leitartikel

For profit

d'Lëtzebuerger Land du 05.01.2024

In Luxemburg gibt es drei Privatlabors für biomedizinische Analysen: Ketterthill, Laboratoires Réunis und Bionext. Am Donnerstag vergangener Woche reichte das letzte seine Geschäftsbilanz 2022 beim Handelsregister ein. Liest man die Bilanzen der Jahre 2019 bis 2022, erkennt man, dass die drei Unternehmen während der Covid-Pandemie gut verdienten. Umsätze und Nettogewinne gingen 2020 in die Höhe. 2021 stiegen sie ein weiteres Mal. Als die Seuche 2022 abklang und damit auch der Bedarf an Tests, sanken sie wieder.

Die Frage, wer wann wie viel verdiente, ist natürlich interessant, aber eigentlich sogar sekundär. Dass die Laboratoires Réunis besonders viel Geld machten, ist kein Wunder. Sie hatten von Mai 2020 bis September 2021 den Regierungsauftrag für das Large scale testing erhalten. Verglichen damit, war der Anteil von Ketterthill und Bionext am Testgeschäft in diesen beiden Jahren deutlich kleiner. Dividenden an ihre Aktionäre aber reichten alle drei Unternehmen aus. Im besonders einträglichen Jahr 2021 ließen die Laboratoires Réunis von den 22,6 Millionen Euro Nettogewinn 19,28 Millionen ihren Aktionären zukommen. Ketterthill zahlte aus seinen 16,5 Millionen Euro Gewinn Dividenden in Höhe von 15,97 Millionen. Bionext gab von 8,81 Millionen Euro Gewinn 6,3 Millionen als Dividenden ab.

Was zum primär interessanten Punkt führt. Die drei privaten Labors sind die wichtigsten Akteure for profit in der Gesundheitsversorgung hierzulande. Ihre Umsätze realisieren sie auch außerhalb von Pandemien zu einem großen Teil mit öffentlichen Leistungen bei öffentlicher Bezahlung. Fließen aus Gewinnen Dividenden, steckt in ihnen auch öffentliches Geld.

Die Frage, ob das so sein darf, wurde im Grunde schon mit Ja beantwortet, als die 1999 neu eingeführte Pflegeversicherung einen freien Pflegemarkt schuf, der auch den einen oder anderen Konzern aus dem Ausland anzog. Sie wurde ein weiteres Mal und noch deutlicher mit Ja beantwortet, als 2011 die damalige CSV-LSAP-Regierung das Privatlaborgesetz änderte und die Organisation der Labors in Kapitalgesellschaften erlaubte. Sie unterband jedoch nicht, dass diese Gesellschaften auch von Finanziers kontrolliert werden können. In Luxemburg sind die Aktionäre von Bionext und den Laboratoires Réunis, allen verfügbaren Erkenntnissen nach, Leute vom Fach. Das größte Labor, Ketterthill, ist eine Filiale von Cerba Healthcare Belgium, die wiederum zur Cerba-Gruppe gehört. Deren Aktionäre waren bis vor kurzem Private-Equity-Fonds und Pensionsfonds. Neuerdings ist es die französische Beteiligungsgesellschaft Chrome Topco, in die vermutlich Fonds investieren.

Damit liefert die Laborbranche Anschauung für die Politik. Noch ist das Segment for profit in der Gesundheitsversorgung nicht groß. Aus dem Wahlkampf-Slogan von CSV und DP: „Mehr Freiheit für die Privatinitiative!“ wurde im Koalitionsvertrag der Regierung das vorsichtigere Versprechen, „au plus vite possible“ einen gesetzlichen Rahmen für Ärztegesellschaften zu definieren, „lesquelles ne pourront être composées que des médecins et d’autres professionnels de santé“. Doch ob so eine Beschränkung sich bei europäischer Niederlassungsfreiheit und Freiheit der Kapitalzirkulation realisieren lässt, bleibt zu beweisen. Die Gesundheitsministerin der vorigen Regierung meinte, das gehe nur für Luxemburger Teilhaber und Aktionäre. Akteuren aus dem Ausland wollte sie mit einem Gesetzentwurf über Ärztegesellschaften die Tür öffnen. Aber abgesehen von der Frage, ob Beteiligungsgesellschaften und Investitionsfonds etwas zu suchen haben sollen im Luxemburger Gesundheitswesen mit seinem hohen Anteil an öffentlicher Finanzierung, stellt sich natürlich auch die nach dem for profit generell. Der Deontologiekodex der Ärzte schreibt immer noch vor: „La médecine ne doit pas être pratiquée comme un commerce.“ Wann for profit kein Kommerz wäre, wie dafür gesorgt werden soll, welche Regulierung es dazu braucht, ist die besonders spannende Frage. Dass sie für die Privatlabors, die wichtigsten Akteure for profit im System, immer wieder gestellt wird und ganz gleich wer sie kontrolliert, ist kein Wunder.

Peter Feist
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