Das Weltall ist nie alle

His Spaceship

d'Lëtzebuerger Land du 12.02.2016

Weltall gibt es reichlich, möglicherweise ist es nie alle. Es dehnt sich aus, es scheint flexibel zu sein. Das und anderes Weltallerlei haben wir schon mitgekriegt, diese Wahrnehmung hat unsern Alltag nicht wesentlich verändert, wir leben damit. Wenn das Spielzeugauto über den Mars rollt und Nasa- Erdmännchen sich die Haare raufen vor Entzücken, suchen die meisten von uns das Klo auf – der Mars kann der Mehrheit gestohlen bleiben.

Aber wenn ein luxemburgischer Wirtschaftsminister ein Fernsehstudio aufsucht, um vom Weltall zu erzählen, dann ist nicht nur eine Sternstunde der Menschheit, in diesem Fall der luxemburgischen Menschheit, angebrochen. Dann muss es um mehr gehen – um mehr als nur Weltall. Space-Mining, hat der Nachrichtensprecher angekündigt, es scheint kein adäquates, luxemburgisches Wort zu geben, noch nicht.

Der Wirtschaftsminister verkündet seine Botschaft sehr staatsmännisch. Wir werden Weltall! Die Fernseher_innen reiben sich die Augen, sie mutieren zu Sternseherinnen. Es sind zwar noch einige Details zu klären, meint er, rechtliche vor allem. Ein paar Juristen müssen sich mit dem

Weltall noch rechtlich auseinandersetzen. Vor allem verweist der Wirtschaftsminister auf den Rahmen, der geschaffen werden muss. Wahrscheinlich ist der aber genau so flexibel wie das Weltall.

Im Weltall gibt es nicht nur Milch- und Honigstraßen, sondern ganz bodenständig Bodenschätze. Rohe Stoffe, Platin, Gold und andere. Überall fliegen die durch die Gegend, also die Weltallgegend. Warum soll man, also Luxemburg, sich dort nicht bedienen, in den Schoß gefallen kommen einem die sicher nicht, was vielleicht auch besser ist. Sie befinden sich, wie wir staunend lernen, auf oder in Asteroiden. Diese unattraktiven Klümpchen sind uns bisher eher unangenehm aufgefallen, wenn überhaupt, eine Art Weltallkleinkram, herum düsender Schotter, gerät hin und wieder ins Blickfeld, dann werden die Dinosaurier_innen mal erwähnt, dann putzt man sich die Zähne oder steht an einer Kasse, und er ist wieder sonst wo, der Asteroid, Gott sei Dank.

Aber, da liegt der findige Wirtschaftsminister sicher richtig, was liegt näher, als sich ihnen zu nähern? Es wird auch eine Tankstelle im Weltall geben, betont er, er weiß, das kommt gut an bei seinen Wähler_innen.

Aber ist es nicht eigentlich schön, in einer Zeit, da dauernd nur kleinkariert von Grenzen geredet wird, und wo uns eine Zukunft als ummauerter Parkplatz bevorsteht, den Blick zu den Sternen zu heben, es sogar wagen, danach zu greifen? Oder wenigstens nach den Goldklümpchen.

Der Moderator stellt aber immer so pertinente Fragen, beinahe impertinente. À la: Wem gehört eigentlich das Weltall? Der Wirtschaftsminister ist jedoch nie um eine Antwort verlegen, es gehört allen, wie die Meere, wo auch jeder sich einen Fisch fangen kann und ihn verzehren, das ist nicht verboten. Ein gutes Argument, die leer gefischten Meere, die Piraten in Somalia, die Flüchtlinge aus Afrika sind ein Beweis für diese Sitte. Hoffentlich steht dann nicht bald das ganze Weltall vor der Tür!

Es gibt Millionen Asteroiden, betont der Wirtschaftsminister. Seit drei Jahren beschäftigt er sich mit all dem, er redet geheimnisvoll, 3D- Printing, Roboting, Performance-Computing, über Dinge, für die es in unserer Sprache nicht mal Wörter gibt, noch nicht. Er war sogar Wirtschaftsmissionar in Kalifornien. Der Erste ist vorne, sagt der Wirtschaftsminister, das klingt in unserer Sprache gut, und auch verständlich. Es ist auch unwiderlegbar. Für den Ersten gibt es Self-Service auf so einem Asteroiden, aber Luxemburg darf keine Luxemburg-Fahne dort aufstellen. Das ist ja auch nicht so wichtig, ist ja eigentlich Kindergartenimperialismus.

Den Interviewer plagen andere Zweifel, er lässt nicht locker. Ob die anderen uns denn einfach so gewähren lassen? Die anderen? Huch! Puh! Die würden so langsam aufwachen, meint der Minister locker, Luxemburg wäre eben der „First Mover“, wieder verwendet er die Weltallsprache Englisch. Aber jetzt rennen ihm wegen dem Weltall alle die Bude ein. Und Deep Throat Industries glaubt an uns. Ein Staat will sogar schon mitmachen. Welcher, sagt er uns nicht.

Wie oft müssen wir noch schlafen, bevor wir so ein Kilo Steine mit heim nehmen können? Von heute auf morgen kann man sich da oben die Taschen nicht voll stecken, der Wirtschaftsminister rät dem Moderator zu Geduld.

Der Wirtschaftsminister ist Gold wert.

Michèle Thoma
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