Spürhunde der Polizei

Bekiffte Vierbeinerbrigade

d'Lëtzebuerger Land vom 17.01.2014

Heute loben wir die Spürhunde der Polizei. Irgendwie finden wir den Einsatz von Tieren bei der Polizeiarbeit befremdlich. Vom Drogenverzehr bei Hunden haben wir noch nie etwas gehört. Oder kennen Sie einen kiffenden Angehörigen der Gattung canis lupus familiaris? Das kann ja nur heißen, dass die armen Hunde zunächst unter Gewaltanwendung für den Drogenkontakt präpariert werden müssen. Wie viele Prisen Marihuana muss man dem Hund eigentlich systematisch und brutal unter die Schnauze reiben, bis er wie von Sinnen auf die Droge anschlägt? Also bei jeder Gelegenheit besessen dem „charakteristischen Duft nach Gras“ (siehe wort.lu) auf der Spur ist? Wie lange dauert es, bis diese wüste Tierquälerei als Wunderwaffe im Polizeibericht verbucht werden kann?

Warum überhaupt Tiere für den Polizeidienst zwangsrekrutiert werden, ist uns ehrlich gesagt ein Rätsel. Warum taucht man nicht hochmotivierte Polizeirekruten mit der Nase in ein prall gefülltes Tütchen Marihuana? Und zwar so lange, bis sie auf allen Vieren reflexartig an drogenverdächtigen Vehikeln schnuppern, sobald irgendwo der „charakteristische Duft“ sie betört? Das wäre doch eine sportlich-dynamische Lockerungsübung für die alltägliche Praxis. Und zudem ein unwiderlegbarer Kompetenzbeweis. Oder könnte es sein, dass bestimmte Ordnungshüter aus persönlichen Gründen gar nicht in der Lage sind, sich repressiv gegenüber Drogen zu verhalten? Das würde allerdings erklären, wieso sie auf den Hund gekommen sind.

Da Hunde – soweit wir ihre spezifischen Interessengebiete überblicken – weder Zeitung lesen, noch sich im Internet über gesellschaftliche Entwicklungen informieren, können sie natürlich nicht wissen, dass der Cannabiskonsum inzwischen in mehreren Ländern legalisiert wurde. Und dass Luxemburg sich in dieser Materie auf eines der allerrückständigsten Gesetze beruft. Doch vermutlich lesen auch die Polizisten nicht. Sonst wären sie darüber im Bilde, dass der Besitz von Marihuana – wenn überhaupt – ein klitzekleines Vergehen ist im Vergleich zu den echten, groben Verbrechen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft.

Authentische Verbrecher dürfen wir zum Beispiel beim Bommeleeër-Prozess in Augenschein nehmen. Sie hebeln die Grundlagen des Staates aus, machen die Justiz lächerlich, setzen sich mit einer Arroganz ohnegleichen über alles hinweg, was ein einigermaßen vernünftiges und sozial verträgliches Zusammenleben der Bürger regelt. Sie sind Volksfeinde im ursprünglichen Sinn des Begriffs. Sie gefährden die Staatssicherheit so nachhaltig, wie es 500 000 Marihuana-Konsumenten nicht schaffen könnten. Das Problem ist nur: diese Staatsverbrecher stammen aus den oberen Etagen der Polizei. Natürlich kann man ihnen keinerlei Hang zum Marihuana-Firlefanz nachweisen. Wahrscheinlich sind sie clean wie diplomierte Unschuldsengel. Sie werden also nicht von dressierten Polizeihunden angesprungen und auch nicht bis in die verborgensten Winkel ihrer Wohnungen hinein verfolgt.

Weil wir katastrophal naiv sind, stellen wir uns folgende Frage: Welche Maßeinheit könnte man anwenden beim Bewerten vorgetäuschter Amnesie? Beim Cannabis ist die Sachlage klar. Hier wird in Gramm gemessen. Je mehr Gramm bei einem Junkie entdeckt werden, umso profilierter ist der Delinquent in den Augen der Polizei. Das liest sich dann so in den frommen Gazetten: „Mit der Hilfe eines Drogenhundes sind Polizisten in Bettemburg einem gut gefüllten Marihuana-Vorrat auf die Spur gekommen. (…) Ein Drogenspürhund führte die Polizei dann noch zu einem Vorrat mit insgesamt 126 Gramm Marihuana.“ („Hund führt Polizei zum Drogenversteck“, wort.lu, 11.01.2014). Wir schlagen vor, die Delikte der Polizeioberen im Bommeleeër-Prozess ähnlich zu gewichten. Dann könnte die Presse wie folgt berichten: „Mit der Hilfe eines Betrugshundes sind Polizisten auf dem Heilig-Geist-Plateau einem gut gefüllten Lügen-Vorrat auf die Spur gekommen. (…) Ein Betrugsspürhund führte die Polizei dann noch zu einem Vorrat mit insgesamt 7,5 Kilo Notlügen, anderthalb Tonnen Gedächtnislücken und einem ganzen Güterzug voller Wahrheitsverdrehungen.“

Leider verströmen die barbarischen Lügen im Bommeleeër-Prozess keinen „charakteristischen Duft“. Das ist ungerecht. Würden sie zum Beispiel stinken, wäre das gesamte hauptstädtische Unesco-Weltkulturerbe längst verpestet. Zudem wäre das Risiko beträchtlich, dass sogar die geruchsempfindlichen Lügenspürhunde der Polizei kollektiv Reißaus nähmen. Wer den Tierschutz ernstnimmt, wird die Hunde verstehen.

Wir sollten uns langsam einig werden, was schlimmer ist: gemütlich in der Landschaft einen Joint zu rauchen, oder ungemütlich ein paar Strommasten in die Luft zu jagen. Anders gefragt: Hätten bekiffte Ordnungshüter überhaupt noch den geringsten Antrieb, mit Sprengstoff zu hantieren? Würden sie nicht eher friedfertig und freundlich lachend ihrem staatsbürgerlichen Tagwerk nachgehen? Auch für die Polizeihunde wäre diese Alternative höchst günstig. Sie müssten nicht mehr auf Teufel komm raus zu bedauernswerten Drogenabhängigen umgeschult werden.

Guy Rewenig
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