Sparpaket 2012

Steuererhöhungen

d'Lëtzebuerger Land vom 04.05.2012

Am vergangenen Freitag einigte sich die Regierung auf eine Reihe von Steuererhöhungen, die dazu beitragen sollen, das Staatsdefizit zu verringern. Dass die Regierung vergangenes Jahr eine Krisensteuer einführte und vor vier Monaten abschaffte, um nun wieder die Steuern zu erhöhen, ist nicht gerade ein Zeichen politischer Weitsicht. Deshalb verzichtete sie lieber darauf, die Krisensteuer wieder einzuführen, deren Abschaffung rechtzeitig vor den Gemeindewahlen angekündigt und gleich noch einmal der CGFP im Gehälterabkommen versprochen worden war.

Als Alternativen hatten CSV und LSAP gleich mehrere Möglichkeiten von Steuererhöhungen in Umlauf gebracht. Dazu gehörte auf christlich-sozialer Seite entweder eine Erhöhung des Mehrwertsteuerregelsatzes, die von der LSAP als Angriff auf die Massenkaufkraft abgelehnt worden war, oder der reduzierten TVA-Sätze, wenige Monate nachdem gerade der Firma Amazon zuliebe der reduzierte Satz für elektronische Bücher eingeführt worden war. Finanzminister Luc Frieden (CSV) hatte auch eine Erhöhung der Einkommenssteuer um einen Prozentpunkt ins Gespräch gebracht. Während man sich auf sozialistischer Seite, wie 2010, eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes beziehungsweise eine Verlängerung der Steuertabelle nach oben vorstellen konnte. Aber als politisches Signal wäre das wohl zu brutal erschienen.

So einigte man sich schließlich nicht ganz phantasievoll auf eine Erhöhung der Solidaritätssteuer um weitere zwei Prozentpunkte, nachdem sie bereits Anfang vorigen Jahres um einen Prozentpunkt für Unternehmen, um 1,5 Prozentpunkte für natürliche Personen und um 3,5 Prozentpunkte für Spitzenverdiener erhöht worden war. Sie bringt der Staatskasse über einen diskreten Umweg 100 Millionen zusätzlich im Jahr, denn als Zwecksteuer speist sie den Beschäftigungsfonds – wogegen kaum jemand etwas hat – und verringert so im gleichen Maß die staatlichen Transfers an den Fonds. Zudem gilt die Solidaritätssteuer als gerechte Steuer, weil sie auf unterschiedlichen Einkommensarten erhoben wird.

Ähnlich konsensfähig ist der andere Klassiker, eine Akzisenerhöhung auf Treibstoff und Tabak. Das ist seit den Achtzigerjahren die beliebteste Steuererhöhung überhaupt, weil sie zu einem großen Teil von ausländischen Tanktouristen getragen wird, so dass das Wirtschaftsministerium zu diesem Zweck neben der europäisch harmonisierten eigens eine national gewichtete Inflationsrate unterhält. Wegen volkserzieherischer Skrupel wagt inzwischen kaum noch jemand, etwas gegen die Verteuerung umwelt- und gesundheitsschädlicher Produkte einzuwenden, und dem manipulierten Index ist es eh egal.

Um den Vorwurf zu entkräften, die kleinen Leute müssten für die Finanzkrise zahlen, war Anfang vergangenen Jahres eine symbolische Steuerpauschale von 1 500 Euro für Beteiligungsgesellschaften eingeführt worden, die 50 Millionen Euro jährlich einbringen soll. Analog dazu kündigte die Regierung nun am Freitag an, eine symbolische Mindeststeuer für die zahlreichen anderen Unternehmen einzuführen, die derzeit keine Steuern zahlen. Unter Berufung auf das Gleichheitsprinzip hatte der Staatsrat vor anderthalb Jahren einen entsprechenden Änderungsantrag zur Soparfi-Besteuerung ausgearbeitet, den die Regierung aber abgelehnt hatte, weil eine Briefkastenfirma und ein Friseursalon nicht gleich besteuert werden dürften. Die neue Pauschale für Briefkästen und Friseure soll ebenfalls 50 Millionen einbringen – wenn sie mehr als eine zur Beruhigung der Wähler erfundene Phantomsteuer wird, die sich spurenlos durch den Staatshaushalt bewegt.

Romain Hilgert
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