Abenteuer an der Zollkontrolle

Pisco (macht) sour

d'Lëtzebuerger Land du 17.01.2014

Weihnachten/Neujahr: Familienurlaub in Lima, mit Freunden bei Freunden. Toller Aufenthalt, komplet-ter Tapetenwechsel, eine andere Welt! Lima ist nicht nur die Hauptstadt des Andenstaates Peru, sondern auch eine brodelnde Metropole mit Meerblick, ein Schmelztiegel der Sonderklasse, ein Hohetempel der Gastronomie – und der Gastfreundschaft. Das Stadtgebiet ist so groß wie unser Land. Trägt man der Metropolenregion Rechnung, beträgt die urbanisierte Fläche mehr als 3 000 Quadratkilometer.

Lima ist auch ein wichtiges Zentrum für das Nationalgetränk Pisco, ein hochprozentiges (zwischen 38 und 48 Prozent) Destillat aus Traubenmost, vom Geschmack her Grappa-ähnlich, das entweder pur oder als Mixgetränk – Pisco sour lässt grüßen – genossen werden kann. Am liebsten natürlich in der Bar des inzwischen etwas in die Jahre gekommenen Hotels Maury im Zentrum von Lima, und serviert von Eloy Cuadros, einem Barkeeper, den man so schnell nicht wieder vergisst. Nicht weniger als acht verschiedene Traubensorten sind für die Pisco-Herstellung zugelassen. Der mehr als 400 Jahre alte Schnaps wird entweder puro, also aus einer einzigen Traubenart, mosto verde, mit dem grünem Most der Traube Italia, oder acholado, als Traubenmischung, hergestellt. Soviel zur Lehre.

Kurz vor meinem Abflug vom Aeropuerto Internacional Jorge Chávez kaufte ich in einem Flughafenshop eine nicht ganz billige Flasche Pisco Porton Mosto Verde. Einen halben Tag später: Ankunft in Amsterdam, zuerst Zollkontrolle, dann Passkontrolle, schließlich Gepäckkontrolle. Der freundlich blickende Beamte wirft einen kritischen Blick auf die orangenfarbene Plastiktüte mit peruanischer Aufschrift, stellt dann aber zunächst die Routinefrage, ob sich in meinem Handgepäck eine Flüssigkeit befände, was ich verneine. Dann kommt die Tüte dran. Er begutachtet die hübsch verpackte Pisco-Flasche und schaut mich an: Ob ich wüsste, was jetzt käme. Nein, lautete meine Antwort, schließlich hätte ich das Getränk im Flughafengebäude, nach dem Einchecken, gekauft und es befände sich noch immer und zwar ungeöffnet in der Originalverpackung, Rechnung beiliegend.

Der Kontrolleur erklärt, dass Peru zu den „non agreed countries“ gehöre, aus denen man keine ungesicherten Flüssigkeiten einführen dürfe. Die Ware müsse leider vernichtet werden, unter anderem auch deshalb, weil ich keinen Direktflug nach Luxemburg (wie geht das denn?) gebucht hätte, sondern einen Zwischenstopp in Amsterdam einlegen würde. Falls ich allerdings Zeit und Lust hätte, könnte ich versuchen, an einem KLM-Schalter nach meinem Reisekoffer zu fragen. Die Flasche könnte dann eventuell geprüft und sicher verstaut die Heimreise antreten. Warum diese Prüfung nicht stante pede durchgeführt werden konnte, entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn der Pisco nicht auf der 11 000 km langen Strecke Lima-Amsterdam für terroristische Zwecke missbraucht wurde, wird er doch wohl nicht während des 40-minütigen Cityhoppings nach Luxemburg explodieren, oder? Schließlich kam dann noch der gutgemeinte Vorschlag, ich könne mich gerne bei der Botschaft (bei welcher?) beschweren.

Ein letzter Blick und tschüss. Der Karton verschwindet in der schwarzen Öffnung der riesigen Mülltonne. Also, liebe Pisco-Freunde: Kauft keine Spirituosen mehr in einem „non agreed country“, oder aber lasst sie sofort ordnungsgemäß einschweißen. Es lebe der freie Flugverkehr. Und die Bürokratie. Sicherheit hat keinen Preis.

Claude Gengler
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