Ab 15. Dezember erscheint das Lëtzebuerger Land mit neuen Inhalten, einem neuen Layout und einem neuen Format

Wir ändern wieder was

d'Lëtzebuerger Land du 17.11.2023

Zwischen dem Herbst 2011 und dem Frühjahr 2012 erfand das Lëtzebuerger Land sich neu. Der Ausgabe vom 29. Juni 2012 sah man es sofort an: Sie war die erste, die im „Norddeutschen Format“ erschien, 56,5 Zentimeter hoch und 40,5 Zentimeter breit, dem größten der gebräuchlichen Zeitungsformate. Das konnte radikal und aus der Zeit gefallen erscheinen: Der Rentabilitätsdruck auf die etablierten Luxemburger Zeitungen war gestiegen. Ein Teil ihrer Leserschaft und ihrer Anzeigenkunden zog Gratiszeitungen oder Online-Me-
dien vor. Verlage neigten eher dazu, Zeitungsformate zu reduzieren. Das Luxemburger Wort etwa hatte sich 2005 vom Norddeutschen Format abgewandt. Das Land hingegen wurde größer.

Nicht alle Leserinnen und Leser waren davon angetan. Manche waren entsetzt. Andere kommentierten: „In der Badewanne kann ich die Zeitung nicht mehr lesen, da wird sie nass.“ Oder: „Selbst wenn ich Business Class fliege, bekomme ich das Land nicht gefaltet, ohne meinen Nachbarn zu stören.“ Abbestellungen aus Protest gegen das große Format aber gab es keine zwanzig. Das machte Mut. Ganz offensichtlich sahen die Leser und Abonnentinnen, dass das Land nicht einfach nur sein Format vegrößert hatte.

In erster Linie gaben Verlag und Redaktion vor elf Jahren ein publizistisches und ökonomisches Versprechen ab: Zu beweisen, dass trotz aller Umbrüche auf dem Zeitungsmarkt eine intelligente und elegante unabhängige Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft und Kultur auch weiterhin wirtschaftlich tragfähig ist und sich entwickeln kann – und zwar auf Papier. Das große Format sollte diesen Anspruch kraftvoll unterstreichen.

Im Oktober vergangenen Jahres gingen Verlag und Redaktion wieder daran, das Land neu zu erfinden. Dieser Prozess ist so gut wie abgeschlossen. In vier Wochen wird er mit der Ausgabe vom 15. Dezember endgültig. Und ja: Das Format der Zeitung ändert sich ebenfalls. Wie 2012 ist das Teil eines Qualitätsversprechens.

Die Änderungen von 2012 waren keine falschen Entscheidungen. In den Jahren seither nahm der Druck auf die Presse weiter zu. Die Medienlandschaft insgesamt wurde kompetitiver. Manche Zeitungstitel stellten ihr Erscheinen ein. Die Parteibindung von Tageszeitungen begann einer journalistischen Professionalisierung Platz zu machen. Internetportale gewannen an Bedeutung, nicht nur für die Verbreitung von Nachrichten, sondern auch als Erweiterung traditioneller Zeitungen, als Investigativ-Portal, als multimediale Plattformen. All diese professionell hergestellten Angebote sind einer wachsenden Konkurrenz durch die sozialen Netzwerke ausgesetzt, über die auch Gerüchte und Falschmeldungen verbreitet werden. Umso wichtiger ist die Rolle geworden, die professioneller Journalismus zu spielen hat. Das Land konnte mit seinem Journalismus als in erster Linie Abonnement-Zeitung die Zahl seiner Abonnements ungefähr stabil halten. Eine regelrechte Erosion seiner Leserschaft, wie viele gedruckte Titel sie erleben mussten, fand nicht statt.

Demnach besteht nach wie vor eine Nachfrage nach Land-Journalismus auf Papier. Nach ausgereiften Analysen, gewissenhaft recherchierter Hintergrundberichterstattung und Reportagen, unabhängigen Kommentaren zu Politik, Wirtschaft und Kultur. Und dem Fotojournalismus, der im Land traditionell einen hohen Stellenwert genießt. Die Unabhängigkeit und der Professionalismus der Land-Redaktion bildet sein nunmehr fast siebzig Jahren ein Gütesiegel.

