Die tausendfache politische Bespitzelung unbescholtener Bürger durch den Srel war bislang kaum Thema. Pünktlich zum Wahlkampf ändert sich das

Wider das Vergessen

d'Lëtzebuerger Land du 30.08.2013

„Ich habe die Sitzung einberufen, weil wichtige Fragen nicht beantwortet sind“, sagte Alex Bodry am Dienstag. Für den 18. September hat der LSAP-Abgeordnete und Präsident des parlamentarischen Untersuchungsausschusses das Treffen angekündigt. Auf der Prioritätenliste ganz oben: zu klären, wie es mit den über 4 100 Akten weitergehen soll, die der Luxemburger Geheimdienst Srel seit den 1960-er Jahren über politische Aktivisten in Luxemburg angelegt hat. „Nix“, sagt der Sozialist trocken, habe der Staatsminister bisher unternommen, seitdem der Untersuchungsausschuss Anfang Juli seinen Abschlussbericht vorgelegt hat. Dasselbe gilt für Bodrys kürzlich verschickte parlamentarische Anfrage über disziplinarische Maßnahmen, die die Ausschussmitglieder für Ex-Geheimdienstchef Marco Mille und der Geheimdienstmitarbeiter Roger Mandé gefordert hatten. Dass der Sozialist das brisante Dossier der politischen Bespitzelung wieder auf die Tagesordnung hebt, ist womöglich eher wahltaktischem Kalkül geschuldet als dem unbedingten Willen, aufzuklären. Denn die tausendfache Überwachung von Bürgern durch den Srel ist bekannt, seitdem das Land im Oktober 2012 ein heimlich aufgezeichnetes Gespräch zwischen dem damaligen Srel-Direktor Marco Mille und dem Premierminister abdruckte. Damals wurde deutlich, was Jean-Claude Juncker anscheinend bereits länger wusste: dass der Srel über Jahrzehnte ihm politisch suspekt scheinende Bürger bespitzelte. Die vermeintlich Verdächtigen kamen aus unterschiedlichen politischen Strömungen: der Kommunistischen Partei, den jungen Sozialisten, der Umweltszene, der Frauenbewegung, der Friedensbewegung, den Gewerkschaften. Sogar engagierte Katholiken gerieten ins Visier übereifriger Schnüffler. Doch obschon der Untersuchungsausschuss im Juli eindringlich empfahl, dieses dunkle Kapitel Luxemburger Geschichte aufzuarbeiten und hierfür eine unabhängige Expertenkommission einzuberufen, ist bislang kaum etwas geschehen. Srel-Chef will Akten vernichten Dass die Zeit drängt und nicht jedem an Aufklärung über die ungeheuren Vorgänge im Srel gelegen ist, zeigt ein kürzlich vom linken Abgeordneten Serge Urbany ans Tageslicht beförderter Brief von Geheimdienstchef Patrick Heck vom 29. Juli: Darin teilt Luxemburgs aktueller oberster Geheimdienstler dem Vorsitzenden der Kontrollbehörde für die Datenbanken des Dienstes, Staatsanwalt Georges Wivenes, mit, er beabsichtige einen Teil der Geheimdienstakten der Abteilung Autorité nationale de Sécurité (ANS) auf ein striktes Minimum zu reduzieren, sowie die komplette Zerstörung von Mikrofiches. Persönliche Daten, die im Rahmen von Clearance-Verfahren, etwa bei Bewerbungen für den Auswärtigen Dienst, gesammelt wurden, dies von 1960 an. Aber auch Computerdatenbanken, die mittels veralteter Software-Programme bis 2012 erstellt wurden, sollen gelöscht werden, so Heck, der in dem Schreiben zudem „die Zerstörung aller Dossiers“ ankündigt, die der Premierminister ablehnend beschieden habe und zu denen der Ablehnungsbescheid älter sei als sechs Monate. Heck begründet die Schredder-Aktion mit der am 23. Juli vom Regierungsrat eiligst verabschiedeten Datenschutzverordnung, die seinem Dienst neue Datenschutzstandards auferlegt. Die Vorschriften hätten eigentlich bereits vor neun Jahren in Kraft sein müssen, waren