Krankenkassenbuget 2006

Ein symbolischer Euro

d'Lëtzebuerger Land du 27.10.2005

"Nicht so, Herr Minister!" überschrieben OGBL, LCGB und die Staatsbeamtengewerkschaft CGFP gestern morgen eine gemeinsame Pressemitteilung, in der sie ihr "Befremden" über eine Äußerung von Gesundheits- und Sozialminister Mars di Bartolomeo auf dem Pressebriefing nach Abschluss der Krankenkassen-Quadripartite am Mittwochabend kund taten. Dort hatte der Minister erklärt, nicht 27 Millionen, sondern nur rund fünf Millionen Euro dürfte die Deckungslücke im Haushalt 2006 der Krankenkassenunion UCM betragen. Eine allgemeine Beitragserhöhung wie für dieses Jahr befürworte er für 2006 nicht. Eventuell aber einen "eher symbolischen Beitrag der Versicherten", etwa "einen Euro mehr" an Eigenbeteiligung an bestimmten Leistungen.

Dass der Medienmensch MdB diese Option, die laut den drei Gewerkschaften "zu keinem Moment" in der Quadripartite zur Diskussion gestanden habe, unbedacht gemacht haben könnte, ist sehr unwahrscheinlich. Di Bartolomeo weiß auch, dass über Maßnahmen zum Stopfen von Haushaltslöchern der UCM nicht die Quadripartite entscheidet, sondern die UCM-Generalversammlung, deren Vorstand heute zusammentritt, ehe die Generalversammlung Mitte November stattfindet. Doch wenn der Vertreter des Ministers in der Versammlung (UCM-Präsident Robert Kieffer) keine Beitragserhöhung mittragen wird - was bleibt dann, wenn nicht Leistungsverschlechterungen beziehungsweise höhere Eigenbeteiligungen der Versicherten, wenn sich der Staat gleichzeitig weniger stark an der Finanzierung des Sozialsystems beteiligen will, wie von Premier und Budgetminister angekündigt? Nichts.

Mars di Bartolomeo ist damit zwar weit davon entfernt, Leistungsverbesserungen in die Wege leiten zu können, wie sie ihm als Oppositionsabgeordnetem am Herzen lagen; beispielweise zur stärkeren Finanzierung von Zahnersatz durch die Kassen. Doch wenn er den "symbolischen Euro" damit begründet, so werde wenigstens garantiert, dass Krebsbehandlungen, deren Kostenpunkt sich in den letzten sechs Jahren verdreifacht hätte, den Patienten auch weiterhin im selben Maß und zum selben Preis zur Verfügung stünden, ist er nur in der Realität des immer teurer werdenden Klinikwesens angekommen.

Denn wenngleich die Krankengeldausgaben nach letzten UCM-Berechnungen rückläufig sind und die Medikamentenausgaben durch Kampagnen gegenüber Ärzten wie Patienten zeitweilig, aber nicht dauerhaft, gesenkt werden konnten und den Rückgang des geschätzten Defizits um über 20 Millionen Euro bewirkten, bleiben die Kliniken der große Kostenfaktor und werden darin an Bedeutung noch zunehmen.

Damit stellt sich die Frage, welche Sachleistungen Gesundheitssystem und Krankenkassen in Zukunft anbieten und finanzieren sollen, immer deutlicher. Zumal dann, wenn geringe Beitragssätze insbesondere für die Arbeitgeberseite politisch gewollt und einer der wenigen Vorteile Luxemburgs im Standortwettbewerb sind. Bei der Kompetivitäts-Tripartite, die kommenden Montag beginnt, dürfte daran kaum gerüttelt werden. Und schon die maßvolle Beitragserhöhung zum 1. Januar 2005 war erkauft worden durch punktuelle Leistungsverschlechterungen und stärkere Eigenbeteiligungen der Versicherten. Fragt sich, wie es weitergeht - in Zukunft und über eine symbolische Eigenbeteiligung hinaus. Am Ende könnte Mars di Bartolomeo den Weg in Richtung zu mehr Zusatzversicherungen vorgezeichnet haben. Denn ausbauen lassen will er das Gesundheitsangebot ja auch. In zwei Wochen findet die nationale Gesundheitskonferenz statt. Dort soll über Präventivmedizin und weitere Schritte in der Psychiatriereform diskutiert werden. All das wird Geld kosten, wenigstens eine Zeit lang, und bei der derzeitigen Einnahmensituation der Krankenkassen von ihnen keinesfalls allein zu finanzieren sein.

Peter Feist
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