Reorganisation des Script

Rutschgefahr

d'Lëtzebuerger Land du 29.01.2009

Als „Herz“ beziehungsweise „Gehirn“ der pädagogischen Schulerneuerung bezeichnete Claude Adam von Déi Gréng den „Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologiques“, kurz: Script, der mit dem am Donnerstag verabschiedeten Gesetz neu organisiert werden soll. 

Ursprünglich bestand das Gesetzespaket zur Reform der Grundschule aus drei Teilen (Organisation, Personal und Schulpflicht). Aber die Reorganisation des Script kann ohne Übertreibung als vierte Säule bezeichnet werden. Denn dort, im 1993 gegründeten Dienst, werden die Reformen für den Primär-, wie für den Sekundarschulunterricht entwickelt und koordiniert. Weil der Arbeitsumfang in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist, soll er nun restrukturiert werden. Künftig ist der Script für drei Aufgabenfelder zuständig: die pädagogische Innovation, die Qualitätskontrolle und die Lehrerweiterbildung. Eine Dreiteilung, die bei den Grünen aber auf wenig Verständnis stößt. Er hätte sich auch ein unabhängiges Weiterbildungsinstitut vorstellen können, so Claude Adam in seiner Rede in der Abgeordnetenkammer. Es sei nicht richtig, wenn Weiterbildung und Innovation unter dem gleichen Dach geschähen, zudem seien die Zuständigkeiten zwischen Uni und Script noch zu ungenau beschrieben.

Dass die Script-Reform Fragen offen lässt, stimmt. So ist die Zusammen­arbeit zwischen Uni Luxemburg und der beim Script angesiedelten Qualitätsagentur nicht wirklich ausgereift. Wie viel Nachbesserungsbedarf besteht, haben die organisatorischen Schwierigkeiten während der Standard-Reihentests gezeigt, die die Uni im Herbst in den Primärschulen durchführen ließ. Wenn überdies, wie das Grundschulgesetz es vorsieht, die Qualitätsagentur die Entwicklung der über hundert Schulen im Land begleiten soll, wird der momentane Personalschlüssel kaum reichen. 

Aber die aktuellen Sparzwänge hätten auch Anlass sein können, die Schwerpunkte der so genannten Output-orientierten Qualitätssteuerung noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. So richtig und wichtig es ist, dass Schulen über ihre Arbeit Rechenschaft ablegen sollen und dass Lehrer nicht hinter geschlossenen Türen ihr Programm abspulen, so ungesund ist der Trend, der sich neuerdings abzeichnet: Statt zu schauen, wie den Schulen bei der Umstellung auf einen kompetenzorientierten Unterricht konkret geholfen werden kann, rutscht der Fokus immer stärker auf die Frage der Messbarkeit. 

Mit großem Zeit- und Personalaufwand definieren und deklinieren Lehrer und Programmkommissionen seit Monaten Kompetenzsockel für jede Jahrgangsstufe und jeden Schulzweig. Und laufen so Gefahr, die alte Bewertungslogik zu reproduzieren. Nur mit anderen Mitteln. Statt eines gewissen Punktedurchschnitts sind es dann Kompetenzsockel, die ein Schüler erklimmen muss, um in die nächste Klasse oder den nächsten Zyklus vorgelassen zu werden. Bleibt zu hoffen, das der geplante Wissenschaftsrat darauf ein kritisches Auge behält.

Wenn französische Experten des Neie Lycée (siehe Haupttext) nun warnen, hat nicht nur mit einem anderen Verständnis von Kompetenzen in Frankreich zu tun, wo der Akzent (zumindest theoretisch) mehr auf der Befähigung der Schüler als auf der Messung liegt, sondern ist eine ernstzunehmende Erinnerung an den eigentlichen Auftrag der Schule: Zuallererst muss es um den Schüler gehen und darum, ihm beim Lernen zu helfen. Tests machen vor allem als Diagnoseinstrument Sinn, wenn sie dem Lehrer, den Eltern und auch dem Schüler Aufschluss darüber geben, wo Verbesserungspotenziale liegen. Dahingehend müssen die Lehrer geschult werden – und deshalb ist es richtig, Weiterbildung, Qualitätssteuerung und pädagogische Innovation so eng wie nur möglich zu verzahnen. Noch mehr Eigenbrötlertum kann sich Luxemburgs Schulwesen nun wirklich nicht leisten. 

Ines Kurschat
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