Telefonieren ist nicht alles

SMS: Die Vorboten eines Schulterschlusses

d'Lëtzebuerger Land du 20.05.1999

Die digitalen Mobilfunknetze eignen sich zu weit mehr als der Übertragung von Telefonaten. Mit den meisten Mobilfunkgeräten kann man heute Daten verschicken und empfangen. Dies eröffnet den Netzbetreibern und Service-Providern neue Horizonte durch neue Dienstleistungen. Das Handy ist nicht mehr nur mobiles Telefon, sondern wird zum modernen Kommunikationsinstrument. Das Anliegen der Betreiber ist klar: Je mehr das Handy benutzt wird, ganz gleich ob zur Sprach- oder Datenübertragung, desto profitabler werden die wartungsintensiven Infrastrukturen.

Die einfachste Art, Daten per Handy ohne Zusatzausstattung zu verschicken und zu empfangen, ist das SMS (Short Message Sending). Bekannt ist diese Form der Kommunikation bereits aus dem Mailbox-System. Falls ein GSM-Abonnent seine Mailbox in Betrieb hat, so wird ihm nach Aufzeichnung einer Nachricht eine standardisierte Mitteilung auf sein Handy gesendet. Der Empfang solcher Nachrichten ist prinzipiell auf jedem Handy freigeschaltet. 

SMS-Nachrichten können ebenfalls vom Handy aus verschickt werden. Die Nachricht wird in einem hierfür vorgesehenen Menü eingetippt. Nach Eingabe der Handynummer des Empfängers wird die Nachricht, die nicht länger als 160 Zeichen sein soll, abgeschickt. Der Empfänger erhält sie umgehend. Falls er nicht sofort erreichbar sein sollte, erhält er die Mitteilung, sobald er sich erneut ins GSM-Netz einbucht. SMS-Nachrichten sind besonders nützlich, wenn Sie einen anderen GSM-Teilnehmer nicht erreichen können und jener auch seine Mailbox ausgeschaltet hat.

Damit SMS-Nachrichten von einem Handy aus verschickt werden können, muß diese Funktion vom Serviceprovider aktiviert werden. Diese Art der Kommunikation wird hierzulande mehr und mehr von den GSM-Teilnehmern genutzt. Die meisten Anbieter verlangen kein zusätzliches monatliches Abonnement für diese Dienstleistung. Lediglich die verschickten Nachrichten werden mit einer Pauschalgebühr berechnet. 

Das Eingeben von SMS-Nachrichten über ein Handy-Keypad ist allerdings relativ mühsam. Im Internet gibt es eine Reihe von Web-Sites, die SMS-Nachrichten in Mobilfunknetze in aller Welt weiterleiten z.B. www.rendez-vous.be und www.mtn.co.za. Nach Eingabe der Nachricht am Computer wird das Mobilfunknetz des Empfängers ausgewählt und dessen Handynummer eingegeben. Per Knopfdruck wird dann die Nachricht verschickt und kommt erstaunlich schnell beim Empfänger an.

Die SMS-Funktionalität kann für eine Fülle von neuen Diensten genutzt werden und so den Netzbetrieb wesentlich steigern. Im Ausland sind gegen Aufpreis bereits Börsendaten oder Sportresultate per SMS erhältlich. Diese Daten werden entweder regelmäßig nach bestimmten Vorgaben an den Nutzer gesendet oder vom Nutzer gezielt abgefragt. Die Deutsche Telekom bietet ihren D1-Kunden 90 verschiedene Infokanäle, die per SMS für zehn Tage oder auf Dauer gebucht werden können. Bei D2 gibt es aktuelle Meldungen aus dem Handelsblatt und von RTL-Online sogar kostenlos. 

Eine weitere praktische Anwendung stellt beispielsweise ein SMS-Informationssystem auf Ausstellungen dar. Besucher, die den Stand eines bestimmten Ausstellers suchen, schicken seinen Namen per SMS auf eine hierfür eigens eingerichtete GSM-Nummer und erhalten wenige Minuten später, erneut per SMS, die Standnummer zugeschickt. Eine solche interaktive und vollautomatische Applikation wurde von CMD bereits zu Testzwecken auf der FIL im Mai vergangenen Jahres erprobt. Das gezielte Abfragen per SMS von Informationen aus einer Datenbank wird zweifellos in nächster Zukunft einen stark steigenden Anteil des SMS-Verkehrs darstellen. Bereits heute können CMD Kunden Geldbeträge in alle europäischen Währungen mit Hilfe von SMS konvertieren. Der zur konvertierende Geldbetrag und seine Ausgangswährung werden mit Angabe der Zielwährung per SMS verschickt. Wenige Sekunden später geht eine Nachricht mit dem umgerechneten Betrag auf dem Handy ein.