es aber nicht. Augenscheinlich drängte selbst der oberste Dienstherr der Behörde, Jean-Claude Juncker, lange Zeit nicht darauf, diese rechtliche Grauzone zu erhellen. Eine von zahlreichen Unterlassungen Junckers, die letztlich zu Neuwahlen führten. Déi Lénk deckt auf Dass der Staat ohne Einwilligung der Betroffenen Akten vernichten will, sorgt nun für Empörung vor allem bei der linken Opposition. Déi Lénk-Abgeordneter Serge Urbany schrieb in einem Brief an Kammerpräsident Laurent Mosar (CSV), er widersetze sich „rigoros“ Hecks Vorhaben. Es sei nicht auszuschließen, dass die avisierten Datenbanken auch Informationen über Personen enthielten, die aus illegalen Überwachungsaktionen stammten, so Urbany. Schon wegen des Rechts eines jeden Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung sei es nicht zulässig, diese Daten zu zerstören, zumal besagte Datenschutzverordnung noch gar nicht veröffentlicht, mithin also auch nicht rechtskräftig sei, so Urbany weiter. Eine Lesart, der sich kurz darauf der Vorsitzende des parlamentarischen Kontrollausschusses, der Grüne François Bausch, sowie Alex Bodry anschlossen. Nachträglich, denn Hecks Ankündigung hatten zwar auch alle anderen Mitglieder des Kontrollausschusses erhalten. Bis zu Urbanys Einlassung aber hielt es niemand für nötig, auf die Pläne des Srel-Chefs zu reagieren. Weder Déi Gréng, die sonst so auf die Grundrechte der Bürger pochen, noch die Sozialisten oder die DP. Erst danach berief François Bausch für den 13. September eine Sitzung der parlamentarischen Kontrollkommission ein. Thema: die NSA-Affäre. Desinteressierte Opposition? Es ist nicht das erste Mal, dass die Mitglieder – auch der Opposition – im Untersuchungsausschuss spät oder gar nicht auf die Datenskandale reagieren. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Untersuchungsbericht nie wirklich vom Parlament angenommen wurde – und folglich bis heute unklar ist, wie es mit dem Ausschuss und seinen Empfehlungen weitergeht. „Der Untersuchungsausschuss wurde nie aufgelöst“, bestätigt Alex Bodry. Weil die Regierung nie zurückgetreten und das Parlament ebenfalls im Amt geblieben ist, bestehe auch der Sonderausschuss mindestens bis zum 7. Oktober weiter. Er allein habe Zugang zu den Srel-Akten und den Srel-Archiven, die im Zuge der parlamentarischen Ermittlungen versiegelt wurden. „Die Versiegelung kann nur durch den Ausschuss wieder aufgelöst werden“, betonte Bodry im Gespräch mit dem Land. Der Verschluss ist der Grund dafür, dass zahlreiche Bürgeranfragen, ihre Akte einzusehen und Kopien davon zu bekommen, bisher auf Eis liegen. Im Juli hatte Bodry gemeinsam mit dem Leiter der Kontrollbehörde zuletzt das Srel-Archiv aufgesucht und weitere 50 Akten ans Tageslicht befördert. Die übrigen Dossiers sind weiter unter Verschluss. In sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter sorgen Stillstand und Untätigkeit der Regierung und des Parlaments für wachsenden Unmut. Die Bürgerinitiative, die sich im Winter 2012 gründete, um vollen Zugang zu den persönlichen Daten und eine restlose Aufklärung der Bespitzelung zu fordern, bekommt weiterhin Anfragen. „Bei uns haben sich mehrere Leute gemeldet, die ihre Akte angefragt, sie aber bis heute nicht erhalten haben, weil die Archive versiegelt sind“, berichtet der linke Gewerkschaftler Justin Turpel, einer der Gründer der Initiative. Land-Informationen zufolge hatte eine OGBL-Angestellte ihre Akte bereits im Januar angefragt. Im Februar erhielt sie Nachricht von der Kontrollbehörde für den Datenschutz, sie könne ihre Akte nicht bekommen, weil die Daten unter Verschluss seien. Am 21. Juni erhielt sie ihr Dossier dann plötzlich doch: Die Versiegelung war kurzfristig aufgehoben worden. 