Miriam Mascherin

Die Macherin

d'Lëtzebuerger Land du 24.03.2011

„Golf“. Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen. Der Ballsport ist Miriam Mascherins Ausgleich zur Arbeit. „Mich reizt die Konzentration, Spannung und Entspannung“, sagt sie. Immer wenn sich die Gelegenheit bietet, nimmt sie den Schläger und eilt hinaus auf den Golfplatz. Nicht nur zum Vergnügen, Mascherin tritt auch bei Wettkämpfen an.

Kämpfen ist nichts Neues für die sportliche 49-Jährige. Schritt für Schritt hat sich die gebürtige Irin ihre Karriere aufgebaut. Heute ist sie ihre eigene Chefin. Zusammen mit Geschäftspartner Michel Tamisier und fünf Mitarbeitern hat sich ihr 2007 gegründetes Unternehmen Elite Advisers S. A. auf Finanz-Nischenprodukte spezialisiert, die sie an den Mann beziehungsweise an die Frau bringt: „Ich wollte etwas, das Leidenschaft und Beruf miteinander verbindet.“

In ihrem Büro in der Allée Scheffer stehen Bücher über edle französische Weine und exquisite Uhren. Mascherin schlägt eines auf. „Schauen Sie, wie perfekt sie angefertigt ist“, schwärmt sie und zeigt auf eine Luxusuhr. Ihre andere Spezialität sind Weine, genauer sagt Nobles Crus, ein Fonds, der in Spitzenweine investiert (d’Land, 14.11.2008). Den Werbeslogan liefert ein Bild an der Wand im Popart-Stil: passion investment.

Die Finanz- und Fondswelt war nicht immer Mascherins Schwerpunkt. Ihre Sporen verdiente sich Mascherin in der Industrie. Nach dem Politik- und Wirtschaftsstudium im irischen Limerick arbeitete sie beim französischen Kosmetikriesen Yves Rocher, dem sie eine entscheidende Weichenstellung verdankt: Für das Unternehmen wechselte sie in die Echternacher Filiale nach Luxemburg. Sie reiste viel, lernte Land und Leute kennen. „Für den Einkauf verantwortlich zu sein, ist eine feine Sache. Man bringt Geld mit“, sagt sie und lacht. Es ist ein herzliches Lachen.

Vier Jahre später wechselte Mascherin zum Automobilzulieferer Guardian Industries. Es folgte das Luxemburger Elektrounternehmen Elco, wo sie die erste Frau im Management wurde. Auch hier baut sie eine Abteilung quasi neu auf. Dass sie die einzige Irin war unter Luxemburgern, Franzosen und Deutschen, empfand sie nicht als Nachteil: „Als Exotin konnte ich mich aus Lagerbildungen heraushalten“, scherzt sie.

Der Vermögensverwalter Carmignac bot ihr den Einstieg in die Finanzwelt. Mascherin hat Carmignac Gestion Luxembourg mit aufgebaut. „Die Erfahrungen und Verantwortung, die ich aus der Industrie mitgebracht habe, waren eine exzellente Vorbereitung.“ Am Tag ging sie ins Büro. Abends, wenn die Kinder im Bett lagen, holte sie die Bücher heraus, um für ihren IAQ (Investment Administration Qualification) am London Securities Institute zu büffeln. Eine Mehrfachbelastung, die ihr und ihrem Partner einiges abverlangte, die sie aber nicht bereut hat. „Mich reizt das Neue“. Man ist geneigt, ihr zu glauben. Mit kräftigen Gesten unterstreicht Mascherin Aussagen wie diese: „Das Leben besteht aus Gelegenheiten, man muss sie nur ergreifen.“ Die Frau ist ein Energiebündel. Ihre Sätze formuliert sie präzise und ohne viel Umschweife.

Ein Plus für ihre neue Position bei der Fédération des femmes cheffes d’entreprise (FFCEL), wo die Wahlluxemburgerin vor kurzem Präsidentin Françoise Folmer beerbte. Dass sie kein Luxemburgisch spricht – ein Handicap? Mascherin schüttelt den Kopf: „Ich verkörpere die andere, multikulturelle Seite Luxemburgs.“ Verheiratet mit einem Franzosen, Mutter zweier mittlerweile fast erwachsener Töchter und seit nunmehr über 20 Jahren im Land fühlt sich die Irin hierzulande ganz zuhause. „Luxemburg und Irland haben Ähnlichkeiten.“

Es ist eine neue Frauengeneration in der FFCEL, die ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt, vielleicht Familie wünscht, aber deshalb nicht auf den beruflichen Erfolg verzichten will. Allerdings: Als sich Mascherin bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt als FFCEL-Präsidentin deutlich vom Feminismus distanzierte, bekam sie empörte Reaktionen. Im Land schlägt sie versöhnliche Töne an: „Ich weiß um die Errungenschaften der Frauen.“ Mascherin besteht aber darauf: „Ich führe einen anderen Kampf“. Feminismus ist für die Unternehmerin der Kampf um politische Rechte, sie selbst will sich nicht politisch engagieren. Feministisch war sie nie, ihr selbstsicheres Auftreten und ihre Risikofreude verdankt sie, neben sich selbst, ihrer Mutter. Während ihrer FFCEL-Präsidentschaft will sie das Thema Frauen in Führungspositionen voranbringen. Am liebsten aber ohne Quote, sagt sie.

Ines Kurschat
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