Lehrerausbildung an der Universität

Alles richtig gemacht?

d'Lëtzebuerger Land du 26.11.2009

Es habe „absolut keinen politischen Druck“ gegeben, versicherte Michel Margue, Dekan der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Uni Luxemburg, vom Land zu seiner Entscheidung befragt, das Mandat des Studienleiters für den Bachelor für Erziehungswissenschaften, Charles Max, trotz erneuter Kandidatur nicht um weitere vier Jahre zu verlängern. Studenten hatten die „undurchsichtige Entscheidung“ des Dekans kritisiert und über mögliche politische Hintergründe seiner Abwahl gerätselt. 

Die Entscheidung sei Ergebnis monatelanger Diskussionen mit dem beratenden Steuerkomitee des Fachbereichs über die weitere Zukunft des Studiengangs gewesen, und „sehr wohl transparent“, verteidigt Margue sein Vorgehen. Es gehe gar nicht darum, wie von Studenten befürchtet, „die Philosophie des Studiengangs zu ändern“, sondern nach „einer Phase des Neubeginns und notwendigen Bruchs“ Bewährtes zu konsolidieren und, wo nötig, „Anpassungen“ vorzunehmen. Konkreter wurde Margue nicht, er deutete aber an, dass vor allem die Zusammenarbeit zwischen Theorie und Praxis, den Akteuren innerhalb und außerhalb der Uni, verbessert werden soll. Er sei froh, neben dem neuen Studiendirektor Gérard Gretsch, der seine Promotion in den Erziehungswiessenschaften noch in diesem Winter abschließen soll, als beigeordneten Studienleiter Helmut Willems gewonnen zu haben. Willems, bekannter Jugendforscher, in Sachen Lehrerausbildung aber ein eher unbeschriebenes Blatt, habe mit seinen Vernetzungs­bemühungen im Bereich der Sozialen Arbeit ein „überzeugendes Konzept“ vorgelegt. 

Der Studiengang der Erziehungswissenschaften in seiner aktuellen Form existiert seit vier Jahren, er geht auf Überlegungen zurück, die damals dreijährige Lehreraus­bildung am heute in die Uni eingegliederten pädagogischen Institut Iserp zu reformieren, die Ende der 90-er Jahren unter der Leitung des damaligen Iserp-Leiters und heutigen Vize-Rektors Lucien Kerger begonnen hatten. Bei seiner Einführung hatte es reichlich Spannungen gegeben, weil mit ihm ein neues Kooperationsmodell zwischen erziehungswissenschaftlicher Theorie und Praxis auf die Beine gestellt werden sollte. „Der Bruch war nötig“, erinnert sich Kerger. Ein Streitpunkt war die Akademisierung der nunmehr vierjährigen Ausbildung: Sie sollte sich stärker als bisher an erziehungswissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren. 

Insbesondere der alten didaktik- und lehrerzentrierten Sichtweise  wurde abgeschworen, zum Leidwesen mancher. Heute sind Kern-elemente der Ausbildung, wie der Fokus auf den Lernprozess und das Lernen an sich, unumstritten. Ein Verdienst, das nicht nur, aber auch Studienleiter Max anzurechnen ist. 

Ganz behoben ist der alte Konflikt aber nicht. Klagen, der Studiengang sei nicht anwendungsorientiert genug, kommen heute nicht nur von Lehrern „alter Schule“ und Verfechtern einer wie auch immer gearteten Fachdidaktik, sondern auch von Studenten und sogar aus den Reihen des Unterrichtsmi­nisteriums. 

Dabei geht es unter anderem um die Frage, welche Spezialkenntnisse ein Lehrer in einer immer stärker „inklusiv“ ausgerichteten Schule mit einer immer heterogener werdenden Schülerpopulation braucht. Die wenigen sonderpädagogischen Elemente wurden abgeschafft. Die Idee, Spezialisierungen im Rahmen eines an die Ausbildung anknüpfenden Master-Studiengangs zu ermöglichen, wurde nicht zurückbehalten.Dass der Bedarf an heil- und sonderpädagogisch auisgebildetem Fachpersonal groß ist, machten nicht zuletzt eine Qualitätsuntersuchung verschiedener Centres d‘éducation différenciée deutlich, die einen Mangel an Fachwissen und Anwendungskompetenz feststellte. 

Nachgebessert wurde beim Sport, ein weiterer Streitpunkt. Sport wurde zunächt nur als Optionsfach angeboten, aufgrund der Proteste seitens der Sportlehrer, ist es seit diesem Sommer für alle Grundschullehrer verpflichtend und kann darüberhinaus optional belegt werden. Ein Beispiel dafür, dass mit dem alten Studiendirektor Nachbesserungen offenbar möglich waren. Während seine Kommunikationsweise mancherorts bemängelt wurde, schätzten andere ihn offenbar für seine Wissenschaftlichkeit und politische Unabhängigkeit. Dass eine Person allein, die Organisation und Planung des 500 Studenten starken Fachbereichs nicht bewältigen kann, wurde im Rahmen einer ersten externen Zwischenevaluation festgestellt. Eben deswegen habe sich man das Modell der Doppel-Leitung schon vor Monaten ausgedacht, so Margue, der dem ehemaligen Studienleiter vorwirft, auf diesen Vorschlag nicht eingegangen zu sein. 

Ines Kurschat
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