Affäre Madoff

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d'Lëtzebuerger Land vom 23.07.2009

Oddo Asset Management muss UBS Luxemburg (UBSL) rund 30 Millionen Euro zurückzahlen, welche die Bank auf Anordnung eines Eilgerichtsbeschlusses im Januar an die französischen Ver-mögensverwalter überwiesen hatte, den Gegenwert von rund 21 Millionen Anteilen an der Madoff-Sicav LuxAlpha. Ein Triumph für die arg gebeutelte UBS? Beleg dafür, dass die Anleger in Luxemburg schlechter geschützt sind und weniger Rechte haben als anderswo in Europa, beispielsweise in Frankreich? Weder noch. Denn das Berufungsgericht befand nicht über Rolle und Verantwortung der Bank UBSL als Depotbank von LuxAlpha. Es befand auch nicht darüber, ob Oddo in seiner Qualität als Anleger prinzipiell das Recht hat, gegen die Depotbank zu klagen, oder eigentlich nur gegen den Fonds selbst vorgehen kann. Diese Fragen hatten nach der Demaskierung von Bernard Madoff für Spannungen zwischen Frankreich und Luxemburg gesorgt. Und Budgetminister Luc Frieden hatte sich beeilt zu unterstreichen, der Anleger­schutz in Luxemburg sei mindestens so gut wie in Frankreich. Doch Antworten auf diese Fragen werden die Luxemburger Gerichte dieses Jahr wahrscheinlich keine mehr geben. Auch wenn, wie Paul Mousel, Rechtsbeistand der angegriffenen Depotbanken UBSL und HSBC, sagt, mittlerweile eine Reihe von Testfällen aus der Flut der Klagen gegen seinen Kunden ausgewählt wurden, damit hierüber Sachentscheidungen herbeigeführt werden können. 

Das Berufungsgericht hob lediglich die Anordnung des Eilgerichtes auf, da, wie es im Urteil heißt, „le juge de référés est le juge de l’évident et de l’incontestable“, der Antrag auf eine erzwungene Auszahlung der Gelder an Oddo Asset Management aber keinesfalls eindeutiger Natur sei. 

Zu dieser Schlussfolgerung kommt das Gericht allerdings nicht, weil die Rechtslage zu undeutlich wäre. Ungewiss ist nach Meinung der Richter viel mehr, wem die 21 Millionen Luxalpha-Anteile gehörten und wer deswegen das Recht hat, die Auszahlung des Rückkaufswerts einzufordern. Es war die französische Firma Oddo et Cie, die am 4. November 2008 der Clearing-Gesellschaft Fundsettle-Euroclear den Auftrag zur Abwicklung ihres Rücktritts von 21,3 Millionen Anteilen an LuxAlpha vergab. Deren Nettoinventarwert wurde Mitte November – vor der Entdeckung von Madoffs Betrug Mitte Dezember – mit 30 Millionen Euro berechnet. Erst im am 6. Januar 2009 beauftragte LuxAlpha UBSL, diese Summe an Oddo et Cie zu überweisen. Die Bank zögerte nach Ausbruch des Skandal. Daraufhin war es allerdings nicht Oddo et Cie, sondern deren Filiale Oddo Asset Management, die vor das Eilgericht zog, um die Überweisung einzuklagen. Der gehörten aber, wie die Richter in zweiter Instanz feststellten, lediglich 4,5 Millionen LuxAlpha-Anteile, weswegen es doch zumindest sehr fraglich sei, ob es Oddo Asset Management zustand, vor Gericht zu ziehen. Oddo AM habe nichts vorgebracht, um die These zu stützen, dass sie ohnehin Nutz­nießer und Empfänger aller Zahlungen in Verbindung mit den 21 Millionen Anteilsscheinen gewesen wäre. 

Hätte also Oddo et Cie selbst beim Eilgericht geklagt, anstatt dies seiner Asset Management Filiale zu überlassen, vielleicht hätten die Pariser Vermögensverwalter ihre Millionen behalten dürfen? Die muss UBSL an den Konkursverwalter von LuxAlpha weiterleiten, der damit wohl der einzige Nutznießer der Entscheidung ist. Oddo hat in Paris angekündigt, noch einmal Revision einlegen zu wollen. Allerdings ist auch vor dem Kassationsgerichtshof keine Entscheidung darüber zu erwarten, ob nun die Anleger die Depotbank zur Rechenschaft ziehen dürfen oder nur den Fonds, dessen Anteile sie kauften, weil in diesem Fall erst einmal geklärt werden muss, wer eigentlich der Anleger ist.

Manche Jusristen bezweifeln allerdings, dass die wenigen Testfälle, die aus den über 60 gegen die UBSL anhängigen Klagen ausgesucht wurden, hierüber eindeutig Aufschluss bieten werden, wenn sie irgendwann verhandelt werden, da die wenigsten Klagen genau gleich geartet seien. Davon hängt aber der weitere Ablauf des Geschehens ab: Dürfen die geschädigten Investoren direkt mit der Bank streiten, könnte in einer zweiten Phase deren Verantwortung am Verlust der Gelder und ihre Rückerstattungspflicht geklärt werden. Andernfalls müssen sie gegen den Fonds vorgehen, der bekanntermaßen Pleite ist. Dann könnte sich höchstens dessen Konkursverwalter gegen die Bank wenden. 

Michèle Sinner
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