CD His Bastard's Noise von Nazz Nazz

Nichts hinzugelernt

d'Lëtzebuerger Land du 11.12.2003

Im fünfzehnten Jahr ihres wider Erwarten doch langen Lebens haben die frohen Herren von Nazz Nazz rund um seine Johnny-Chicagenz Thierry van Werveke endlich ihre Lethargie in Sachen CD-Veröffentlichung aufgegeben und ein in sich abgeschlossenes Album ihrer schönsten Songs herausgegeben. Abgesehen davon, dass es hierzulande genügend Leute gibt, die alles, was Thierry und Nazz Nazz von sich geben, "absolut Kult" finden - darauf kommt es im Show Business schließlich an - wäre es dann wohl am Herrn Musikkritiker, den Herren Altrockern vollkommen analytisch die Fetzen um die Ohren zu schlagen. 

Tun wir aber nicht, wir stellen uns ganz einfach eine junge, sympathische, kreative, sensible Band mit rasierten Köpfen und einem Diplom in Kommunikationstechnik, mehreren Tonnen Synthesizern und einem Computerarsenal in Nasa-Dimensionen vor. Und dann stellen wir irgendwie beruhigt fest, dass die Kerle von Nazz Nazz genau das Gegenteil davon sind, und in all den vielen Jahren, dem Herrn sei gedankt, musikalisch nichts, aber rein gar nichts hinzugelernt haben. Thierry van Werveke hat noch immer nicht die geringste Chance bei Deutschland sucht den Superstar überhaupt zur Tür hereingelassen zu werden, und mit seinem Säufertremolo könnte er höchstens noch in einem (schlechten) Kirchenchor die Pausen vollrülpsen. 

Änder Thilges und Dan Wagner spielen, was die Akkorde angeht, so großväterlich urgemütlich und beschissen konventionell, dass sie schon fast als Jugendsektion von Cool Feet mit durchgehen könnten. Dafür glauben wir aber, dass Schlagzeuger Paul Neuen in Konkurrenz mit einem Zwölfjährigen ohne weiteres einen Kindergeburtstag ohne nachhaltige Schäden am Ego durchhalten könnte. 

Gegen die Texte lässt sich beim besten Willen nichts einwenden. Wem ein Lied wie Komm Mett eventuell zu blöd sein sollte, dem schlage ich vor, bis nach dem siebzigsten Joint zu warten, dann präventiv einen Kasten Bier zu kippen, um sich schlussendlich vorzustellen, es sei Ungarisch und von einem Bonobo im Frankfurter Zoo für seinen Wärter geschrieben. Dann geht's. Rülps, und wenn ich mir das Ganze dann hier in dieser coolen Ausnüchterungszelle anhöre, komme ich zu der philosophischen Erkennnis, dass "nichts dazulernen" immerhin auch bedeuten kann, dass man es noch immer kann. Darauf einen Underberg.

Man kann ja auch in seiner Freizeit Seidenmalerei betreiben oder versuchen, den Köpfen in der Zeitung Schnurrbärte zu malen. Anstatt so wie ich, tagelang darüber zu meditieren, warum er den von Thierry und seinen Pensionisten produzierten Scheiß eigentlich so lustig findet. Und die Yukulele bitte nicht zu laut, Gentlemen, ich habe Migräne.

 

Nazz Nazz: His Bastard's Noise; www.nazznazz.lu

 

 

 

 

Jean-Michel Treinen
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