Online-Supermarkt Luxcaddy

Von A wie Ananas bis Z wie Zahnpasta

d'Lëtzebuerger Land du 25.03.2010

„Einmal Büffelmozzarella für die 15“, ruft Georges Kraft und zieht mit der einen Hand die Packung mit dem Barcode am Scanner vorbei, während er mit der anderen den Computer bedient, der vor ihm auf seiner Packstation steht. Sein Mitarbeiter schnappt sich den Mozzeralla, eilt mit großen Schritten an den Kühlschrank, reißt die Tür auf, hält inne – unter den zwei Dutzend nummerierten Einkaufstüten muss er erst einmal die mit der 15 finden – Mozzarella rein, Kühlschranktür mit Schwung wieder zu. Er macht auf dem Absatz kehrt und schnappt sich das nächste Produkt. Es eilt. Bald ist es zehn Uhr. Er muss weg, den Kunden, die eine Lieferung zwischen zehn und zwölf Uhr vormittags bestellt haben, ihre Einkäufe bringen. Es ist die erste von vielen Runden; bis 19 Uhr wird er im ganzen Land unterwegs sein.

Spätestens um halb acht geht es morgens los. Dann fangen die Mitarbeiter von luxcaddy.lu an, die Bestellungen der Kunden für die Auslieferung fertig zu machen. Seit fast drei Jahren gibt es den Supermarkt im Internet, der seinen alten Namen epicerie.lu erst vergangene Woche ablegte, weil die Firmengründer Georges Kraft und Jacques Lorang finden, dass ihr Warenangebot das einer épicerie bei weitem übersteigt. Die durchnummerierten Kisten stapeln sich im Eingangsbereich, vor der Tür steht der Lieferwagen bereit.

Drinnen hört man – genau wie an der Supermarktkasse – das Biepen, wenn die Waren über den Scanner gezogen werden. Die Mitarbeiter legen die Stirn in Falten, alle sind hoch konzentriert. Bloß keinen Fehler machen, bloß kein Produkt in die falsche Tüte tun oder ungewollt beim Hin- und Herstapeln die Reihenfolge der Auslieferungsboxen ändern. Denn ist der Fahrer einmal unterwegs zu den Kunden, lässt sich ein Fehler nicht mehr rückgängig machen. Putenbrustschnitzel, zwei Liter Vollmilch, einmal Joghurt, der aus der Werbung, der das Wohlbefinden steigern soll, ein Kilo Äpfel. Über 2 500 Artikel hat luxcaddy.lu im Angebot, Lebensmitteln und Putzmittel, Shampoo, Deo, Schreibwaren, Glühbirnen, Hundefutter, Blumensträuße und: Tiefkühlpizza und -pommes. Dass der Online-Supermarkt auch Tiefkühlware führt, ist neu, aber eine logische Folge der ursprünglichen Idee der Firmengründer. „Wir versuchen, das Angebot so auszubauen und zu komplettieren, dass sich für die Kunden der Gang in den Supermarkt erübrigt“, sagt Lorang.

Daraus folgt: Luxcaddy ist nicht etwa ein Zusatzangebot einer etablierten Supermarktkette, sondern eine unabhängige Firma. Es gibt neben dem virtuellen Einkaufsbereich keinen materiellen, durch den die Kunden schlendern könnten. Nur den Lagerbereich, vor dem die Mitarbeiter morgens hin und her flitzen. Der ist penibelst geordnet und aufgeräumt. „Das muss unbedingt so sein“, sagt Lorang, „denn die Verwaltung des Lagerbestands ist der schwierigste Teil der Operation.“ „Wie den realen Lagerbestand und den virtuellen im Online-Supermarkt miteinander koordinieren“, bringt er das Problem auf den Punkt. Luxcaddy hat dafür seine eigene Lösung gefunden.

