"Comment blanchir les bêtes noires sans les faire rougir"

Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?

Jitz Jeitz, Guy Rewenig, Christiane Rausch
Photo:
d'Lëtzebuerger Land du 10.02.2017

Comment blanchir les bêtes noires sans les faire rougir, so der etwas sperrige Titel der neuen Darbietung des Trio Infernale: Christiane Rausch, Jitz Jeitz und Guy Rewenig. Nach dem Erfolg von Zuppermänner (2015), das in Kulturhäusern im ganzen Land gespielt wurde, wollten die drei ihre Zusammenarbeit fortsetzen und bleiben sich treu, indem sie den Finger in die Wunde(n) der Luxemburger legen.

Das Stück, das eigens für die 11. Auflage des Festivals Humour pour la Paix kreiert wurde und im Rahmen dessen seine Vorpremiere im Neimënster feierte, erzählt auf satirische Weise den Weg des afrikanischen Asylbewerbers „Mwayé“, der sich nach Kräften bemüht, sich in Luxemburg zu integrieren. Rausch und Jeitz (Klarinette) spielen sich darin den Ball zu und spielen mit dem Befremden, das Luxemburger angesichts von Ausländern verspüren. Nicht minder befremdlich ist die Sicht des Afrikaners Mwayé auf Luxemburg und die hiesigen Bräuche. Traditionen, Alltagssituationen, die luxemburgische Sprache bis hin zum Nation Branding, werden in dem Stück selbstironisch aufs Korn genommen. Rewenig, Rausch und Jeitz schaffen es damit, Rassismus und die alltägliche Diskriminierung von Flüchtlingen augenzwinkernd aufs Tapet zu bringen.

Gespannt folgt man den Erzählungen von Mwayé, der alles tut, um sich den hiesigen Gepflogenheiten anzupassen und in einem imaginären Zwiegespräch mit dem Außenminister – „Ich bin noch immer auf der Warteliste und warte auf meinen Asylstatus“ – nie die Hoffnung verliert. Das Zwiegespräch mit „eise Jang“, der gerade wegen seiner herzlich-unbedarften Art hierzulande so geliebt wird, wird sich durch das ganze Stück ziehen.

Geduldig fügt sich Mwayé den luxemburgischen Gepflogenheiten und nimmt notfalls sogar an einer Gummistiefelweitwurfmeisterschaft teil. Respektvoll wird er Jean Asselborn schreiben, nachdem er ihn auf dem Fahrrad begegnete, wie der schelmisch an ihm vorbeiflitzte: „C’est bien toi, mäi Jong?!“ – „Wees de, d’Afrikaner gläiche sech all. Ech ka se net auserneenhalen“, Jitz Jeitz mit roter Rose am LSAP-Helm, eine Madame-On-Tour-Posch am Arm baumelnd, mimt grandios die joviale Fraternisierung des Außenministers mit dem Asylbewerber.

Wie schon in Zuppermänner spielt Rewenig in seiner Textvorlage mit Vorurteilen, indem er Klischees reproduziert und sich über jegliche politische Korrektheit hinwegsetzt. Ob er nun den Afrikaner sagen lässt: „Rouler en arrière c’est un geste révolutionnaire!“, eine Festnahme auf der rue de Strasbourg aus der Sicht von Mwayé simuliert, bei der der Afrikaner unter Generalverdacht gestellt wird oder eine Oma darüber philosophieren lässt, ob es in Afrika überhaupt Duschen gibt.

Die luxemburgisch-französischen Wortspiele funktionieren nicht zuletzt, weil Rausch und Jeitz den Humor Rewenigs auf ihre ureigene Art zu interpretieren wissen. Rausch mit der für sie charakteristischen tiefen Stimme und Jeitz, indem er mal bis zur Unkenntlichkeit Wörter verdreht und förmlich ausspuckt, mal seiner Klarinette die schrägsten Töne entlockt. Das Stück ist als „work in progress“ zu verstehen und wird sich im Laufe der nächsten Monate noch weiterentwickeln.

Zu hoffen bleibt, dass die Passagen über die Integration via Gromperekichelcher und die Erfahrungen Mwayés mit dem Nation branding dem Publikum erhalten bleiben. Wer glaubt, es sei schon alles über die Selbstvermarktung Luxemburgs gesagt, irrt! Bei der Vorpremiere des Stücks liefen Rausch und Jeitz im letzten Viertel zur Hochform auf. Spätestens, wenn man dabei zusieht, wie Mwayé sich arglos zum Casting des Nationsbrandings meldet und sich mit seinem Vorschlag, auf die Frage hin, wofür Luxemburg stehe, „Paradis fiscal!“ die Zunge verbrennt, indes dem Publikum die Schlagworte: „zuverlässig, dynamisch, offen!“ um die Ohren fliegen und Rausch wie im Fußballstadion skandiert: „Que-ce que nous sommes?!“ wird auch der letzte Zuschauer, der über einen Funken Selbstironie verfügt, das Trio ins Herz schließen. Mwayés lakonische Einsicht, während er bei den Aufnahmen des Nation Branding mit Häppchen vollgestopft wird: „Es ist nicht so einfach, mit vollem Mund Schlüsselwörter zu skandieren, aber die Luxemburger sind es gewohnt, den Mund zu voll zu nehmen!“

War Zuppermänner ein Spiel mit Rollenklischees und ein mutiges Statement zum Referendum, so passt Comment blanchir les bêtes noires... wunderbar in die derzeitige, elitär geführte Identitäts- und Sprachendebatte. Voller Selbstironie und doch immer liebevoll halten Rausch, Rewenig und Jeitz den Luxemburgern den Spiegel vor. Wenn es nicht das ist, was das Land in seiner nationalistischen Fokussierung auf Sprache und seinem künstlich aufpolierten Image in diesen Tagen auf der Bühne braucht, was dann?

Das Buch zum Stück Comment blanchir les bêtes noires sans les faire rougir – Une lettre, 256 Seiten, ISBN 978-99959-42-16-8, 20  Euro, erscheint am 3. März bei den Éditions Binsfeld. Das Stück hat im Herbst im TNL Premiere.

Anina Valle Thiele
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