41 Seiten konnte sie sich im Gerichtsgebäude in Luxemburg-Stadt abholen, gegen Vorlage des Personalausweises und eine Unterschrift. „Da fühlt man sich schon irgendwie komisch, obwohl wir nichts gemacht haben. Viele politisch Aktive flogen damals nach Moskau“, erinnert sie sich. In ihrem Dossier fand sie 20  Kopien von Bordkarten jener Teilnehmer, die, wie sie, 1985 an den Weltjugendspielen in Moskau teilgenommen hatten. Die Flughafenbehörde Findel hatte den Schnüfflern offenbar bei der Beschaffung geholfen. Ansonsten lagen in der Mappe Informationen zum beruflichen Werdegang, zum Familienstand. Es war vor allem ihr Engagement bei den Kommunisten, das die Neugierde der Geheimdienstler weckte. Neben Verweisen auf zahlreiche Überwachungsberichte, die in der kopierten Akte aber fehlen, tauchen Zeitungsartikel auf, etwa Die Rattenfänger von Moskau des erzkonservativen Wort-Journalisten Léon Zeches. Aber auch Anfragen von ausländischen Diensten an den Srel für bestimmte Informationen. Auf einem Blatt ist säuberlich vermerkt, dass Anmeldungen für eine Aktion über einen bestimmten Telefonanschluss liefen. Der Srel hörte offenbar Telefonate ab. Dass die Agenten nicht davor zurückschreckten im engsten Familienkreis herumzuschnüffeln, die Erfahrung machte auch Thérèse Gorza: Die Sozialversicherungsbeamtin hatte ihr Dossier erst kürzlich ausgehändigt bekommen. Darin eine Todesanzeige eines engen Verwandten. Wobei Dossier ein großes Wort ist: Sieben Seiten bekam sie ausgehändigt, darunter das zweiseitige obligatorische Begleitschreiben der Kontrollbehörde, das allen Anträgen auf Einsicht beiliegt. Es besagt, dass ihre Akte als historisch eingestuft wurde und ihre persönlichen Daten in den heutigen Srel-Datenbanken nicht mehr enthalten seien. Dass nur Informationen herausgegeben werden können, für die die Kontrollbehörde eine Genehmigung hat und die nicht ausländische Dienste betreffen. Die Kontrollbehörde hat bis heute kein Clearance, um diese Berichte einsehen zu können, obwohl sie dies seit Jahren bemängelt. Es folgt ein Zusatz, dass Daten, die Dritte betreffen, unleserlich gemacht wurden und dass „aus technischen Gründen“ einige Kopien schwer leserlich seien. Seitdem im April bekannt geworden war, dass der Srel ein weiteres Archiv in Senningen unterhält, beinhaltet das Schreiben einen Hinweis darauf, dass gegebenenfalls dort gespeicherte persönliche Daten ebenfalls angefragt wurden. Ob sie allerdings bei den Kopien dabei sind, lässt sich nicht nachvollziehen: Über seine Quellen, offizielle und inoffizielle Mitarbeiter schweigt sich der Srel weitgehend aus. Ebenso wenig ist klar, ob es weitere Archive mit Daten von Luxemburger Bürgern gibt, etwa bei den Nato-Bündnispartnern und anderen ausländischen Geheimdiensten. Und schließlich der Satz, der vielen Betroffenen besonders aufstößt: Der Srel habe sein „Einverständnis“ gegeben, dass die Kontrollbehörde die Daten aushändige. „Das ist ein starkes Stück, dass der Geheimdienst selbst, der uns jahrelang illegal beschattet hat, entscheidet, welche Informationen er preisgibt und welche nicht“, ärgert sich Gorza. Viel ist das offenbar nicht, denn Gorzas Akte besteht nur aus besagten fünf Seiten. Akribisch ist dort aufgelistet, wo Gorza, damals bei der kommunistischen Liga LCR aktiv, sich wann mit wem getroffen hat. 21 Jahre politisches Engagement auf ein paar eng beschriebenen Seiten, immer in derselben gedrängten Handschrift. „Das ist eine richtige Beamtenschrift“, spottet Gorza amüsiert. Dass sie, wie viele ihre Freunde aus der Zeit, bespitzelt wurde, wundert sie nicht. „Das war offensichtlich.