Klinik-Notaufnahmen

Keine Urgence in der urgence

d'Lëtzebuerger Land du 27.02.2003

Weitgehende Übereinstimmung, dass viel zu tun bleibe zur Verbesserung der Notdienste und der Poliklinikdienste der Krankenhäuser, herrschte am Dienstag quer durch alle Fraktionen, als die Chamber-Abgeordneten der Thematik eine Aktuelle Stunde widmeten. Immer häufiger werde die Qualität der Notdienste von Patienten kritisiert, meinte Jean Huss (déi Gréng), der die Diskussion beantragt hatte. Vor allem die hauptstädtische Kinderklinik klage über Personalprobleme. Verfügt der Gesundheitsminister über Datenmaterial zu Funktion und Ausstattung der Notdiens-te?, fragte er. Ist bekannt, welche Patienten mit welchen Beschwerden Notdienste und Polikliniken aufsuchen, anstatt zum Hausarzt zu gehen? Könnte die hohe Inanspruchnahme der Klinikdienste auch damit zu tun haben, dass bei manchen Spezialmedizinern die Wartelisten Monate lang sind, gibt es Qualitätskontrol-len der Notdienste und Kriterien dafür? Und: Müsste man sich nicht endlich ein klareres Bild vom Stand der Dinge machen?

 

Aus den Fraktionen wurden interessante Gedanken zu der komplexen Problematik geäußert. Jean-Marie Halsdorf (CSV) regte an, die Kliniken sollten sich spezialisierte "urgentistes" heranziehen, die den Bereitschaftsdienst effizienter machen könnten. Jean Colombera (ADR) plädierte für den Ausbau der hausärztlichen Versorgung zur Entlastung der Kliniken. Niki Bettendorf (DP) konzentrierte sich auf die kinderärztliche Versorgung und regte an, den pädiatrischen Notdienst in einer Klinik des Landes zu zentralisieren. Mars di Bartolomeo (LSAP) war der Meinung, personelle Engpässe der Notdienste ließen sich am besten beheben, wenn genügend fest angestellte Ärzte zur Verfügung stünden.

 

Doch dass eine rasche Abhilfe absehbar wäre, ja selbst, dass eine Bestandsaufnahme in Angriff genommen würde - dieser Eindruck entstand am Schluss der Debatte nicht. Dabei ist eine Zentralisierung von Notdiensten auch außerhalb von DP-Kreisen im Gespräch, die Spezialisierung von "urgentistes" ist es in verschiedenen Kliniken. Die Festanstellung von Ärzten liefe auf eine Ab-änderung des bestehenden Belegarztsystems hinaus, das zweifellos seine Schwächen hat. Nur das CHL und das Neuropsy-chiatrische Krankenhaus in Ettelbrück arbeiten mit Festangestellten. Gesundheitsminister Carlo Wagner (DP) erklärte, seiner Kenntnis nach seien nur zehn bis 15 Prozent aller in den Not-diens-ten behandelten Fälle echte Notfälle, bei bis zu 20 Prozent handele es sich um regelrechten Missbrauch. Nur Minimalstandards für Personal- und Infrastrukturausstattung der Krankenhäuser will das Ministerium bis zum Herbst dieses Jahres formulieren, um für die weitere Durchsetzung des Spitalplans mit seiner Patienten- und Bettenökonomie gewisse Qualitätsnormen einzuführen.

 

Eine von Jean Huss eingebrachte Motion mit der Aufforderung, detaillierteres Datenmaterial zur Funktion der Notdienste zu sammeln, die Zufriedenheit der Patienten zu ermitteln, Normen und Standards zu setzen und eine Arbeitsgruppe aus Vertretern aller Parteien einzurichten, wurde mit den Stimmen der Mehrheit abgelehnt. Es scheint, als werde jede Klinik selber sehen müssen, wo sie mit ihrem Notdienst bleibt.

 

Peter Feist
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