Norden

Eine gewisse Spannung

d'Lëtzebuerger Land vom 13.10.2017

Wie der neue Wiltzer Schöffenrat in Zukunft aussieht, dürfte sich sich eventuell am Donnerstagabend, nach Redaktionsschluss, entschieden haben. Dann nämlich sollten die Vertreter von LSAP und CSV zusammenkommen, um Schnittpunkte zwischen ihren Programmen auszuloten. Die LSAP hat mit ihrem Spitzenkandidaten, dem Bürgermeister und Abgeordneten Frank Arndt, 7,7 Prozentpunkte verloren und ihre absolute Mehrheit eingebüßt. Wie Esch-Alzette ist Wiltz eine traditionelle Arbeiterstadt mit großen sozialen Herausforderungen, eine Hochburg der LSAP, in der sie bei diesen Wahlen abgestraft wurde. Den Wahlsieg der CSV – sie hat 8,1 Prozent zugelegt – erkennt Arndt ohne Zögern an. LSAP und DP (-0,6 Prozent), sagt Arndt, gehen nicht als Sieger aus diesen Wahlen hervor; das müsse man respektieren, wenn man die Glaubwürdigkeit gegenüber den Wählern nicht verlieren wolle. Weshalb die LSAP, mit sechs von 13 Sitzen immer noch stärkste Kraft im Wiltzer Gemeinderat, ausschließlich Gespräche mit der CSV geführt hat, und nicht mit der DP (zwei Sitze). Die landesweite Tendenz, auf Kosten der stärksten Partei oder dem Wahlgewinner Koalitionen zu bilden, findet er nicht gut. Das Ergebnis der LSAP führt er einerseits auf die nationale Politikebene zurück, aber andererseits vor allem auf die kürzliche Gemeindefusion. Patrick Comes von der CSV wurde im Zuge der Fusion in den Schöffenrat aufgenommen. Die Wähler, glaubt Arndt, hätten sich an die gute Zusammenarbeit gewöhnt und wollten diese auch in Zukunft sehen. Den durch die Fusion erweiterten Schöffenrat lobt Arndt ausdrücklich für die große Unterstützung, wenn er als Abgeordneter drei Tage die Woche im Parlament und deshalb in Wiltz abwesend war. Beide Ämter zu vereinbaren, sei schwierig in einer Stadt wie Wiltz. Aus der Erfahrung als Député-Maire im hohen Norden, der nicht schnell ins Parlament springen kann, will Arndt Konsequenzen ziehen und bei den nächsten Parlamentswahlen, dem Rentenalter nahe, nicht mehr kandidieren. Aufgrund der Zustimmungsraten zu den von ihm vorgelegten Haushaltsvorschlägen, glaubt der Wiltzer Bürgermeister, dass sich die drei Partien im Gemeinderat meist einig sind, wo es langgehen soll. Nichtdestotrotz will Jacqueline Gudenburg, Sekretärin der lokalen CSV-Sektion, keine Koalitionsaussage machen. In Wiltz, sagt sie, kenne sich jeder und die CSV rede auch mit allen.

Auch in Weiswampach ist noch nicht ganz gewiss, wie der neue Schöffenrat besetzt wird. Der amtierende Bürgermeister Henri Rinnen konnte am Sonntag nur noch Platz vier belegen. Seine Schöffen Marie-Paule Hamer-Johanns und Norbert Morn konnten nur noch die Plätze sechs und sieben bei insgesamt neun Sitzen belegen. Glaubt man Rinnen, ist er so etwas wie der Henri Kox des Nordens, sein schlechtes Ergebnis Resultat einer Kampagne, die ihn persönlich ins Visier genommen hat. Bereits vor sieben oder acht Monaten habe er Anzeige erstattet gegen eine Person, die ihm in der Öffentlichkeit Bestechlichkeit und Korruption vorgeworfen habe. Zum Prozess sei es bislang noch nicht gekommen, aber nach dem Sonntag habe er erfahren, dass ein Konkurrent mit diesen Vorwürfen hausieren gegangen sei. Darüber hinaus habe die Konkurrenz mit den Ängsten der Bürger im Zusammenhang mit der Reform des Generalbebauungsplans der Gemeinde gespielt. „In den Dörfern“ habe man befürchtet, dort würde ähnlich dicht bebaut wie in Weiswampach (d’Land 9/2017), dabei habe der Gemeinderat immer deutlich gemacht, dass dort keine Mehrfamilienhäuser entstehen sollen. „Mehrheit ist Mehrheit“, sagt Rinnen und damit meint er seine Mannschaft, die fünf von neun Sitzen erringen konnte. Dass er Bürgermeister bleibt, schließt er also nicht aus. Ein Treffen zu fünft, um sich zu einigen, war am Mittwoch noch nicht geplant.

In Diekirch musste Député-Maire und LSAP-Präsident Claude Haagen einen Verlust von 6,1 Prozentpunkten hinnehmen, er selbst büßte sogar elf Prozent ein, während die CSV 7,8 Prozent und einen Sitz hinzugewann. Mit ihren 47 Prozent und unverändert sieben Sitzen kann die LSAP die Opposition weiterhin überstimmen. Deshalb fühlt sich Haagen nicht als Wahlverlierer, sondern findet, die LSAP sei in Diekirch bestätigt worden. Er glaubt nicht, dass die Regierungspolitik auf nationaler Ebene einen Einfluss auf das Ergebnis hatte. „Sonst hätte die LSAP mit mir in meiner Funktion [als Parteipräsident] abgestraft werden müssen. Ich denke in Diekirch haben die Leute auf Basis der Projekte abgestimmt.“ Eine mögliche Erklärung für den Stimmenverlust der LSAP und den Stimmengewinn der CSV könnte Haagen zufolge sein, dass die CSV-Wähler am Sonntag weniger panaschiert hätten und die Christlich-Sozialen deshalb mehr Listenstimmen bekommen haben.

In Clerf, wo am Sonntag nach der Gemeindefusion erstmals nach dem Proporzsystem abgestimmt wurde, erwies sich der Bürgermeister und CSV-Abgeordnete Emile Eicher als Garant der Stabilität. Im neuen Gemeinderat besetzt die CSV sechs von elf Sitzen, die Grünen und die DP haben jeweils zwei und die Bierger einen Sitz. Ähnlich wie im Osten haben die Wahlen im Norden einem ehemaligen CSV-Regierungsmitglied Bürgermeisterehren beschert. Der ehemalige delegierte Infrastruktur- und Nachhaltigkeitsminister und Krimi-Autor Marco Schank wird in Esch-Sauer neuer Bürgermeister. Das Wort berichtete von einem „furiosen Comeback“.

Michèle Sinner
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