Kampf gegen das Böse

In der Cannabisfalle

d'Lëtzebuerger Land du 25.10.2013

Heute loben wir den polizeilichen Kampf gegen das Böse. Die allergrößte Gefahr für die Menschheit heißt Cannabis. Das dürfte sich langsam herumgesprochen haben. Nicht Krieg und Verwüstung, nicht Bankencrashs und Unternehmerwillkür, nicht Hungersnöte und galoppierende Korruption, nicht die Verwüstung des Planeten durch Raubbau und Wachstumswahn gefährden die menschliche Gattung, nein, bedroht sind wir in erster Linie durch Cannabis. Das hat die luxemburgische Polizei einwandfrei erkannt. Wir sollten uns übrigens nicht irreleiten lassen, wenn von Zeit zu Zeit ein paar Polizisten beim Cannabisvernaschen erwischt werden. Sie konsumieren allein aus pädagogischen Gründen, rein arbeitstechnisch sozusagen. Man will ja kennen, was man bekämpft. Man will sich ja nicht nur auf die blasse Theorie verlassen.

Darum war es nur billig und recht, dass die Polizei auf einen landbekannten Filmemacher zurückgriff, um die Cannabisschrecken plastisch auszumalen. Gefragt war ein echter Ästhet des Grauens, ein geübter Prophet der gesunden Lebensart. Der Regisseur Bändi Ausch ist in Fragen der mentalen Gesundheit wirklich erste Sahne. Sein gesamtes filmisches Werk steht im Zeichen der heldenhaften Schlacht gegen das Drogendebakel. Seine emblematische Figur Johnny Chicago, die gleich in mehreren Filmen als eine Art Guru des Drogenverzichts auftritt, kann sogar sehr junge Cannabisgefährdete, die den Pampers noch nicht entflohen sind, auf Anhieb beeindrucken. Auch das weitere Personal von Bändi Auschs kinematografischen Plädoyers für die geläuterte Existenz könnte sofort kollektiv ins Kloster eintreten: lauter fröhliche, um nicht zu sagen fromme Asketen, die mit erfrischenden Fußwanderungen und viel sportlicher Betätigung allen Drogengespenstern mutig den Kampf ansagen.

Das nun entstandene Werk wider den körperlichen und geistigen Verfall unserer Jugend ist beeindruckend kurz und gipfelt in einer dramatischen Pointe: Männliche Exemplare, die sich dem Cannabiskonsum hingeben, kollabieren genital, das heißt, sie kriegen keinen mehr hoch. Kann man sich diese atemberaubende Tragödie überhaupt vorstellen? Wir wissen ja, dass Jugendliche tagaus tagein nichts anderes tun, als wie von Sinnen zu ficken. Ihr ganzes Selbstwertgefühl hängt ab von der grenzenlosen, ungehemmten Kopulationskapazität. Ihre Daseinsberechtigung ist sozusagen ausschließlich hormonell, die ständig sprudelnden Körpersäfte sind ihre einzige Referenz. Wenn nun plötzlich ein Cannabisbösewicht in dieses harmonische fucking universe eindringt, ist die Katastrophe vorprogrammiert. Da bricht sofort eine ganze Welt zusammen. Weil nichts mehr läuft und sogar nichts mehr tröpfelt im Liebesleben, werden die jungen Menschen auf der Stelle schwer depressiv, die Jugendarbeitslosigkeit nimmt drastisch zu, die politische Unvernunft eskaliert, die Gewalttätigkeit schlägt Purzelbäume, die Kriminalität ufert aus, und die Frustrierten vergreifen sich sogar an de Polizei, die ja nur ihr Bestes will.

Machen wir uns nichts vor, liebe Gesundheitsfanatiker. Die massiven Cannabisduftwolken, die längst den gesamten europäischen Kontinent umnebeln, wehen neuerdings sogar hinüber bis nach Afrika. Ist es ein Wunder, dass die armen Afrikaner dieser heimtückischen Verführung nicht widerstehen können? Wir haben ja gelesen, wie sie in Massen mit improvisierten, baufälligen Booten aufbrechen, um so schnell wie möglich ins Drogenparadies Europa auszuwandern. Die elende Tragödie von Lampedusa ist, da können Sie Gift drauf nehmen, eine direkte Folge unserer todgefährlichen Cannabissucht. Unsere heroischen Ordnungskräfte versuchen zwar, die armen Afrikaner mit allen Mitteln menschlich zu assistieren, also zurückzudrängen, sogar mit Waffengewalt, aber die bedauernswerten Cannabisbesessenen sind leider längst unbelehrbar geworden. Lieber stürzen sie sich in die Fluten des Mittelmeers, als dem Cannabis zu widerstehen. Es ist ja Mode geworden, die „Festung Europa“ maßlos zu kritisieren und zu diskreditieren. Diese „Festung“ ist aber nichts anderes als der Versuch europäischer Behörden, die verheerende Cannabisflut einzudämmen. Die europäischen Cannabiskonsumenten werden buchstäblich vorbeugend eingemauert, damit sie nicht länger einen benachbarten Kontinent anstecken können. Diese so genannte „Festung“ dient nur dazu, die Afrikaner zu schützen, und zwar vor uns. Es handelt sich also um eine strukturelle Gesundheitsinitiative.

Irgendwie werden wir den Eindruck nicht los, dass auch vorsätzlich verseuchtes Schweinefleisch, mit dem die Gesundheit ganzer Bevölkerungen ruiniert wird, unmittelbar mit der Cannabisgeißel zusammenhängt. Die Polizei kann es bestätigen: die gewissenlosen Fleischproduzenten, die sich diesen gezielten Angriff auf die Volksgesundheit leisten, sind allesamt hartgesottene Cannabisverehrer und hochgefährliche Cannabispropagandisten. Die Droge macht sie zu Verbrechern. Womit bewiesen wäre, dass alle Laster dieser Erde nur einen einzigen Grund haben: Cannabis. Wieso riecht es jetzt schon wieder so süßlich hier?

Guy Rewenig
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