“ Nur dass die Schnüffler so wenig aufgeschrieben haben sollen, will sie nicht glauben: Gorza war in der Frauen- und Antiatomkraftbewegung aktiv, die in ihrer Akte kaum Erwähnung finden. Lückenhaft und unleserlich In der Akte der Escherin Danny Gaasch hingegen schon. Ebenso wie ihr Engagement in der Friedensbewegung. Dass sie vom Srel alle ihre Informationen ausgehändigt bekam, glaubt die ehemalige MLF-Aktivistin nicht: „Einige Treffen sind dokumentiert, andere nicht. Die Auswahl wirkt zufällig und lückenhaft“, so Gaasch, die die OGBL-Sektion Frauen mitbegründete. Gaasch hatte ihr Dossier schon im Herbst 2012 angefragt und, nach langer Funkstille, im Februar 2013 Zugang bekommen: zu 28 Seiten, die zunächst die persönlichen Daten ihres geschiedenen Mannes auflisteten. Ihr Personalbogen war mehrfach kopiert worden, andere Berichte fehlen, etwa zahlreiche Beschattungsprotokolle oder Polizeiberichte. „Wir hatten damals bei der Polizei eine Demonstration angemeldet. Es ist unglaubwürdig, dass genau diese Informationen in der Akte fehlen“, wundert sich Gaasch, die „schnellstmöglich eine echte unabhängige Kommission“ fordert, „die sämtliche Daten sicherstellt und den Betroffenen den ungehinderten Zugang zu allen sie betreffenden Daten ermöglicht“. Gaaschs Befürchtung: „Wahrscheinlich ist vieles ohnehin im Schredder gelandet.“ Tatsächlich haben nicht wenige Aktivisten oder ihre Angehörige Einsicht in die Srel-Datenbank beantragt und als Auskunft bekommen, es seien keine Informationen vorhanden: über den Kommunisten Jean Heisbourg etwa oder René Urbany. Premier Jean-Claude Juncker und Srel-Chef Heck hatten vor dem Untersuchungsausschuss versichert, Spitzelakten über gewählte Volksvertreter seien inzwischen zerstört worden. Der KPL-Präsident und Herausgeber der kommunistischen Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek, Ali Ruckert, hat seine Akte bisher nicht beantragt: „Dann bräuchte es einen Lastwagen“, scherzt er. Eine ehrliche Aufklärung der politischen Bespitzelung werde es ohnehin nicht geben, ist Ruckert überzeugt. Andere bekleiden politische Ämter, haben aber trotzdem eine Srel-Akte. Justin Turpel, der für déi Lénk im hauptsädtischen Gemeinderat sitzt, hat seine Akte in einem Forum-Artikel analysiert. Auch bei ihm interessierten die Geheimdienstler vor allem seine Aktivitäten bei der LCR. Anders als viele seiner Weggefährten, die spärliche Informationen über die Beschattungsaktionen bekamen, enthält Turpels Dossier Mitteilungen von belgischen und französischen Geheimdiensten, darunter Anfragen zu Telefonanschlüssen. Sogar eine Korrespondenz zu den Bombenattentaten taucht darin auf, allerdings ohne Ergebnis, sowie ein Überwachungsprotokoll. „Eines von rund 50“, sagt Turpel trocken. Turpel und Gaasch, der Grüne Abbes Jacoby und Robert Soisson sind die Sprecher der Bürgerinitiative, die sich nach den Sommerferien erneut treffen will, „um den Druck auf die Politik aufrechtzuerhalten“. Zum Gründungstreffen kamen rund 30 Interessierte, bei einem zweiten 20, darunter etliche, die beim ersten Treffen nicht dabei sein konnten. Die aber alle von den politischen Verantwortlichen „schonungslose Aufklärung“ verlangen. „Die CSV hat augenscheinlich kein großes Interesse, die Affäre aufzuklären. Sie tut alles, damit das Thema von der Tagesordnung verschwindet“, sagt Turpel ernüchtert. Zuletzt hatte der Journalist Marc Thill im Luxemburger Wort von „staubigen Karteikarten“ gesprochen und Politiker, die sich heute noch um Aufklärung bemühen, beschuldigt, sie „rührten in einer alten Affäre herum“. Wer sind die Täter? „Sicher haben wir in Luxemburg noch ganz andere Probleme. Aber es geht hier um ein Grundrecht: das Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, betont Turpel. Zurzeit beraten er und andere Betroffene, gegen die politische Bespitzelung juristisch vorzugehen. Die Suche nach einem Anwalt gestaltet sich schwierig: Zum einen müssen die Betroffenen den Rechtsbeistand aus eigener Tasche bezahlen. Zum anderen sind etliche Anwälte, die sich in der Materie auskennen, über die Bombenlegeraffäre mit dem Srel befasst und fürchten Interessenkonflikte. Dass jetzt im Wahlkampf besonders Anhänger der CSV Stimmung gegen eine Aufarbeitung machen, sei kein Zufall, so der Linke: „Das liegt wahrscheinlich daran, dass dann Verbindungen aufgedeckt würden, die bestimmte Leute lieber verbergen möchten.“ Das fällt auf: Bisher geht vor allem die Rede über die Bespitzelten, aber kaum über den Spitzelapparat. Wer waren die ominösen Mitarbeiter, die dem Srel persönliche Informationen lieferten, die nachts in Autos saßen und vermeintliche Verdächtige beschatteten? Wer half dabei, dass Fluggastdaten, Autokennzeichen, Einträge aus dem Einwohnermeldeamt, Berufswechsel, Todesanzeigen, Schulzeugnisse oder sogar Informationen über Bankdaten und Schulden, sowie Adoptionen Eingang in die Srel-Akten fanden? Wie arbeiteten Polizei, Gendarmerie, Sûreté, Geheimdienst und Ministerien zusammen? „Die bisherige Berichterstattung konzentriert sich auf die Opfer und erweckt teilweise den Eindruck, als sei das politische Engagement der jungen Leute der eigentliche Skandal. Dabei ist es der Staat, der sich erklären muss, warum er unbescholtene Bürger bespitzelt hat“, empört sich Danny Gaasch. Sie hat „lange überlegt, ob ich meine Akte anfragen soll“, erinnert sie sich. „Ich bin davon ausgegangen, dass es ohnehin vergebens ist und sie mir nichts schicken werden.“ Dass sie den Antrag auf Akteneinsicht dann doch ausfüllte, erklärt sie mit ihrer „Neugierde“ und ihren Wunsch nach „Gerechtigkeit“: „Die systematische Bespitzelung und das Aushorchen durch den Staat von tausenden Bürgern, die sich nichts zuschulden kommen lassen haben, außer politisch aktiv zu sein, darf nicht unter den Teppich gekehrt werden. Egal, wie lange es her ist“. Das Argument der „staubigen Karteikarten“ und dass die politische Bespitzelung Vergangenheit sei, wie vor allem die CSV weismachen will, stimmt wahrscheinlich eh nicht: Beim Vergleich vorhandener Akten stellten Betroffene fest, dass der Srel bis weit in die Mitte der 90-er Jahre Menschen bespitzelte. Und zwar nicht nur Privatpersonen, sondern auch politische Organisationen. „Die Behauptungen Junckers und des Geheimdienstchefs Patrick Heck, politische Vereine wären nicht bespitzelt worden, sind nachweislich falsch“, unterstreicht Turpel. Land-Informationen zufolge gibt es zudem mindestens einen Fall, in dem der Srel einem Antrag auf Akteneinsicht nicht stattgegeben hat, weil besagte Person(en) noch bis ins Frühjahr 2013 hinein unter politischer Beobachtung stand(en).

Ines Kurschat
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