Rural Glamour

d'Lëtzebuerger Land vom 26.05.2023

Dass sich das angestaubte Image des Campens verflüchtigt hat, der Verkauf von Wohnmobilen boomt, das Internet unter dem Hashtag #VanLife mit Fotos von Bullis überschwemmt wird und die Campingplätze mit neuen bequemen Holzhütten werben – das ist nicht an Tourismusminister Lex Delles (DP) vorbeigegangen. Denn nun will er mitmischen und das Land mit Glamping Cabins übersähen. Es handelt sich um komfortable, kleine Unterkünfte, die im ruralen Raum entstehen sollen. Um originelle Vorschläge zu sondieren, wurde mit der Architektenkammer ein Wettbewerb ausgeschrieben. Vergangene Woche wurde der Sieger unter 26 Teilnehmern auserkoren, – es handelt sich um den Tiermchen-Entwurf von Saharchitects. Die Tiermchen ähneln spartanischen aber schicken Studios aus Holz, in denen je nach Größe zwei bis vier Personen übernachten können.  

Das Camping-Fieber brach vor allem Anfang der 1960-er-Jahre los. Damals schrieb das Luxemburger Wort mittlerweile werde „jedes Eckchen Wiese Camping genannt“. Der Wort-Autor staunt über sich türmende Luftmatratzen, Schlafsäcke, Kocher und flüssiggasbetriebene Miniaturkühlschränke, die die Reisenden in ihrem Personenkraftwagen mit ins Zeltlager brachten. Er erinnert sich an Vorkriegszeiten, damals sei man zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs gewesen und habe mit einer Zeltplane und etwas Schnur ein Zelt aufgebaut. Nun sei Camping „Allgemeingut“ und „die neueste Mode, um Ferien zu machen“.

Mitte der 1960er-Jahre entstand ein Hype um das „Camping de la Route du Vin“ aus Grevenmacher. Es sei „bereits in der ganzen Welt bekannt“; neben den üblichen Besuchern aus Frankreich, den Niederlanden und England, hätten hier auch Japaner, Indonesier und Australier übernachtet. Mit seinen Warmduschen spielte es schnell in der obersten Liga mit. Vor ein paar Jahren hat der Gemeinderat ein nicht zu kleines Freiluftschwimmbad neben den Campingplatz geklatscht, damit es sein Standing weiterhin verteidigen kann. Der Grevenmacher Campingplatz ist einer von 78 in Luxemburg, sie sind in den Ardennen und im Müllertal zu finden. Jede vierte für Luxemburg gebuchte Übernachtung führt ins Ösling und 70 Prozent der Buchungen sind im Norden an Campingplätze adressiert.

Der Camping-Tourismus folgt einem anderen Rhythmus als der Kulturtourismus im Süden des Landes. Während die Besucher für Kulturangebote nur zwei bis vier Tage bleiben, werden im Norden die Zelte häufig für Wochen aufgeschlagen. Beide Tourismusarten verbuchen in Luxemburg jeweils etwas mehr als ein Drittel der Ankünfte. Während im Norden vor allem Niederländer unterwegs sind, geben in der Hauptstadt Belgier und Deutsche ihr Geld aus. Die Tiermchen sind allerdings nicht an eine Region gebunden – jede ländliche Gemeinde, die an dieser Übernachtungskuriosität Interesse hat, kann sich beim Tourismusministerium melden, das die Bauwerke mit bis zu 50 Prozent subventioniert. Der Tourismusminister gab bei der Projektvorstellung zudem bekannt, er erhoffe sich nicht unbedingt Touristen aus dem Ausland anzuziehen, sondern, dass Einheimische für den Wochenend-Ausflug buchen. Interessierte Gemeinden haben bereits beim Ministerium angeklopft; welche Standorte anvisiert werden, ist aber noch nicht bekannt. Nur ein Datum steht fest: Die Glamping Cabins sollen im Sommer 2024 stehen.

Stéphanie Majerus
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