Gleich und gleich

d'Lëtzebuerger Land du 10.01.2025

Links im Bild der Vorsitzende der CSU Alexander Dobrindt, rechts von ihm CSV-Premierminister Luc Frieden, im Hintergrund ein „Politikwechsel-Countdown“, der die Zeit bis zu den Neuwahlen am 23. Februar runter zählt: Diese Szene war am Dienstagnachmittag im oberbayrischen Kloster Seeon zu beobachten. Dort fand die jährliche Klausurtagung der CSU über drei Tage hinweg statt – Frieden war eingeladen, um gemeinsam mit Dobrindt eine kurze Rede zu Europa zu halten und sich mit der Landesgruppe CSU sowie dem Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz, auszutauschen.

Friedens fünfminutige Ansprache thematisierte die Notwendigkeit von Stabilität, europäische Sicherheitsfragen und die Wettbewerbsfähigkeit der EU. Auch Dobrindt brachte die beiden letzteren Themen an, wobei die Meinungen bei der spezifischeren Ausgestaltung dieser auseinander gehen. Mario Draghis Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der EU umfasst umfangreiche Verschuldungen auf europäischem Niveau, die Dobrindt als „dramatischen Fehler“sieht. Frieden hingegen ist Draghis Vorschlägen gegenüber offen positioniert. Bei seiner Rede zur Eröffnungsfeier des College of Europe in Polen Anfang November griff er einige von Draghis Ideen auf und drückte seine Unterstützung dieser aus.

Grundsätzlich wolle Frieden sich „nicht einmischen“, wie er mehrmals wiederholte, er gehe aber davon aus, „dass die Lehren aus der Instabilität gezogen werden“, die die Ampel-Koalition in den letzten Monaten und Jahren verursacht hat. Er hoffe auf „eine starke Politik der Mitte, die verantwortungsbewusst die Demokratie, die Freiheit und den Wohlstand unterstützt“. Dieser Akt der Unterstützung ist nicht überraschend. Das Profil des Kanzlerkandidaten Friedrich Merz ist dem Friedens nicht unähnlich: Neben einer gewissen physischen Ähnlichkeit gehören beide dem wirtschaftsliberalen Flügel ihrer jeweiligen Parteien an und haben vergleichbare Karrieren hinter sich – sogar der Slogan „Mehr Netto vom Brutto“ taucht auf dem X-Account der CDU auf.

Die wirtschaftsfreundliche Agenda Merz‘ ist durchaus im Einklang mit den Interessen des Premierministers. Die im zweiten Jahr in Folge stagnierende deutsche Wirtschaft setzt insbesondere Luxemburg unter Druck – Deutschland gilt hierzulande als zentraler Handelspartner. Friedens wiederholter Verweis auf Stabilität und eine „starke Politik der Mitte“ lässt dies durchklingen. Bezüglich der Thematik der Grenzkontrollen gibt es jedoch Klärungsbedarf. Die Union macht Migrationspolitik zum Wahlkampfthema, im August sprach Merz sich für eine asylbedingte nationale Notlage aus, die weitere Grenzkontrollen und Rückweisungen möglich machen würde. In Polen im November positionierte Frieden sich in seiner Europarede klar gegen Grenzkontrollen und für die Wahrung des freien Personenverkehrs im Schengenraum, was wiederum insbesondere bezüglich der deutschen Grenzgänger im Interesse Luxemburgs ist.

Ob ein Wahlsieg und eine Koalitionsbildung unter der Führung der Union die von Frieden gewünschte Stabilität bringt, bleibt jedoch ungewiss. Insbesondere die CSU, die über ein Vetorecht innerhalb der Union verfügt, schließt eine schwarz-grüne Koalition vehement aus. Mit Blick auf die momentanen Umfragewerte bleibt neben der SPD nur noch die AfD als Koalitionspartner übrig. Jedoch lehnt die Union mit dieser eine Zusammenarbeit ab. Behält man die Entwicklungen in Österreich im Hinterkopf, wo die Koalitionsgespräche zwischen den Parteien der Mitte fehlgeschlagen sind und die rechtsextreme FPÖ nun den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten hat, ist diese Aussicht eher beunruhigend. Würden Koalitionsverhandlungen mit der SPD fehlschlagen, würde die Union sich in einer Zwickmühle befinden, aus der sie so schnell nicht mehr rauskommt. Frieden warnt, dass „Koalitionen mit extremen Parteien allgemein in Europa als gefährlich“ einzuschätzen seien, dies gelte auch für andere Länder in Europa wie Österreich.

Claire Meyers
© 2025 d’Lëtzebuerger Land