Grüne Energiestratgie

Private-private partnership

d'Lëtzebuerger Land vom 16.12.2010
Enovos will tief in die Tasche greifen – für die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien. Bis 2015 will das Unternehmen ein Fünftel seines Strom-Portfolios aus erneuerbaren Quellen anbieten. Dazu seien in den nächsten Jahren Investitionen von 300 Millionen Euro in Produktionseinheiten geplant; eine Milliarde Euro mit allen Zinseffekten.

In die Netze von Creos soll eine halbe Milliarde Euro gesteckt werden, davon 400 Millionen Euro in Luxemburg – auch wegen
der erneuerbaren Energien. „Deutschland hat jetzt schon Probleme, seinen wachsenden Anteil grünen Stroms in den bestehenden Netzen zu managen“, warnt Enovos-Verwaltungsratschef Etienne Schneider.

Doch Schneider fügt hinzu, dass gerade in Luxemburg der Ausbau der erneuerbaren Energien so schwer sei. Das liege an den
Genehmigungsverfahren und insbesondere an den geltenden Umweltvorschriften. Gemeinsam mit der SEO, der Société électrique de l‘Our s.a., wolle Enovos eine Gesellschaft gründen, die in Luxemburg die grünen Energien „massiv ausbaut“. Die SEO habe „Pläne in der Schublade, um den erneuerbaren Anteil an der Stromerzeugung kurzfristig zu verdoppeln“. Wenn nur die
Umweltvorschriften nicht wären, die ausgerechnet der umweltfreundlichen Stromproduktion im Wege stünden.

Mit dem Entwicklungspotenzial sind vor allem Windkraftanlagen gemeint. Für das, was ihre Entwicklung behindere, nennt Schneider Beispiele: „Die geltenden Lärmschutzvorschriften begrenzen den zulässigen Schallpegel einer Windkraftanlage generell auf 35 Dezibel. Auch an einer Autobahn, die im Schnitt 75 Dezibel abstrahlt. Da drosseln wir unsere Anlagen!“ Ein weiteres nicht gelöstes Konfliktfeld existiere mit dem Naturschutz: Es gebe neuerdings einen überarbeiteten Windatlas, der zeige, an welchen
Standorten noch Windkraftnutzung möglich sei. „Der ganze Süden ist meteorologisch am günstigsten. Doch dort gibt es viele Fledermäuse. Was machen wir da?“ Und sollte es nicht für einen notwendigen Netzausbau auch zulässig sein, ein  Naturschutzgebiet zu zerschneiden?

Über solche Fragen wünscht der Enovos-Chairman sich eine „breite gesellschaftliche Debatte“ und sagt, er habe die Umweltorganisationen dazu mehrfach eingeladen. Die aber wollten nicht. Blanche Weber, die Präsidentin des Mouvement écologique etwa.

Diese wiederum machen solche Aussagen „stinksauer“. Ein Dissens bestehe nicht über die Notwendigkeit einer solchen Debatte, sagt Weber dem Land, „sondern über die Rolle von Ministerien einerseits, privaten Akteuren andererseits bei der Strategiebildung“. Als die SEO den Mouvement écologique eingeladen habe, um über potenzielle Windkraft-Standorte zu diskutieren und sich über ein von ihr erarbeitetes „Windkataster“ zu beugen, habe die Umweltorganisation „in aller Deutlichkeit erklärt, dass eine Energiestrategie von den Ministerien kommen müsse und wir nur mit ihnen darüber sprechen“.

Während Etienne Schneider in Aussicht stellt, die gemeinsame Gesellschaft von Enovos und SEO werde „schauen, wo die Nutzung erneuerbarer Energien noch möglich und wo sie sinnvoll ist“, entgegnet Blanche Weber, über Naturschutz könne nur das Nachhaltigkeitsministerium diskutieren lassen, über Stromproduktion das Wirtschaftsministerium. Dem Enovos-Chairman wirft sie vor, seine Rolle mit der des Ersten Regierungsrats im Wirtschaftsministerium zu vermischen. Das sei „ungesund“.
Peter Feist
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