Die wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit des Lëtzebuerger Land wird von einer gemeinnützigen Stiftung, der Fondation d’Lëtzebuerger Land, garantiert. Ihr gehören hundert Prozent der Anteile am Verlag Éditions d’Lëtzebuerger Land. Die Redaktion hat ihre redaktionelle Linie in Anlehnung an die grundsätzlichen Werte des Land-Journalismus selber definiert. Erzielt der Verlag Gewinne, bleiben sie im Land.

Eine wichtige Hoffnung, die mit dem großen Format ab 2012 verbunden war, erfüllte sich nicht: Dass es möglich sein würde, auf längere Sicht die Redaktion beträchtlich zu erweitern, zusätzliche, neue Rubriken in der Zeitung anzubieten und ihre Seitenzahl zu erhöhen. Seit Ende Juni 2012 liegt sie, abgesehen von Beilagen, typischerweise bei 20 Seiten, nur manchmal, wie diese Woche, bei 24. Vor elf Jahren hatte die Hoffnung gelautet, es könnten regelmäßig deutlich mehr Seiten sein.

Realisieren ließ sich das nicht wegen der Entwicklung des Anzeigenmarktes. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise richtete er sich strukturell neu aus und erreichte für die gesamte traditionelle bezahlte Presse nie mehr das vorige Niveau. Das Land finanzierte sich in den letzten Jahren zu je einem Drittel aus dem Verkauf, gewerblichen und öffentlichen Anzeigen sowie der Pressehilfe, mit welcher der demokratische Rechtsstaat bei den Medien Kunde für eine unabhängige Berichterstattung wird. Die Struktur des Umsatzes des Land-Verlags zeugt vom Vertrauen der Leser in die Qualität des Land. Sie demonstriert, dass die Herausgabe einer gedruckten Zeitung sich auch weiterhin als Geschäftsmodell eignet. Wir stehen zum Papier. Doch weil der Ausbau der Seitenzahl nicht gelang, erwies das große Format sich als enges Korsett: Das Land „atmen“ zu lassen, den Inhalt der Zeitung in seinem Umfang zu strukturieren, in Abhängigkeit von der Aktualität und der Gewichtung, welche die Redaktion ihren Themen geben möchte, gelingt in einem kleineren Format leichter, weil zusätzliche Seiten sich einfacher hinzufügen lassen. Das wollen Verlag und Redaktion ab Mitte Dezember ermöglichen.

Schon 2011 und 2012 hatten sie viel über den Inhalt der Zeitung diskutiert. Diesmal noch mehr. Die Auswahl der Themen soll vielfältiger werden. Die Länge der Texte soll stärker variieren, die journalistischen Formen auch. Das Land soll noch interessanter und abwechslunsgreicher werden. Die Kultur-Rubrik wird in Zukunft „Feuilleton“ heißen und um Beiträge an der Schnittstelle von Gesellschaft und Kultur erweitert. Die Bilder behalten den besonderen Rang, der ihnen im Land gebührt.

Statt derzeit 20 Seiten im Norddeutschen Format wird das typische Land künftig 32 Seiten im Berliner Format umfassen. Je nach den Planungen der Redaktion werden es auch 36 oder 40 Seiten sein können. Das neue Layout konzipiert die Designagentur Michel Welfringer in Brüssel. Die Land-Ästhetik bleibt geprägt von eleganter Zurückhaltung, überwiegend in Schwarz-Weiß, lässt sich künftig aber vom Magazin-Stil inspirieren.

Für die Herstellung des neuen Land hat der Verlag sich an die Druckerei Editpress in Esch/Alzette gewandt. Gegenwärtig laufen die letzten Vorbereitungen für den Mitte Dezember anstehenden Wechsel. Diese Woche trafen sich Verlag und Redaktion mit den Designern aus Brüssel, um letzte Änderungen zu besprechen. Ende des Monats wird die „Nullnummer“ gedruckt. Mehrere Testdrucks haben in Esch schon stattgefunden. Alle Beteiligten fanden, die Resultate konnten sich sehen lassen und wurden immer besser.

Peter Feist
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