Sowohl Lorang wie Kraft kommen eigentlich aus der Internetbranche, haben vorher Webseiten programmiert unter anderem für Kunden, die im e-commerce-Bereich tätig waren. Hinter Luxcaddy steht die Firma Itix, deren Aktionäre und Mitarbeiter Lorang und Kraft sind. Sie haben ihre eigene Software geschrieben, die als Plattform für den Betrieb dient, und das reale Lager im Netz, das Online-Angebot und die Einkaufslisten der Kunden miteinander abstimmt. Damit das klappt und der Kunde kein Produkt bestellen kann, das nicht tatsächlich im Regal liegt, darf aber nicht schon beim Abzählen der Waren ein Fehler passieren.

Ohnehin führt die Firma nur ein kleines Lager mit Non-Food-Artikeln, Getränken und haltbaren Esswaren. Alle Frischwaren, Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch und so weiter werden jeden Morgen zugestellt. Auf die Stückzahl genau so viel, wie die Kunden bestellt haben. Auch das dank der selbst entwickelten Software. „Zwar können die Kunden zu jeder Tages- und Nachtzeit einkaufen. Doch wer am folgenden Tag beliefert werden will, muss bis spätestens 23 Uhr am Vorabend bestellen“, erklärt Lorang. Dann ordnet das System die Eingänge und schickt automatisch die Bestellungen zu den Lieferanten hinaus, die am da-rauf folgenden Morgen auf dem Hof vorfahren. Der Vorteil für die Firma liegt auf der Hand – sie kauft nur ein, was sie auch sicher absetzen kann, muss nicht in ein Angebot investieren, das verdirbt, wenn die Kundschaft ausbleibt.

Rund 2 100 Kunden sind derzeit bei luxcaddy.lu eingeschrieben. „Jeden Monat schreiben sich etwa 50 bis 60 neue Kunden ein“, sagt Lorang, relativiert aber, „nicht alle von ihnen kaufen sofort auch ein.“ Dass das Internet-Angebot bestimmte Gesellschaftsgruppen besonders anspricht, habe sich bislang noch nicht ergeben. Zwar sind junge Paare unter der Kundschaft prominent, doch auch Rentner gehören dazu. Seit 2007 – der Online-Supermarkt öffnete im April – ist der Umsatz von 100 000 Euro stetig angestiegen auf 300 000 Euro 2008 und 450 000 Euro 2009. „Unser Ziel ist es 2010 zwischen 700 000 und 800 000 Euro umzusetzen, und das werden wir ziemlich sicher schaffen“, sagt er. Obwohl auch andere Firmen Interesse an der Software angemeldet haben – „wir haben eine Super-Plattform, doch mittlerweile ist sie in hohem Grade unseren eigenen Bedürfnissen angepasst“, so Programmierer Lorang selbstbewusst –, konzentrieren sich die Bemühungen und Investitionen von Itix auf den eigenen Supermarktbetrieb.

Um mehr Kunden zu Luxcaddy zu locken, wird nicht nur das Warenangebot angepasst, sondern auch der Service und die Funktionalitäten werden ständig verbessert. Öfters den Norden des Landes anfahren möchten Kraft und Lorang. Dorthin liefern sie derzeit nur einmal die Woche und die Kunden müssen mindestens für 120 beziehungsweise 140 Euro einkaufen. Ziemlich viel im Vergleich zu den 30 Euro Mindesteinkauf im Zentrum. Dort brauchen die Kunden seit neuestem aber nicht einmal mehr einen Computer zum Einkaufen. Itix hat eine App geschrieben, seit vergangener Woche kann also die Kundschaft das gesamte Warenangebot über ihr I-Phone abrufen, die Produktbeschreibungen ansehen, in ihren Warenkorb legen und sogar über das Handy – via Cetrel – bezahlen.

