EU-Agrarbeihilfen

Der dickste Bauer ...

d'Lëtzebuerger Land du 14.05.2009

Als vergangenen Donnerstag die in Dänemark ansässige NGO Farmsubsidy.org auf ihrer gleichnamigen Webseite den Bericht Who gets what from the Common Agricultural Policy? veröffentlicht hatte, war der Server auch am Tag danach noch schwer erreichbar. Kein Wunder: 707 „Millionäre“ umfasst die Hitliste jener Betriebe, an die 2008 tatsächlich das Gros von insgesamt 55 Milliarden Euro EU-Agrarbeihilfen floss. An der Spitze stehen die beiden italienischen Zuckerproduzenten Italia Zuccheri und Eridania Sadam, die 139,8 Millionen beziehungsweise 125,3 Millionen Euro aus den EU-Agrartöpfen bezogen. 165 der Beihilfen-Millionärsbetriebe sind laut Farmsubsidy.org in Spanien ansässig, 142 in Frankreich und 47 in den Niederlanden. Die Liste ist noch nicht vollständig: Nur 18 Mitgliedstaaten hätten bisher ihre Daten für das Jahr 2008 gemeldet, so Farmsubsidy.org.

Leider ist die Suchmaschine des Luxemburger Landwirtschaftsministeriums etwas unhandlich. Statt einer „Hitliste“ bietet sie die Möglichkeit, nach Geschäftsjahr und Gemeinde zu suchen und anschließend die Suche auf Beträge zwischen kleiner als 5 000 Euro und mehr als 350 000 Euro einzuschränken – in 5 000-Euro-Intervallen wohlgemerkt, was 71 Intervalle und bei 116 Gemeinden 8 236 Suchanfragen ergibt. Aber wahrscheinlich muss das so sein. Als CSV-Generalsekretär Marco Schank im April 2008 dem Landwirtschaftsminister mit einer parlamentarischen Anfrage Gelegenheit gab, die Bauernwelt auf das Kommende einzustimmen, gab es prompt Unruhe. Die Suchmaschine enthalte deshalb exakt das, was die EU-Verordnung vorschreibt, sagt der zuständige Beamte im Ministerium. Andere EU-Staaten würden mehr veröffentlichen, „wir sind zurückhaltend“. Trotzdem sind vor dem Verwaltungsgericht zwei Klagen gegen die Beihilfen-Suchfunktion anhängig.

Was man wiederum übertrieben finden kann. Nach Durchsuchung der 116 Gemeinden auf ansässige Empfänger von mehr als 300 000 Euro im Jahr 2008 durch d‘Land ergibt sich für Luxemburg folgende Top-Five-Liste: Mit 658 303 Euro am meisten bezog die in Mitinhaberschaft geführte Biogaz de l‘Our aus Consthum, gefolgt von der Gemeinde Heiderscheid (446 306 Euro). Auf Platz drei bezog mit Sopibo aus Waldbillig einer der größten Fusions-Bauernbetriebe des Landes 389 674 Euro, gefolgt von der Vinsmoselle mit 387 764 Euro und schließlich mit Biel-Fournelle-Reckinger aus Betzdorf einem weiteren Fusionsbetrieb mit 300 092 Euro.

Ist das spektakulär? Wohl eher nicht. Biogaz de l‘Our erhielt seine Mittel aus dem Fonds für den ländlichen Raum, aus dem unter anderem Bioenergieprojekte bezuschusst werden. Ebenso war die Gemeinde Heiderscheid Feader-Nutznießerin, weil sie einen Dorfentwicklungsplan abarbeitet. Die beiden Fusionsbetriebe erhielten ihre Zuwendungen zum Teil aus dem Feader, der auch Investitionsbeihilfen, die Landschaftspflegeprämie und Agrar-Umweltprämien vergibt, zum Teil aus dem Garantiefonds, aus dem historisch an die Produktion gebundene Direktzahlungen erfolgen. Das heißt zunächst nicht mehr, als dass in den Betrieben womöglich zum einen investiert, zum anderen auf viel Fläche viel produziert wurde. Ein kleines Kuriosum sind die Beihilfen an Vinsmoselle: eine aide au moût concentré, die erhielt, wer seinen Wein mit süßem Most aus südlichen Ländern anstatt Zucker ansetzte. Mit der EU-Weinmarktreform entfällt sie künftig. 

„Wir hatten schon immer den Eindruck, die EU-Transparenz-Verordnung könnte für steigende Intransparenz sorgen, weil so viele verschiedene Einzelbeihilfen zusammengefasst werden“, kommentiert das Landwirtschaftsministerium. Wahrscheinlich nicht zu Unrecht – in Ermangelung großer Lebensmittelkonzerne im Lande. Schöne kleine Agrarwelt.

Peter Feist
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