Prinzen sterben nicht aus

Role Models

d'Lëtzebuerger Land du 19.06.2015

Gut, dass es noch Prinzen gibt, dass sie nicht aussterben wie zum Beispiel die Bienen. Man kann ja nicht immer über Gotteskrieger, Griechen, Luxemburgerinnen schreiben. Gottseidank hat wieder ein Prinz geheiratet. Immer heiratet wieder ein Prinz.

Jo!, schmettert der Schwedenprinz. Die Angebetete ist keineswegs eine sauertöpfische Prinzessin. Prinzessinnen sind derzeit ziemlich out, also bei Prinzen. Im Kinderzimmer natürlich nicht. Und möglicherweise auch nicht bei Maschinenschlossern oder Chirurgen. Prinzen, wie volksnah sind sie doch, finden derzeit Models cool oder hot. Sogar noch cooler und hotter als Managementexpertinnen oder die ebenfalls beliebten Finanzwelttöchter.

Jo!, schmettert der Schwedenprinz, nachdem er die Angebetete zum Altar abgeschleppt hat, samt Schleppe. Der Schwedenprinz tritt aus dem Märchenbuch, aus der Schweden-Werbung, in einer schmucken Uniform. Er ist von ausnehmend angenehmer Gestalt. Er kann gut lächeln und vermutlich küssen, die Angebetete ist von ausgesprochenem Liebreiz. Welche Marketingstrategen haben sich die beiden ausgetüftelt? Sie erzählen aber eine Geschichte mit Schwänen und Schüchternheit.

Der jüngste schwedische Prinz ist kein jüngster Müllersohn. Obschon ihn seine Mutter – die bayerische Stewardess, die vor langer, langer Zeit das Herz des angeblich etwas einfältigen Schwedenkönigs im Flug erobert hatte – als Legastheniker geoutet hat, das kommt bestimmt gut an Er fabriziert Porzellanschalen mit Tierköpfen. Kunst. Er tätschelt

Kühen die Flanke, er ist Bauer von Beruf. Auch seine Angebetete ist bodenständig, ein einfaches Mädchen vom Land. Gottseidank keine Meerjungfrau. Angeblich hat sie sogar eine Vergangenheit. Aber die Vergangenheit ist jetzt vergangen. Jetzt gibt es Projekte, afrikanische Kinder.

Wie gut, dass es Prinzen und Prinzessinnen gibt, sie sterben nicht aus, immer neue kommen hinzu, schon haben sie einen Bart, einen Busen, beides, schon gibt es wieder Kanonenböller und Salutschüsse, funkelnagelneue Erdenbürgerinnen nehmen Platz in Wiegen und auf dem Thron. Hin und wieder denkt das Volk scharf darüber nach, sie alle abzuschaffen, wer braucht den Plunder, wer braucht die Plünderer, aber schon ist wieder ein nationaler Feiertag, der das Volk tiefer berührt als ein internationaler. Ein Tag, an dem es seinen Fluss und seine Hügelchen besingt und sich mit seinem Bier besäuft, auch mit anderem. Wem oder was würde so ein Völkchen zujubeln, auch wenn es das nur noch in seiner Vorstellung tut, die eine Kindervorstellung ist? Den goldenen Safes eines Kirchbergs zum Beispiel, wo die Kirche verschüchtert im Dorf steht, abseits der Tempel des Mammon? Welcher Tourist würde eine Bank ablichten, statt eines Palästleins mit zwangsneurotisch sich bewegenden Jünglingen?

Mitten im globalen Chaos Kulissen mit Türmchen mit Erdenwürmchen davor. Monarchisches Personal, das Hochglanz-Reality-Show und Soap Opera an die begierig konsumierenden Untertanen abliefert. Drama Queens, die das Volk mit Blaublutigem aus der Hochglanz-Reality-Show füttern, mit Schund und Schande, mit der gerade richtigen Dosis, manchmal ist es genug. Genug, Monegassinnen, mit Zirkusdirektoren und Fischern, jetzt hütet die fade Charlotte Zwillinge. Genug perverses Windsor, nur Harry blödelt noch ein bisschen herum. Zeitweise ist Ruhe angesagt, jemand, der ein bisschen herrscht oder so tut, das beruhigt.

Und den Standort bewirbt, auch noch.

Prinz und Gemahlin treten auf, auf der Bühne vor dem Altar, auf dem sie nicht geschlachtet werden, wer käme auf so eine Idee. Sie liefern ihre perfekte Performance ab, perfekt durch die süße Zutat der Nichtganzperfektion.

Die Marketingstrateginnen, die die Marke Monarchie immer neu aufpolieren müssen, hätten das nicht besser inszenieren können. Hochglanzadelig, aber eben auch zutiefst menschlich, mit dem gerade richtigen Schuss Zeitgeist. Nicht übertrieben, noch mit dem traditionellen Angebot an Geschlechtern, und noch nicht mit den radikalsten Diversitätsmodellen.

Model ist gerade richtig. Das perfekte Role Model.

Michèle Thoma
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