Hilfe gibt es auch beim Navigieren durch den Supermarkt. My Shop erlaubt es den Einkäufern, regelmäßig gebrauchte Produkte in ihren eigenen Supermarkt einzuordnen, so dass sie nicht wiederholt durch das ganze Angebot surfen müssen, um die immer gleichen Produkte zu suchen. Außerdem kann man sich Listen anlegen. „Es gibt beispielsweise Kunden, die eine Spaghetti-Bolognese-Liste führen. Darauf stehen alle Zutaten, die sie für ihre Sauce brauchen, dann müssen sie nur die Liste anklicken und alles wird automatisch in den Einkaufswagen gelegt“, erklärt Lorang. Für diejenigen, die keine eigene Kochidee auf Lager haben, bietet die Webseite auch das: Rezepte mit vorbereiteten Zutatenlisten, auf denen man sogar – unerfahrene und rechenfaule Köche wird es freuen – die Zahl der Esser eingeben kann und die sich daraufhin automatisch anpassen.

Ausgerichtet ist Luxcaddy demnach deutlich auf Leute, die entweder wenig Zeit zum Einkaufen haben oder wenig Zeit darauf verwenden wollen – wer nicht zu Hause ist, wenn geliefert wird, kann gegen Pfand eine Isobox leihen. Die Kunden zahlen dafür einen Aufpreis gegenüber dem Supermarkt, doch wer die Preise vergleicht, sieht, dass nicht immer das Internet-Angebot teurer ist. Deswegen müssen sie erstaunlich wenig Kompromisse bei der Auswahl machen und sich beim Einkaufen nicht auf vorverpackte geschmacksarme Massenware beschränken. Im Gegenteil. Nicht nur greift die Firma auf das Angebot der Provençale zurück, wer will kann also seinen – lebenden – Hummer dort ebenso bestellen wie seine Gänseleberpastete. Itix hat zusätzlich mit einer Reihe von lokalen Produzenten Abkommen vereinbart. So gibt es bei Luxcaddy Brot und Kuchen aus der Biobäckerei Scott, Sekt und Wein der Kellerei Krier-Bisenius von der Luxemburger Mosel und eine Reihe von Produkten, die es sonst nur im Bioladen gibt. „Bio geht unglaublich gut, besonders beim Obst und Gemüse, da verkaufen wir mehrheitlich Bio“, bestätigen Kraft und Lorang. Sie wollen das Segment erweitern.

Torten, Törtchen, Pain Surprise und frisch belegte Brötchen kommen aus der Bäckerei Friedrich. Die schmecken den Mitarbeitern anderer Firmen, die bei Luxcaddy einkaufen, allemal besser als die von der Tanke. Firmen kaufen auch gerne Kaffee, Milch und Zucker im Internet sowie Papier für den Drucker, Umschläge, Textmarker. Praktisch ist das vor allem für kleinere Firmen, die beim Grossisten keine großen Stückzahlen kaufen.

Mit diesem Service und vielfältigem Angebot ist Luxcaddy von Itix derzeit einzigartig in Luxemburg. Zwar gibt es andere Online-Portale zum Einkaufen, doch deren Angbot ist weniger diversifiziert. Der Biobus aus Deutschland bietet zwar eine große Palette an Bioprodukten an, die über Lebensmittel hinausgeht, doch wer auch Waren aus herkömmlicher Herstellung sucht, wird dort nicht fündig. Auch Supermärkte, bei denen man bestellen kann, gibt es, allerdings nur telefonisch. Das können die Kunden bei Luxcaddy ebenfalls. „Wir sind offen für alles“, sagt Lorang. „Wir können uns auch vorstellen, andere Online-Dienste anzubieten. Die Infrastruktur dafür haben wir und den Weg bis nach Hause zum Kunden legen wir ohnehin zurück.“ Denn wichtig war Kraft und Lorang am Anfang vor allem die Idee Internet-Handel zu betreiben, mit dem Supermarkt haben sie angefangen, weil dort jeder regelmäßig hin muss, und sie glaubten, dies sei ein guter Einstieg. Drei Jahre Geschäftserfahrung scheinen ihnen Recht zu geben. Inzwischen steigen sie nicht mehr selbst in den Lieferwagen, um die Bestellungen auszufahren, sondern beschäftigen zwei Vollzeitmitarbeiter und eine Halbzeitkraft und denken außerdem über die Anschaffung eines dritten Kühlfahrzeuges nach.

Michèle Sinner
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