E-mail über Handy

Mittels SMS kann auch eine Verbindung zwischen mobiler Telekommunikation und dem Internet hergestellt werden. CMD-Kunden ist es möglich, e-mail direkt von ihrem Handy aus zu verschicken, ohne Zuhilfenahme eines Computers. Die SMS-Nachricht wird an eine festgelegte Telefonnummer verschickt und muß nach einem bestimmten Muster aufgebaut sein. Das SMS enthält neben der eigentlichen Nachricht ebenfalls die e-mail-Adresse des Empfängers. Erkennt die SMS-Software des Providers die Schriftnachricht als ein ins Internet einzuspeisendes e-mail, wird sie an die angegebene Adresse weitergeleitet. Diese Art, e-mails zu verschicken, ist mit Sicherheit nicht die bequemste, aber sie bietet ein Ausweichmöglichkeit, falls kein Computer, Laptop oder internetfähiger Organiser zur Verfügung steht. 

Provider, die sowohl GSM-Dienste, als auch Internetzugang anbieten, können ihren Kunden außerdem ein praktisches Meldesystem für den Eingang von e-mails anbieten. Erhält ein CMD- Internet-Kunde elektronische Post, so wird automatisch eine SMS-Nachricht auf das Handy des Benutzers geschickt. Die Schriftnachricht enthält neben der e-mail Adresse des Absenders auch den Betreff der eingegangenen elektronischen Mitteilung. Diese Informationen erlauben dem Empfänger, die Wichtigkeit der Nachricht zu beurteilen und zu entscheiden, ob er sofort seinen PC aufsucht, um die vollständige e-mail zu lesen. Vor allem für private Internet-Nutzer, die ihren elektronischen Briefkasten nicht täglich prüfen, ist diese Funktion wichtig. Sie riskieren nicht mehr, ein e-mail erst nach Tagen zu entdecken. 

Diese auf SMS basierenden Applikationen lassen das Internet und die mobile Telekommunikation immer näher aneinander heranrücken. Daß beide Technologien für einander bestimmt sind beweist spätestens das neue Nokia 7110 Handy, das das erste Handy sein wird, mit dem man direkten Zugriff auf das Internet haben kann, mittels eines integrierten WAP-Browsers. WAP steht für Wireless Application Protocol und ist ein neuer Industriestandard, der eng mit den etablierten Internet-Übertragungsprotokollen verknüpft ist. Damit das Abfragen von Daten aus dem Internet nicht in endlose Warterei ausartet, filtert WAP die Internet Inhalte und leitet nur das ans Handy weiter was tatsächlich Handy-tauglich ist. Schwere Grafiken und sonstige Multimedia-Elemente werden nicht weitergeleitet. Nur reine Textinformationen kommen ungehindert durch. Je komplizierter die ursprünglichen für PC's aufgebauten Seiten sind, desto weniger eignen sie sich für WAP. Demzufolge werden es bald speziell aufbereitete WAP-Inhalte geben, die für Mobiltelefone erstellt wurden. Dies dürfte allerdings nur ein Zwischenstadium sein, denn schon jetzt wird an hochgeschwindigkeits GSM-Netzen getüftelt, die bis zu 115Kbit pro Sekunde übertragen können. Dann sind auch bewegte Farbbilder möglich. Experten erwarten für Ende 2000 die ersten Videoübertragungen zum Handy. 

Die von vielen noch getrennt voneinander betrachteten Technologien, Internet und GSM, werden weiter aufeinander zutreiben und uns mit nützlichen und weniger nützlichen Diensten konfrontieren. Was am Anfang noch echten Freaks vorbehalten sein wird, landet früher oder später in jeder Westentasche. Das Zusammenwachsen beider Technologien darf mit Spannung erwartet werden, denn es wächst zusammen, was zusammen gehört.

Der Autor ist Marketing Direktor bei CMD

Jean-Paul Marc
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