Referendum über den Großherzog

Gescheitert

d'Lëtzebuerger Land vom 05.02.2009

Das vierte Referendum in der Landesgeschichte, nach der Dynastie und dem Wirtschaftsanschluss, dem Maulkorbgesetz und dem Europäischen Verfassungsvertrag, findet vorerst nicht statt. Am kommenden Mittwoch läuft die Einschreibefrist ab, mit der Wahlberechtigte eine Volksbefragung über die Revision von Artikel 34 der Verfassung beantragen können.

Dass die Zahl der Unterschriften gering sein und nicht das vorgeschriebene Minimum von 25 000 erreichen würde, war abzusehen. Denn nur wenige Tage nach der Revision durch das Parlament war das Thema der Vorrechte des Großherzogs bereits aus der öffentlichen Debatte verschwunden. Nur eine leidenschaftliche öffentliche Diskussion oder eine kostspielige Werbekampagne aber hätten die Wahlberechtigten mobilisiert, um sich bei ihren nicht immer ganz einladenden Gemeindeverwaltungen einzuschreiben.

Schließlich befürwortet laut Meinungsumfragen eine Mehrheit der Bevölkerung die Legalisierung der Euthanasie und möchte nicht, dass der Großherzog das Parlament bevormundet. Es zeigt sich erneut, dass die Luxemburger Gesellschaft liberaler eingestellt ist, als die klerikale Rechte und die fanatischen Pafefrësser immer glauben machen wollen. Damit erwiesen die Gegner des „Parteienstaats“ und die Nostalgiker einer paternalistisch-autoritären Monarchie der Monarchie einen Bärendienst. Denn erstaunlich ist lediglich, dass derart wenige Unterschriften für eine Volksbefragung und damit auch für den Großherzog zusammenkamen.

Damit ist vor allem eine Zuspitzung der vom Großherzog ausgelösten institutionellen Krise abgewendet. Wäre der Referendumsantrag gelungen, hätte der Großherzog das Inkrafttreten des Euthanasiegesetzes bis zum letzten Termin am 17. März verhindern können, ohne dass er durch die zweite Lesung der Verfassungsrevision am 12. März dieses Vetorecht verloren hätte. Die Regierung hätte Mitte nächsten Monats zurücktreten müssen.Das war dann auch der eigentliche Einsatz, um den es bei dem Referendumsversuch ging. Und der wohl erklärt, weshalb einige ADR-Politiker und politischen Freischärler die Initiative von vier bis fünf unbedarften Internet-Surfern diskret zu steuern versuchten. So dass man sich am Ende fragen kann, ob die Referendumsinitiative tatsächlich eine verpasste Sternstunde direkter Demokratie darstellt oder einen gescheiterten Destabilisierungsversuch in der Tradition der Valissenaffär.

Es bleiben die zur Ratifizierung europäischer Abkommen vereinfachte Möglichkeit der Verfassungsrevision und das neue Gesetz über Volksbefragungen. Nachdem die Prozedur nun einmal durchexerziert wurde und für größere Aufregung gesorgt hatte, werden ihre sehr zuvorkommenden Bestimmungen dafür sorgen, dass sich in Zukunft vielleicht bei jeder Verfassungsrevision Nachahmer finden werden. Das heißt schlimmstenfalls fünf Stammtischbrüder, die für 15 minutes of fame eine Referendumsprozedur anstoßen werden.

Angefangen bei der noch immer vom zuständigen parlamentarischen Ausschuss unter völligem Ausschluss der Öffentlichkeit versuchten Neuordnung der Verfassung. Immerhin hatte schon das Koalitionsabkommen von 1999 ein Referendum über eine Verfassungsrevision angekündigt, ein Versprechen, das dann rasch in Vergessenheit geriet. Vielleicht könnte das Parlament diesmal also gleich ein Referendum beschließen, statt auf das erste Initiativkomitee zu warten.

Romain Hilgert
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