„Was das Escher ‚Wintertheater‘ der letzten Monate angeht, so warf Pim Knaff ‚führenden Politikern‘ anderer Parteien vor, ihre eigene ‚Machtgeilheit‘ über die Interessen der Stadt Esch gestellt zu haben. Damit müsse jetzt Schluss sein. Das habe Esch nicht verdient, das hätten die Escher Bürger nicht verdient, so Pim Knaff“, berichtete das Lëtzebuerger Journal am 21. März 2000. Fünf Wochen bevor in Esch/Alzette Neuwahlen stattfanden, weil LSAP und CSV sich bei den Koalitionsverhandlungen nicht einig geworden waren, welche Partei den Bürgermeister stellen sollte. Und dem Jeudi erzählte Pim Knaff wenige Wochen später: „Il [l’électeur] a pu se rendre compte que les partis n’œuvrent pas tous dans l’intérêt général. Ça montre que la démocratie est fragile quand la politique est faite par des hommes qui ont des ambitions personnelles.“ Als Oppositionsrat hatte Knaff hohe moralische Ansprüche, er nahm kein Blatt vor den Mund, mit seinen politischen Gegner/innen ging er manchmal hart ins Gericht.
Seit einigen Wochen steht Pim Knaff, seit 2017 Schöffe in einer Koalition der DP mit CSV und Grünen, selbst in der Kritik. Vor zwei Monaten war der 58-jährige Rechtsanwalt wegen schwerer Steuerhinterziehung verurteilt worden. Die Oppositionsparteien LSAP, déi Lénk, ADR und Piraten forderten ihn daraufhin zum Rücktritt auf. Knaff weigerte sich, weil es ein privates Vergehen sei, das nicht mit der Ausübung seines Schöffenamts in Verbindung stehe. Sowohl die DP als auch ihre Koalitionspartner stärkten ihm den Rücken. Die Grünen betonten jedoch gleichzeitig, dass sie enttäuscht über die Affäre seien und selbst „andere Schlüsse“ daraus gezogen hätten; der Escher CSV-
Bürgermeister Christian Weis unterstrich in seiner Mitteilung, „que chacun.e doit agir de manière intègre et honorable dans l’exercice de ses fonctions“.
Für die DP und ihre beiden Koalitionspartner ist die Affäre noch nicht ausgestanden. Der linke Oppositionsrat Marc Baum hat für die Gemeinderatssitzung vom heutigen Freitag einen Punkt auf die Tagesordnung setzen lassen, um über die „Deontologie-Regeln des Bürgermeisters und des Schöffenrats der Stadt Esch“ zu debattieren. Häufig werden solche Anfragen der Opposition vom Bürgermeister ans Ende der Tagesordnung gestellt, doch Christian Weis scheint dem Thema größere Bedeutung einzuräumen, denn er will es schon in ersten Drittel der Sitzung behandeln. Pim Knaff wird sich demnach heute erstmals öffentlich zu seiner Affäre äußern müssen, was er bislang stets abgelehnt hat.
Die Escher Sozialisten haben diese Woche erneut darauf hingewiesen, dass es sich eben nicht nur um eine Privatangelegenheit handle, sondern die Glaubwürdigkeit und die Integrität der gesamten Escher CSV-DP-Grüne-Koalition unter der Affäre leiden würden. Was der LSAP die Oppositionsarbeit künftig „enorm einfach“ machen werde, wie Rätin Liz Braz es am Mittwoch im 100,7 ausdrückte. Tatsächlich steht Pim Knaff schon seit geraumer Zeit auch wegen der intransparenten Finanzverwaltung der von ihm präsidierten und von der Gemeinde mit Millionen bezuschussten Kulturvereinigung Fresch asbl. in der Kritik. Zwischen 2021 und 2023 habe Fresch in ihren Bilanzen 3,5 Millionen Euro als „frais divers généraux“ aufgeführt, ohne dass bekannt sei, wozu dieses Geld benutzt wurde, sagte LSAP-Fraktionssprecher Steve Faltz gestern dem Tageblatt. Auch Mitglieder des Verwaltungsrats von Fresch fordern seit Monaten eine detaillierte Auflistung dieser Ausgaben, die jedoch vom Präsidenten und dem ihm als hohem Beamten direkt unterstellten Kassenwart bislang nicht vorgelegt wurde.
Vor einer Woche hatte sich zudem eine überparteiliche Bürgerinitiative gegründet, die den Rücktritt Knaffs mit einer Petition und anderen Aktionen fordern will. Allerdings erwies es sich als nicht so einfach, nicht parteipolitisch engagierte Bürger/innen zu finden, die bereit sind, sich für diese Sache einzusetzen und auch in den Medien aufzutreten. Bislang hat die Initiative noch nicht öffentlich Stellung bezogen.
Der politische Druck auf Pim Knaff, seine Partei und ihre Koalitionspartner in Esch dürfte in den kommenden Wochen hoch bleiben. Es bleibt abzuwarten, wie lange der DP-Schöffe ihm noch standhalten kann und die Parteiführung ihn dabei unterstützt. Umso mehr die Opposition (mit Ausnahme der Piraten) nicht die Auflösung der Koalition oder Neuwahlen fordert, sondern lediglich Knaffs Rücktritt. Mit Amela Skenderovic würde für ihn eine liberale Hoffnungsträgerin nachrücken, die im Oktober bei ihrer ersten Kandidatur zu den Kammerwahlen mehr Stimmen bekam als Pim Knaff und die Escher DP-Rätin Daliah Scholl, und die am 9. Juni den Einzug ins Europaparlament nur knapp verpasste. Ihr vor den nächsten Wahlen nicht mehr Sichtbarkeit durch mindestens ein politisches Mandat zu gewähren, wäre von der DP fast schon fahrlässig.