Chez Kito Kat Records

Selbst herausgesucht, gebastelt und verteilt

d'Lëtzebuerger Land du 10.05.2013

Chez Kito Kat Records ist kein konventionelles Label. Kreative arbeiten hier zusammen, um DIY (Do-it-yourself), aber gleichzeitig auch sehr hochwertige Produkte herzustellen, die musikalisch und ästhetisch zu 100 Prozent der Vorstellung der Künstler entsprechen. Das Label wird so zu dem nerdigen Freund, der einem aus reiner Freude an der Musik stets neue Platten vorschlägt, die man selbst nie entdeckt hätte. Hinzu kommt, dass Musiker bei Chez Kito Kat totale Unabhängigkeit genießen. Eine Freiheit, die kommerzielle Strukturen selten bieten können. Diese Grundlagen wurden bereits in den Anfängen von Kito Kat Records, deren Name vom Kater der Gründer stammt, festgelegt. Samuel Ricciuti und Salima Bouaraour halfen Freunden auf die Bühnen der Großregion und organisierten auch Konzerte in Kanada. Der Schritt zum Label war wohl auch wegen des Kontaktknüpfens ein eher natürlicher. Wenig später gesellte sich noch Christophe Biache hinzu.

Doch die drei waren keine Neulinge im Geschäft. Von theoretischen Kenntnissen konnten sie ebenfalls Gebrauch machen. Samuel hat während seines Studium und im Rahmen seiner Abschlussarbeit bei einem unabhängigen Plattenlabel gearbeitet. So konnte er erfahren, wie Labels funktionieren, und bereits erste Kontakte knüpfen. Eine komparative Studie, die er unternahm, hat den Grundsatz des französischen Labels gesetzt: „Für meine Arbeit habe ich das europäische Modell des Plattenlabels, in dem staatliche Subventionen sehr wichtig sind, mit dem nordamerikanischen verglichen. In Amerika sind die Labels unabhängig, weil meist privat finanziert. Subventionen sind dort nicht so geläufig. Wir inspirieren uns am Amerikanischen, damit auch wir eine völlige Unabhängigkeit haben.“ Diese Freiheit muss natürlich finanziert sein. Dazu greifen die drei in die eigenen Taschen. Christophe und Salima sind vollzeitbeschäftigt, Samuel arbeitet Teilzeit in einem Lyzeum. Die restliche Zeit arbeitet er „Tag und Nacht“ am Label. Salima kümmert sich um die CD-Hüllen (die bei Kitokat übrigens liebevoll handgefertigt sind), und Christophe ist für die Webseite zuständig. Gewinn macht das Label nur selten; Überschüsse werden in die Produktion der nächsten Platten gesteckt. Seit 2006 hat Chez Kito Kat nun rund 22 internationale Künstler unter seinem Schirm und produzierte 36 Platten. Dieser Katalog zeugt von der unglaublichen Arbeit, die die drei regelmäßig in ihr gemeinsames Unternehmen stecken.

Chez Kito Kat wächst weiterhin, mit ihm auch die Arbeit. „Ich gebe zu, dass es schwer wird, nebenbei zu arbeiten, und bin an einem Punkt angekommen, wo ich gerne meine ganze Zeit dem Label widmen würde.“ Doch die Umsätze reichen nicht, um aus dem Label eine Vollzeitarbeit zu machen. „Momentan ist das unmöglich, ich habe keine andere Wahl als nebenbei zu arbeiten“, bedauert Samuel. Doch er weiß, dass die Erfüllung dieses Traums nicht unbedingt dem Label nützlich wäre. Mit Subventionen könnte womöglich eine Stelle geschafft werden, doch das würde Berge von „Papierkram“ bringen, für die man sich ebefalls Zeit nehmen müsste, stellt sich Samuel vor. Und dann ist ja immer noch die Sache mit der vollkommenen Unabhängigkeit ...

Während kommerzielle Labels bei der Plattenproduktion auf die Dienste anderer Firmen angewiesen sind, können sich die drei von Chez Kito Kat auf ihren Freundeskreis verlassen. „Wir haben den Vorteil, dass wir Grafiker kennen, die ebenfalls Musik machen. So können wir mit Unterstützung und Distribution helfen, und sie steuern Artwork bei.“ Dieser Austausch spielt eine grundlegende Rolle in dem Label, das sich gern als Kollektiv kreativer Köpfe sieht. Die Produktion der Musik übernehmen Chez Kito Kat, anders als traditionelle Labels, nicht. „Das ist heute auch eigentlich nicht mehr nötig, denn viele Musiker nehmen ihre eigene Musik mit professionellen und mittlerweile sehr erschwinglichen Mitteln auf“, erklärt er. Er nennt als Beispiel die Newcomer von Synthesis, dem jüngsten Zuwachs des Labels, dessen EP Human der Qualität einer professionellen Produktion in nichts nachstehe.

Alle Produktionen von Chez Kito Kat fallen durch ihre sehr durchdachte Ästhetik auf. Booklets werden von den Mitgliedern des Labels einzeln mit Faden zusammengenäht. Samuel ist stolz auf diese „handwerkliche Logik“, den Fans ein „einheitliches“ Einzelwerk anzubieten. Obwohl Samuel fest daran glaubt, dass Musikfans immer noch gerne ein Produkt kaufen, wenn sie Musik erwerben, weiß er, dass dies nicht auf jeden zutrifft. „Viele hören ihre Musik heute auf Seiten wie Bandcamp und Soundcloud, und dem müssen wir uns anpassen“, erkennt er. Die Gründung von Digital Kito Kat soll die elektronische Musik des Labels den Fans nahebringen, die keine CDs oder Platten kaufen. Bis jetzt sind sieben EPs mit jeweils zwei Tracks veröffentlicht, die man kostenfrei herunterladen kann.

Die Künstler, die Chez Kito Kat unterstützt, werden vom Label mit einer ungebändigten Liebe zur Musik herausgesucht. Genre und Standort der Bands spielen dabei keine Rolle; das Label vertritt Künstler aus Luxemburg, Frankreich und Kanada. So findet man im Kito-Kat-Verzeichnis zum Beispiel Daily Vacation mit ihrem träumerischen Shoegaze, Kuston Beater, der seine Musik als electrodiscostalgique beschreibt, die Synth-Rocker von No Drum No Moog und die jungen Indierocker von The Skans. Twin Pricks steuern Folk-pop bei ,und Beat for Sale, die übrigens aus den Gründern des Labels besteht, spielen ungeschliffenen Elek-tro-Pop à la Peaches. Diese Künstler könnten unterschiedlicher nicht sein, doch sie alle haben eine Originalität und eine Ehrlichkeit gemeinsam, die nur von leidenschaftlichen und freischaffenden Musikern kommen kann. Und genau diese will uns Chez Kito Kat Records nahebringen.

www.chezkitokat.com
Claire Barthelemy
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