Die Nationalbibliothek im Internet

Sibils Sohn heißt Aleph

d'Lëtzebuerger Land du 13.04.2000

Es gibt auch Positives von der Nationalbibliothek zu berichten, vorausgesetzt, man interessiert sich für Bücher. Was anderenorts schon eine Selbstverständlichkeit ist, grenzt für die Benutzer der größten Bibliothek des Landes an schieren Luxus: das Anfang dieser Woche in Betrieb genommene neue Informatiksystem Aleph. Nach mehrmonatigen Schulungen, Installationen und Probeläufen fand übers Wochenende die endgültige Umstellung statt, ohne größere Pannen, so Direktorin Monique Kieffer.

Die Bibliothek, die erst 1985 begann, ihre Zettelkastenkataloge auf Computer umzustellen, und 1996 den Buchverleih informatisierte, musste letztes Jahr ein neues System für sich und das kleine Dutzend im Verbund arbeitender Luxemburger Bibliotheken finden. Denn der internationale Rebus-Verbund der Bibliotheken, die das inzwischen vorsintflutlich gewordene Schweizer System Sibil benutzten, löste sich zur Jahreswende auf.

Nach einer Ausschreibung fiel die Wahl im Juni letzten Jahres auf das System Aleph 500, die 1996 entwickelte vierte Generation des mit dem Anfangsbuchstaben des hebräischen Alphabets abgekürzten Automated Library Expandable Program. Das System auf der Unix-Plattform der israelischen Gruppe Ex Libris Ltd., die eine Niederlassung in Luxemburg unterhält, bewährte sich laut Monique Kieffer dank seiner großen Flexibilität unter anderem in Dänemark, Österreich und der Schweiz. Kieffer betont stolz, dass die Umstellung der Nationalbibliothek die Gelegenheit bot, die Anglo-American Cataloging Rules (AACR) zu übernehmen und in Zusammenarbeit mit dem Centre informatique de l'État ein halbes Hundert neuer Computer-Terminals und zwei neue Server zu installieren.

Der Clou für die Leserinnen und Leser aber ist, dass sie rund um die Uhr den Katalog über Internet einsehen und Bücher online bestellen können (http://aleph.etat.lu:4505/ ALEPH). Die Bestellungen liegen dann an der Ausgabe bereit und können gleich abgeholt werden, ohne lästiges Schlangestehen an den Bibliotheks-Terminals, ohne Ausfüllen von Pappformularen und ohne langes Warten auf die Sendungen des Frachtaufzugs. d'Lëtzebuerger Land machte Anfang der Woche den erfolgreichen Praxistest.

Elektronisch erfasst sind mit derzeit 364 000 Eintragungen der gesamte Luxemburgensia-Bestand sowie die Neuerwerbe seit 1985. Die anderen Werke müssen zum Teil weiter über Zettelkästen gesucht werden. Ob sie jemals alle elektronisch erfasst werden, ist zweifelhaft, da auch den meisten großen ausländischen Bibliotheken die Mittel fehlen, um ihre gesamten Altbestände neu zu katalogisieren. Der 1998 im Berenschot-Audit bemängelte Rückstau bei der Verzettelung konnte bisher allerdings nicht beseitigt werden, denn, so Monique Kieffer, die augenblickliche Systemumstellung lastete die personellen Möglichkeiten der Bibliothek voll aus.

Romain Hilgert
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