Norden

Der Goerens-Effekt

d'Lëtzebuerger Land du 19.10.2018

Die CSV bleibt im Norden mit 32,23 Prozent stärkste Partei und hat dort „nur“ 1,46 Prozent eingebüßt. Dass sich die Verluste in Grenzen halten, ist vor allem Martine Hansen zu verdanken. Die ehemalige Schuldirektorin, die im April 2013 als Hochschulministerin in die Regierung Juncker-Asselborn II eingezogen war, konnte ihr persönliches Ergebnis um über 20 Prozent steigern und damit Verluste ihrer männlichen Kollegen Marco Schank, Emile Eicher und Aly Kaes, die neben ihr direkt gewählt sind, quasi ausgleichen.

Prozentual gesehen hat die Demokratische Partei (DP) mit minus 6,5 Prozent am meisten Wählerstimmen eingebüßt, konnte dennoch ihre zwei Sitze verteidigen. Die DP trat anders als 2013 ohne den ehemaligen Minister und Europa­abgeordneten Charles Goerens an und fällt ohne ihn auf einen Stimmenanteil von 17,13 Prozent zurück. Goerens hatte 2013 17 523 Stimmen erhalten. Der Erstgewählte der DP, Fernand Etgen, erhielt am Sonntag 9 819 Stimmen. Hinter Etgen zieht der kurzzeitige Staatssekretär André Bauler direkt ins Parlament ein. Der vom RTL-Moderator zum Staatssekretär und dann zum Wohnungsbauminister avancierte Marc Hansen ist mit 8 573 Stimmen nur Drittgewählter auf der DP-Liste und demnach nicht ins Parlament eingezogen.

Déi Gréng konnten im Norden nicht nur ihren Sitz verteidigen, sondern um fast vier Prozent auf rund 13 Prozent der Stimmen zulegen. Das kann nach dem Tod von Staatssekretär Camille Gira durchaus überraschen. Umso mehr, da der ehemalige Europaabgeordnete Claude Turmes, der erst im Juni von Brüssel in die Luxemburger Regierung wechselte, 11 243 Stimmen holte, fast 3 700 Stimmen mehr als sein verstorbener Freund 2013. Die noch bis vor kurzem völlig unbekannte Stoffwindelexpertin Stéphanie Empain, die im Juni nach dem plötzlichen Rückzug von Françoise Folmer aus der Politik zur Spitzenkandidatin neben Turmes avancierte, konnte über 1 000 Stimmen mehr einholen als die medial sehr präsente Unternehmerin Christiane Wickler, die 2013 als grüne Spitzenkandidatin im Norden angetreten war.

Die LSAP verlor 1,35 Prozent (15,8 Prozent insgesamt) und büßte damit den Restsitz ein, den sie 2013 ergattert hatte. Da der Wiltzer Bürgermeister Frank Arndt am Sonntag nicht mehr antrat, kommt der Stimmverlust nicht ganz überraschend. Sein Vorgänger im Wiltzer Bürgermeisteramt, Sozialversicherungsminister Romain Schneider, ist im Norden nach wie vor beliebt, er verlor trotz nationalem Abwärtstrend für die LSAP nur ein paar Dutzend Stimmen. LSAP-Parteipräsident Claude Haagen erhielt sogar ein paar hundert Stimmen mehr als 2013, zog aber dennoch nicht direkt ins Parlament ein.

Der verlorene Sitz der LSAP geht an Jeff Engelen von der ADR, die ihr Ergebnis um 3,4 Punnkteauf rund 9,8 Prozent insgesamt steigerte. Die Piratenpartei konnte ihr Resultat auf 7,67 Prozent mehr als verdoppeln. Die meisten Stimmen holte Jean Colombera (5 074), der einst ADR-Abgeordneter war, dann rechtzeitig zu den Kammerwahlen 2013 die nun mit der ADR kooperierende PID gründete, bevor er zum Seeräuber wurde.

Michèle Sinner
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