Solarstrom

Rush vor der Deadline

d'Lëtzebuerger Land vom 16.09.2004
Die Förderung von Fotovoltaik-Solarstromanlagen werde rückwirkend angepasst. Das entschied der Regierungsrat definitiv am 30. Januar. Es galt, Druck von den öffentlichen Finanzen zu nehmen, doch eine Änderung des Beihilfenregimes würde nur möglich sein durch eine Änderung der beiden Förderverordnungen – die könnte sich hinziehen.

Stichtag sollte der 26. Januar sein. Nur solche Fotovoltaik-Anlagen, für die bis dahin die Anträge auf einen Anschluss beim lokalen Netzbetreiber eingereicht wurden, sollten noch unter das alte Regime fallen. So stand es auch im Entwurf zur Abänderung der Förderverordnungen, der vor den Wahlen den Instanzenweg passierte, und diese Deadline verteidigte die alte Regierung mit einem Hinweis auf die öffentlichen Finanzen auch gegenüber einem Einspruch des Staatsrats, der darin eine Benachteiligung jener sah, die ihr Solarprojekt antragsreif planen würden, während die neuen Regeln noch gar nicht in Kraft wären.

Dem Staatsrat aber schlossen sich am 19. Mai einstimmig die Chefs aller Parlamentsfraktionen an. Weil ihr Votum einstimmig war und die Förderverordnungen Ausführungsbestimmungen eines Gesetzes (das über die Strommarktliberalisierung) sind, zwangen die Fraktionen die Regierung damit, die neuen Regeln erst nach der Veröffentlichung der reformierten Verordnungen im Mémorial anzuwenden.

Breit bekannt gemacht wurde allerdings nicht, dass der 1. August der neue Stichtag sein würde. Am 20. Juli verabschiedete die alte Regierung die endgültigen großherzoglichen Verordnungen. Im Mémorial erschienen sie am 28. Juli, einem Mittwoch. Am Freitag den 30. Juli machte die Regierung den Stichtag 1. August per Pressemitteilung öffentlich. Dennoch gingen allein bei der Cegedel im Juli 347 Anträge auf einen Sonnenstromanschluss ein – und davon 288 zwischen dem 28. und dem 31. Juli mit einer Gesamtanschlussleistung von 9,5 Megawatt, und damit auf einen Schlag noch einmal halb soviel wie die 18 bis 20 Megwatt, die zwischen 2001 und bis Ende 2004 schätzungsweise installiert sein werden.

Ob diese Antragsflut kurz vor Koalitionswechsel zu Stande kam, weil jemand Insider-Informationen gestreut hatte, oder die Solarbetriebe binnen Stunden antragsreife Projekte aus dem Schubfach holen konnten, könnte eine interessante Frage sein. Absehbar ist indessen, dass sich die Sonnenstrom-Last auf dem Staatsbudget binnen weniger Tage drastisch erhöht haben wird, sollten schon die bei der Cegedel beantragten Anlagen tatsächlich installiert werden. Würde dabei das Invest-Fördermaximum von 5 000 Euro pro installiertem Kilowatt ausgeschöpft, wären dem Staatshaushalt Ende Juli Mehrausgaben von 47,5 Millionen Euro entstanden. Und da eine Fotovoltaikanlage aus jedem Kilowatt innerhalb eines Jahres um die 800 Kilowattstunden Strom pro erzeugt und diese Einspeisung vom Staat mit 45 Cents pro Kilowattstunde vergütet werden müsste, weitere 3,42 Millionen Euro jährlich für die kommenden 20 Jahre.
Peter Feist
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