leitartikel

Einzigartig

d'Lëtzebuerger Land du 15.12.2023

„Mir ginn d’Land net op!“ war der Slogan der Annonce, die in den vergangenen drei Wochen auf die heutige Ausgabe des Lëtzebuerger Land hinwies. Mehrere Anspielungen steckten darin. Aber auch ein Understatement. Denn selbstverständlich geben wir das Land nicht auf. Doch ab dieser Ausgabe erscheint es im kleineren Format. Im großen Norddeutschen Format kam seit dem 29. Juni 2012 keine andere Luxemburger Zeitung heraus. Das Berliner Format haben auch andere.

Eine einzigartige Zeitung soll das Land bleiben. Getragen von der Fondation d‘Lëtzebuerger Land, einer gemeinnützigen Stiftung, die die wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit der Zeitung sichert. Auf dieser Basis gründet die Redaktion ausgereifte Analysen, gewissenhaft recherchierte Reportagen, eine aktuelle Hintergrundberichterstattung und unabhängige Kommentare zu Politik, Wirtschaft und Kultur. Das kleinere Format erlaubt es, die Beiträge in der Zeitung in ihrer Länge stärker zu variieren. Damit lässt sich einer Geschichte, je nachdem in welcher journalistischen Form sie erzählt wird, besser gerecht werden. Stärker auf die Aktualität Bezug nehmen lässt sich damit auch.

Für den Verlag Éditions d‘Lëtzebuerger Land und die Redaktion war das die Hauptmotivation für die Verkleinerung des Formats. Doch die Qualität des Inhalts ist ebenso wichtig wie das Erscheinungsbild der Zeitung. Texte und Fotos bilden im Land seit mittlerweile mehr als einem Vierteljahrhundert eine Einheit. Fotos illustrieren nicht nur. Sie ergänzen Texte, indem sie eine Geschichte weitererzählen. So wird im Land Fotojournalismus verstanden. Sein Stellenwert in der Zeitung wächst ab der heutigen Ausgabe noch. Das neue Layout, das die Agentur Michel Welfringer entwickelt hat, bietet den Rahmen dafür.

Der Anspruch von Verlag und Redaktion ist derselbe wie vor elfeinhalb Jahren, als das erste Land im Norddeutschen Format erschien: das Papiermedium maximal auszureizen. „Mir ginn d‘Land net op!“ bedeutet auch, zu einer gedruckten Zeitung zu stehen und darauf stolz zu sein. Längere und ausführlichere Artikel lesen sich auf Papier besonders angenehm, und noch besser in einer sorgsam gestalteten Zeitung. Jeden Freitag sollen die Leserinnen und Leser mit einem unerwartet neuen Land überrascht werden. Die digitalen Land-Ausgaben werden natürlich beibehalten. Und das Artikelarchiv auf der Webseite land.lu wird von Woche zu Woche größer.

Für den Druck des Land im Berliner Format wandte der Verlag sich an Editpress in Esch/Alzette. Ab Juni 2012 war das Land in der Imprimerie Saint-Paul in Gasperich gedruckt worden, die als einzige hierzulande über eine Rotationspresse für das Norddeutsche Format verfügte. Nach der Übernahme von Saint-Paul durch die belgische Mediahuis-Gruppe und der Einstellung des Betriebs in Gasperich wurde das Land im Mediahuis-Druckzentrum im flämischen Beringen hergestellt. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen in Belgien war stets ausgezeichnet. Doch die Wege zwischen der Land-Redaktion im Stater Bahnhofsviertel und der Escher Druckerei sind kürzer. Die Wege für den Transport der fertigen Zeitung auch. Der Carbon-Footprint des Land wird vermutlich kleiner.

Dagegen wird der Satire-Footprint des Land ab dieser Ausgabe größer. Zu Jacques Dreschers wöchentlichem satirischen Gedicht und den von ihm gemeinsam mit dem Zeichner Moe Skifati produzierten „Déck Frënn“ kommen mit der Ausgabe von heute monatliche politisch-satirische Beiträge des Kunstkollektivs Richtung22 hinzu.

Der Wechsel von Format, Layout und Struktur fällt zeitlich zusammen mit der Feier zum 70-jährigen Bestehen der Zeitung. Ihre erste Ausgabe brachte Gründer Carlo Hemmer am 1. Januar 1954 heraus. Die Redaktion, die mit dem Land eine Referenz für unabhängigen Qualitätsjournalismus in Luxemburg sein möchte, ist sich bewusst, dass die Situation auf der Welt nicht zum Feiern Anlass gibt. In der Ukraine nicht, im Nahen Osten nicht, was die Erderwärmung angeht, ebenfalls nicht. Das Land ist aber des Feierns wert. Anschließend gehen wir wieder an die Arbeit.

Derzeit finanziert das Land sich zu je einem Drittel aus dem Abonnement- und Kioskverkauf, aus Anzeigen und Bekanntmachungen sowie der staatlichen Pressehilfe. Mit dieser Ausgabe muss es den Abo- und Kioskpreis an die gestiegenen Kosten anpassen. Redaktionelle Unabhängigkeit ist für kein Medium ohne ökonomische Unabhängigkeit denkbar.

Peter Feist
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