabelle um vier Prozent gesenkt wird.

Nach Berechnung der Berufskammer der Beamten und öffentlichen Angestellten machte der Rückstand der Steuertabelle auf die Preisentwicklung zwischen 1994 und 1997 sieben Prozent aus. Während der Eingangssteuersatz von zehn auf sechs Prozent fallen soll, wird gleichzeitig das steuerfreie Mindesteinkommen im Grundtarif, der zur Berechnung aller Steuerklassen dient, um 26 400 Franken von 243 600 auf 270 000 Franken jährlich erhöht. Von dieser Maßnahme profitieren natürlich auch alle Einkommenssteuerpflichtige mit höheren Einkommen. Zudem sollen, wie für RMG-Bezieher mit Familie,  auch für Alleinstehende das Garantierte Mindesteinkommemn (RMG) von der Einkommenssteuer befreit und die darüberliegenden Einkommen bis 720 000 Franken mit abgeschwächter Progression besteuert werden.

Der Eingangssteuersatz steigt demnach beispielsweise in der Steuerklasse 1 auf 365 000 Franken und in der Steuerklasse 2.2 auf 1 283 000 Franken. Im Gegensatz zum Eingangssteuersatz soll der Spitzensteuersatz um sechs Prozentpunkte, von 50 auf 44 Prozent, gesenkt werden, weil gleichzeitig die bisherige zweithöchste Einkommensstufe von 1 318 800 bis 1 388 400 Franken abgeschafft wird. Dadurch wird die spitzensteuersatzpflichtige Einkommensstufe um 68 400 Franken heraufgesetzt. Gleichzeitig wird die Bandbreite der einzelnen Einkommensstufen mit jeweils 69 000 Franken wieder vereinheitlicht.

Bei einem versteuerbaren Einkommen von beispielsweise 1,5 Millionen Franken dürften diese Maßnahmen Ersparnisse von jährlich 54 108 Franken in der Steuerklasse 1 und von 43 608 in der Steuerklasse 2.2 bescheren. Bei einem versteuerbaren Einkommen von 2,5 Millionen ist die Ersparnis fast doppelt so hoch.

Nach 1993 soll zum zweiten Mal versucht werden, die sozial ungerechte Ausartung des Kindermäßigungssystems von 1991 einzudämmen. Als Ausgleich dazu soll das Kindergeld um 1 000 Franken erhöht werden. Der für den 98er Staatshaushalt erwartete Einnahmeausfall wird auf 5,3 Milliarden Franken geschätzt.

Doch gleichzeitig ist geplant, Gesellschaften von der Vermögenssteuer auf dem im Betrieb belassenen Kapital zu befreien, was sich entsprechend auf die Körperschaftsteuer auswirkt. Diese Maßnahme, die eine in der letzten Erklärung zur Lage der Nation versprochene aber politisch und steuerlich schwer durchsetzbare Steuervergünstigung zugunsten von sogenanntem incremental business ersetzen soll, käme einer Senkung der Körperschaftsteuer auf diesem Kapitalteil von 31 auf 25 Prozent gleich.

Romain Hilgert
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