Staatshaushalt 2016

Keine Geldsorgen

d'Lëtzebuerger Land vom 16.10.2015

Dank des hohen Wirtschaftswachstums geht es den Staatsfinanzen wieder prächtig. Obwohl der Staat nächstes Jahr, auch unter einem liberalen Finanzminister, wieder mehr Geld ausgeben als einnehmen wird. DP und ADR nannten das während der vorhergehenden Legislaturperioden über seinen Verhältnissen leben.

Laut dem am Mittwoch im Parlament hinterlegten Entwurf soll der Staatshaushalt 2016 mit einem Defizit von 438,2 Millionen Euro abschließen. So kann die Regierung mit Hilfe Brüsseler Haushaltsdogmen Forderungen abwehren, ihr Sparpaket zu beenden oder die geplante Steuerreform vorzuverlegen. Schuld sind die Kapitalausgaben, die Investitionen und Beteiligungen an internationalen Einrichtungen, die nicht völlig aus den ordentlichen Steuereinnahmen gedeckt werden können, was ohnehin Unsinn wäre. Deshalb soll der Staat 200 Millionen zur Speisung des Schienen- und 150 Millionen zur Speisung des Straßenbaufonds leihen; falls die Steuereinnahmen nicht höher ausfallen, als erwartet, kann es auch mehr sein, bis zu 1,5 Milliarden Euro.

Finanzminister Pierre Gramegna (DP) betonte am Mittwoch vor dem Parlament, dass das Defizit noch größer wäre ohne das Ende vergangenen Jahres beschlossenen Zukunftspak. Mit diesem fünften Sparpaket seit 2010 hatte die Mehrheit gleich bis zum Ende der Legislaturperiode entschieden, wer für die Sanierung der Staatsfinanzen zahlen soll. Während die Mehrwertsteuererhöhung endgültig ist und die anfänglich als „Contribution pour l’avenir des enfants“ vermummte Haushaltsausgleichssteuer auch nächstes Jahr erhoben wird, soll das Zukunftspaket jedes Jahr fester geschnürt werden. Wurden die Einsparungen für 2015 auf 161,6 Millionen veranschlagt, sollen sie nächstes Jahr 297,2 Millionen Euro einbringen, fast das Doppelte.

Bei einem erwarteten Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent und einer geschätzten Inflationsrate von 1,6 Prozent sollen die Staatsausgaben 2016 um lediglich 4,3 Prozent zunehmen. Von der im April vergangenen Jahres von Premier Xavier Bettel (DP) versprochenen Wiedereinführung einer Haushaltsnorm geht keine Rede mehr, sie wäre auf jeden Fall negativ.

Die seit Jahren festzustellenden strukturellen Veränderungen bei den Staatseinnahmen gehen weiter: Auf der Einnahmenseite rechnet das Finanzministerium mit einem leichten Rückgang der Körperschaftssteuereinahmen (1,57 Milliarden Euro, -1,4 Prozent) und der Akziseneinnahmen (0,95 Milliarden Euro, -4,2 Prozent). Die Lohnsteuereinnahmen sollen dagegen dank der steigenden Beschäftigtenzahl kräftig zunehmen (3,56 Milliarden Euro, + 7 Prozent). Die Mehrwertsteuereinnahmen sollen wieder leicht steigen (2,78 Milliarden Euro, +2,7 Prozent) und die Abonnementtaxeneinnahmen dank florierender Börsengeschäfte eine Milliarde ausmachen (+26 Prozent).

Bei den Ausgaben werden die Mittel für das Hochkommissariat für den Landesschutz von 0,3 auf 17,8 Millionen erhöht, um die Asylsuchenden zu verwalten. Gespart wird beim Außenministerium, wo die Kosten für den europäischen Ratsvorsitz entfallen. Die Mittel des Wirtschaftsministeriums werden zugunsten der verschiedenen Kampagnen zur Wirtschafts- und Standortförderung erhöht.

Nächstes Jahr werden 750 zusätzliche Beamte, vor allem Lehrer und Polizisten, eingestellt. Auch als Folge der rezenten Reform des Beamtenstatuts steigen die Ausgaben für den öffentlichen Dienst von 842,7 auf 881,6 Millionen Euro, diejenige zur Finanzierung der Gemeinden von 595,0 auf 638,0 Millionen Euro. Angesichts der steigenden Schüler- und Lehrerzahl nehmen die Ausgaben des Erziehungsministeriums von 1,86 auf 1,95 Milliarden Euro zu und dürften im Jahr danach die Zwei-Mil­liarden-Grenze überschreiten. Das Familienministerium gibt 1,51 Milliarden Euro aus.

Die Ausgaben des Nachhaltigkeitsministeriums (1,75 Milliarden Euro) steigen nächstes Jahr um fast 200 Millionen Euro, vor allem zugunsten von Straßenbau, Eisenbahn und Straßenbahn. Romain Schneider (LSAP) heißt der eher unauffällige Minister mit dem größten Budget, 2,98 Milliarden Euro für die Sozialversicherung. Ihre hohen staatlichen Zuschüsse seien auch wirtschaftsfreundliche Standortpolitik, betonte Pierre Gramegna am Mittwoch.

Romain Hilgert
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