Internetkonsum und Gesundheit

Es braucht Regeln

d'Lëtzebuerger Land vom 15.03.2019

Wie viel Internet ist gut für ein Kind? Wie den Zugang am besten gestalten? Internet in der Maison relais? Aber sicher(er)! heißt ein Ratgeber von BeeSecure / Service national de la jeunesse, in der Eltern und Erzieher Tipps zur Einrichtung und Nutzung eines kindersicheren Internets erhalten. Hintergrund war ein gemeinsames medienpädagogisches Pilotprojekt mit dem Roten Kreuz in Kindergärten.

Die Tipps betreffen nicht nur technische und gestalterische Aspekte, um die Internetsicherheit zu erhöhen: Weil das Betreuungspersonal den Computer und Suchmaschinen aus anderen Gründen braucht als Kinder, werden getrennte Computer und Netzwerkzonen für Erwachsene und Kinder empfohlen. Das mindert das Risiko, dass Kinder an einen Computer und somit an Inhalte gelangen, die nicht für sie bestimmt sind.

In kindgerechten Computerecken können Kinder Aktivitäten rund um Tablet und Computer im geschützten Rahmen erleben. Antivirusprogramme und Filtersoftware, die bei bestimmten Schlagwörtern blockiert, helfen, das Risiko zu mindern, dass Kinder durch unbedachtes Surfen einen Computer beschädigen, aber vor allem, dass sie Inhalte und Bilder im Internet finden, die nicht für ihr Alter gedacht sind und sie verstören. Experten empfehlen, gerade Kinder, die die ersten Schritte im Netz unternehmen, nie ohne Aufsicht zu lassen, sondern sie bei ihren Erkundungstouren ins Internet zu begleiten. So werden gemeinsam Sicherheitsreflexe trainiert (etwa dass man sein Passwort nicht weitergibt) und brenzlige Situationen können frühzeitig erkannt und verhindert, oder andernfalls im Nachhinein besprochen werden.

Vorsicht ist angebracht, wenn Kinder und Jugendliche in sozialen Netzwerken, Chats oder Foren unterwegs sind. Cybermobbing, also das absichtliche Beleidigen, Bloßstellen oder Belästigen anderer mithilfe von Internet und Mobilttelefon, ist eine reale Gefahr. Wie weit die Angst vor Mobbing unter Kindern und Jugendlichen verbreitet ist, zeigt sich alle Jahre wieder beim medienpädagogischen Wettbewerb Jeune Journaliste, wo das Thema von Jugendlichen aller Altersstufen aufgegriffen und beleuchtet wird. Zehn goldene Verhaltensregeln sollen die Risiken der Internetnutzung für Kinder minimieren, wie etwa im Netz niemanden zu beleidigen und bei Kontaktversuchen, vor allem aber bei Anfragen, sich zu treffen, unbedingt Eltern oder Betreuern Bescheid zu geben, mit den Eltern und Betreuern über das zu reden, was das Kind im Internet macht, erst recht, wenn es um unangenehme Begegnungen und Belästigungen geht.

Wichtig sind aber nicht nur Verhaltensregeln für die Kleinen, sondern auch für die Erwachsenen: Der eigene verantwortungsbewusste Umgang ist entscheidend, damit die Kinder einen guten Umgang mit dem Internet am Vorbild erlernen. Dabei geht es nicht nur darum, datenschutzorientiert zu handeln, sondern Internetregeln auch selbst zu beherzigen: also nur in klar definierten Situationen auf Tablet und Smartphone zurückzugreifen, Privates nicht mit der Arbeit zu vermischen.

Alles wertvolle Tipps, die zudem mit allerlei aktuellen Hinweisen auf der Bee-secure.lu Webseite ergänzt warden. Was bisher allerdings fehlt, ist ein Angebot, das gesundheitliche Gefahren und die Folgen von zu viel oder zu frühem Internetkonsum in den Blick nimmt. Der französische Psychiater Serge Tisseron gibt Eltern eine einfache Faustregel vor: Damit das Kind bestmöglich von Bildschirminhalten profitieren könne, sei es notwendig, sie ihm im richtigen Moment anzubieten. Dafür gebe es Altersrichtlinien, die Tisseron in einer Regel 3-6-9-12 zusammengefasst hat. In der Praxis bedeutet das: kein Bildschirm unter drei Jahren, keine eigene Spielkonsole vor sechs Jahren, kein Internet (auch nicht beaufsichtigt) vor neun Jahren und kein unbeaufsichtigtes Internet vor zwölf Jahren. Tisseron war im Rahmen des 50-jährigen Jubiläums des Service audiophonologique nach Luxemburg gekommen und hatte sein Konzept im November vergangenen Jahres hier vorgestellt.

Eigentlich sollte ein ähnliches Angebot hierzulande eingerichtet werden, doch das lässst auf sich warten: Wer das Alphabet der Prävention auf der Webseite des Gesundheitsministeriums konsultiert, wird wohl unter Alkohol, Hitze, Drogen oder Demenz fündig, aber zu gesundheitlichen Risiken von zu viel Internet gibt es keine Informationen auf der Webseite. Dabei warnen Gesundheitsexperten schon länger, dass das lange gekrümmte Sitzen vor dem Computer oder das ständige Beugen über einen Bildschirm zu Haltungsschäden, Sehschäden, Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen führen kann, geradeso wie zu laute Musik auf den Ohren die Hörfähigkeit beeinträchtigen und zu viel Videospielen zur Spielsucht führen kann. Dass unangemessene, nicht altersgerechte Inhalte aus dem Internet, beispielsweise gewalttätiger oder pornografischer Natur, Kinder nicht nur verstören, sondern regelrecht traumatisieren. Nach vermehrten Anfragen verunsicherter Eltern hat Bildungsminister Claude Meisch nun seinerseits angekündigt, einen solchen Handlungsleitfaden entwickeln zu wollen, der Eltern für einen altersgemäßen, pädagogisch sinnvollen Umgang mit Online-Medien sensibilisieren soll.

Ines Kurschat
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